Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
und sah Alex zu, wie er mit der Videokassettenschachtel auf seine rote Lieblingslok einhämmerte. »Ich hab halb und halb erwartet, eine Art Schlachtfeld vorzufinden, aber alles scheint im grünen Bereich zu sein. Ellen hat nicht mal eine ihrer Erkältungen gekriegt.«
Phil nahm sich noch einen zweiten Schokoladenkeks (für deren Bevorratung Clare gewissenhaft sorgte, man mochte ihr vorwerfen, was man wollte).
»Ja, beiden geht’s richtig gut. Clare war großartig mit ihnen, hat Theaterschminke mitgebracht, ist mit ihnen ins Schwimmbad gegangen und so weiter. Der reinste Club Med für Kids.«
»Obwohl, so richtig ordentlich sind sie nicht. Hat Clare heute früh noch Ellens Haare frisiert?«, erkundigte sich Isobel mit einem Stirnrunzeln.
Phil zog eine Grimasse. »Ach, das war ich. Clare hat heute früh ausgeschlafen. Wir haben uns dieses Wochenende mit der Frühschicht abgewechselt. Ich hab versucht, Ellen anständig zu frisieren, aber sie ist mir dauernd durch die Finger geschlüpft, und irgendwann hab ich’s aufgegeben. Warum auch nicht. Oder sieht’s wirklich so schlimm aus?«
»Ach, nicht schlimm, aber halt unordentlich.« Isobel wischte mit einer mechanischen Bewegung die Brösel auf ihrem Teller
zusammen. »Aber mach dir mal keine Gedanken, das habe ich in zwei Minuten hingekriegt. Außerdem hat sie eine ziemlich waghalsige Farbkombination an.«
»Ich finde die nicht schlecht«, sagte Phil. »Ich hab nie kapiert, wieso man nicht eine rote Hose und einen pinkfarbenen Pulli anziehen kann. Besonders wenn man vier Jahre alt ist und bis zur Uni nie wieder eine Gelegenheit dazu haben wird.«
»Na ja, wie auch immer«, meinte Isobel, »zumindest geht sie uns im Dunkeln nicht verloren. Und hab ich richtig gehört. Hast du ›ausgeschlafen‹ gesagt? Klingt ja wie ein richtig zivilisiertes Arrangement. Aber musst du normalerweise nicht Schlaf nachholen, um für die nächste, ach so wichtige Arbeitswoche fit zu sein?«
»Na ja, ich hab am Samstag ausgeschlafen«, erklärte Phil. »Das ist nur gerecht.«
Isobel blickte ihn mit hochgezogenen Brauen an, hielt aber den Mund. Gerecht!
Während er draußen auf dem Dach zugange war, wusch Isobel die Kaffeetassen aus und ließ dabei ihren Blick liebevoll über das Wohnzimmer und die Küche gleiten. Nach Clares engem kleinem Apartment kam ihr der Raum so groß und lichterfüllt vor, dass sie am liebsten die Arme ausgebreitet hätte wie Julie Andrews in The Sound of Music und durchs Zimmer getanzt wäre. Home, sweet home …
Stattdessen trocknete sie ab und bemerkte dabei etliche vertrocknete Zwiebelschalen in den Fußbodenecken. Sie musste unbedingt etwas sauber machen, wenn sie sich eine Zeit lang mit Ellen und Alex beschäftigt hatte, sonst würde sie am Ende der nächsten Woche ein Schweinestall erwarten. Es war richtig schön, dachte sie, wieder in eine Arena zurückkehren zu können, in der man absolut kompetent war.
Und nun rührte sich plötzlich ihr schlechtes Gewissen, weil sie so barsch zu Clare gewesen war. Dann hatte Clare halt ein
paar Dinge im Haushalt geändert. War das der Weltuntergang? Und vielleicht war ja ein ganz normaler Kerl wie Rory Maguire genau das, was Clare brauchte, um ruhiger zu werden. Immerhin war er die Art Mann, die sie Clare ewig aufzuschwatzen versuchte, nicht wahr?
Die Kinder sahen wirklich gut aus. Ein bisschen unordentlich zwar, aber gut genährt und sauber, und offenbar hatten sie überhaupt nicht unter der einwöchigen Abwesenheit ihrer Mum gelitten. Sie nahm an, sie sollte wohl froh sein über so viel Unabhängigkeit.
»Komm und tanz mit, Mummy«, rief Ellen und hüpfte wild herum, während die grazile Frau auf dem Bildschirm verkündete: »Ja genau, Ladys, das ist es. Ihr seht gut aus.«
»Aber zuerst kommst du her und lässt dir deinen Pferdeschwanz binden. Dann gibt’s Mittagessen, und dann warten wir, dass der Regen nachlässt, und gehen mit Alex in den Park. Du musst ein bisschen raus an die frische Luft«, bestimmte Isobel.
Phil steckte den Kopf zur Tür herein. »Ach, übrigens, deine Eltern kommen zum Abendessen. Sie haben sich wie immer einfach selbst eingeladen, und ich hatte nicht das Herz, sie abzuweisen.«
»Ist überhaupt noch was zu Essen im Haus?«, fragte Isobel gereizt. Jetzt hatte sie nicht mal mehr genug Zeit, um sauber zu machen, geschweige denn sich des riesigen Bergs Bügelwäsche, der schon aus dem Waschraum herauswuchs, anzunehmen. Und sie hatte sich so darauf gefreut, die meiste Zeit mit
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