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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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Bett und packte sie am Handgelenk. »Das musst du nicht. Wir lassen nicht zu, dass ihm etwas passiert. Schau nur, wie friedlich er schläft.«
    Nell nickte. »Das tut er wirklich, ich sehe es. Wir können ihn nicht aufgeben.« Die Mutter blickte die Tochter an. »Er macht nie viel Worte, aber er reißt sich ein Bein aus, um anderen zu helfen. Wenn die Leute von der Bobeda Gazette zum Interview ›Unser Vierzigster‹ kommen und fragen, was das Geheimnis einer glücklichen Ehe ist, werde ich nicht irgend so einen Unsinn sagen, von wegen man soll den Ärger nie mit ins Bett mitnehmen. Ich werde sagen, man muss erst mal das Glück haben, einen guten Menschen zu erwischen, und dann sollte man klug genug sein, ihn für den Rest seines Lebens festzuhalten.«

    Daisy nickte nachdenklich. Rob hatte Recht, Tom war ein guter Mann – ein liebevoller, gutherziger, ehrenhafter, wohlmeinender Gatte. Sie wusste, wenn sie Tom nicht begegnet wäre, dann wäre sie anderen Menschen begegnet, die genauso gut, wenn nicht sogar besser zu ihr gepasst hätten. Aber sie fragte sich, ob sie sich wirklich die Mühe machen wollte, sie irgendwo auf der Welt zu suchen. Vor allem, wenn es bedeutete, Tom sitzen zu lassen und ihnen beiden ernsthaften Schaden zuzufügen. Denn man gab keine Ehe auf, ohne etwas zu zerstören – selbst wenn keine Kinder im Spiel waren.
    Sie dachte an all die Dinge, die sie ohne ihn vermissen würde – sein falsches Gegröhle unter der Dusche; die Art, wie er mit dem Hund redete, als wäre er eine Person, die Respekt verdiente, seine Geduld, wenn sie mal wieder in Panik geriet oder einen ihrer Begeisterungsanfälle hatte; selbst seinen hässlichen roten Morgenmantel. Tom war ein von Grund auf anständiger und zuvorkommender Mann. Als sie früher noch den gleichen Bus in die Arbeit nahmen, war Tom immer der Erste gewesen, der aufsprang, um seinen Platz für eine ältere Person oder eine Schwangere zu räumen. Manchmal wollten diese Leute gar nicht sitzen; doch er war so beharrlich, dass sie am Ende ihm zuliebe nachgaben. Dann waren da noch seine strapaziösen Witze und das gelegentliche, unerwartete Aufflammen eines fast burlesken Humors. Wie zum Beispiel damals, als sie mit dem Zug durch Österreich reisten und Daisy sich die Lippen nachziehen wollte. Tom riss ihr plötzlich den Lippenstift aus der Hand und malte ihr ein Clownsgesicht. Am Ende hatten sie sich brüllend vor Lachen auf dem Boden gewälzt, und Daisy hätte sich fast in die Hose gemacht. Obwohl, überlegte sie, vielleicht lag es ja auch an der Erschöpfung und Fehlernährung. Sie hatten praktisch von Schokoriegeln gelebt und die meiste Zeit im Zug geschlafen wegen ihres knappen Reisebudgets.

    In diesen zehn Jahren war ihr Tom ebenso zur Gewohnheit geworden wie die regelmäßige Lektüre von Winnie Pooh und der Genuss von getoasteten Tomaten-Schinken-Sandwiches. Vielleicht machte sie es sich ja zu leicht, wenn sie nur deshalb bei ihm blieb, weil er ihr vertraut und sympathisch war. Aber wenn Nell Recht hatte, bestünde die wahre Aufgabe, der wahre Erfolg darin, auszuharren und wirklich etwas aus dieser Ehe zu machen.
    »Du solltest dir ein passendes Hobby suchen«, fügte Nell hinzu. »Das ist mein Rat. Wenn’s darum geht, nicht den Verstand zu verlieren, kann ein gutes Hobby wahre Wunder wirken. Mein Garten hat sich schon mehr Flüche angehört, als mir lieb sein dürfte.« Sie reckte ausgiebig die Arme. »Und wenn du glaubst, dass schon die Ehe schwer ist, dann warte erst mal, bist du Kinder hast. Willst du noch eine Tasse Tee?«
    »Gern, Mama. Aber lass mich mal, ich gehe schon.«
    »Nein, Daise. Ich muss mir ein bisschen die Beine vertreten. Vielleicht auch ein wenig allein sein. Du holst mich doch sofort, wenn was ist?«
    »Klar.«
    Nell schlenderte aus dem Zimmer. Daisy ergriff Robs Hand und hielt sie sanft fest. Sie glaubte, einen schwachen Druck zu spüren und blickte rasch auf, um zu sehen, ob er vielleicht wach geworden war.
    Aber seine Augen waren geschlossen, und sein Atem unter der Sauerstoffmaske ging regelmäßig.

15
    Wahrscheinlich war es das bleiche, orange-graue Licht, das durch die vorhanglosen Fenster hereinkroch, wovon Daisy aufwachte. Sie war erneut mit dem Kopf auf dem Bett eingenickt und hatte nun einen steifen Nacken. Ein feuchter Fleck auf der Decke ließ vermuten, dass ihr beim Schlafen ein wenig Speichel aus dem Mund geronnen war. Nell lehnte in ihrem Stuhl, den Kopf auf die Schulter gesunken, und schlief ebenfalls.
    Daisy

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