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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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bei dir vorbeigeschaut. Ich weiß ja, in welchem Dorf du zu finden bist. Schmerzen habe ich nun keine mehr, aber das Laufen ist etwas beschwerlich. Den Heringsmarkt durfte ich aber auf keinen Fall verpassen. Wo sonst kann ich meinen Met und Honig zu solch guten Preisen verkaufen?"
    Nach einer Weile hatten sie den Stand erreicht.
    "Du verkaufst Bernsteine!"
    Der Alte nahm bewundernd einige Exemplare in die Hand.
    "Und sogar kleine Figuren hast du dabei!"
    "Die hat mein jüngerer Bruder geschnitzt", sagte Radik nicht ohne Stolz.
    "Der Bernstein erinnert mich an meinen Honig. Es gibt Sorten, die vom Nektar bestimmter Pflanzen gewonnen werden und eine ähnlich dunkle, fast braune Färbung besitzen. Diese Ähnlichkeit ist wirklich seltsam. Als wäre Honig zu Stein geworden."
    "Ich habe mich bei dir noch gar nicht bedankt, dass du uns damals aus dem Eisloch gerettet und bei dir aufgenommen hast. Such dir aus, was dir gefällt."
    "Oh, das kann ich nicht annehmen."
    "Du würdest mir damit wirklich eine Freude machen", sagte Radik.
    "Gut, gut. Die Auswahl ist recht groß. Ich will schauen, was mir am meisten gefällt. Es sollte mich an meinen geliebten Honig erinnern. Hat dein Bruder zufällig auch ein kleines Bienchen geschnitzt?"
    "Leider nein."
    Radik fiel auf, dass Womar jede Figur dicht vor seine Augen führte und dabei blinzelte. Offenbar sah er nicht sehr gut.
    "Dies erinnert mich an einen schönen großen Honigtropfen."
    Womar hielt die Kette mit dem Bernstein in der Hand, die Radik eigentlich für Zasara vorgesehen hatte.
    "Und wie ich gesehen habe, trägst du einen ähnlichen Stein um den Hals. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich diesen wundervollen Bernstein gerne mitnehmen."
    "Nein, nein. Ja, ja."
    Radik war ein bisschen überrascht.
    Da er befürchtete, Womar könnte seine Verlegenheit bemerkt haben, fügte er rasch hinzu: "Ich bin froh, dass du etwas gefunden hast, was dir wirklich gefällt."
    Er nahm Womar das Lederband aus der Hand, hängte es ihm um den Hals und freute sich nun auch ehrlichen Herzens, dass er Womar damit eine Freude machen konnte.
    Augenblicke später stand Zasara neben ihnen. Radik verspürte ein schlechtes Gewissen, aber Zasara strahlte ihn über das ganze Gesicht an.
    "Entschuldige bitte, dass ich mich ein wenig verspätet habe. Aber dahinten stehen meine Tante, mein Onkel und eine Base und verkaufen Töpfe. Ich hatte sie ein Jahr nicht gesehen und habe beim Erzählen wohl die Zeit vergessen."
    Radik hätte ihr alles verziehen.
     
     

Die Welt der Buchstaben und Zahlen
     
    Die Sache gestaltete sich schwieriger, als Radik gedacht hatte. Er war der Meinung gewesen, es hätte nur der Mitteilung einer Art Geheimnis bedurft und schon wäre er in der Lage zu lesen und zu schreiben.
    Womar hatte eine raue Lederhaut an der Wand stramm aufgehängt und diese diente als Tafel. Zum Schreiben benutzten die beiden Kreidestücken, die auf der ganzen Insel, besonders aber an der nordöstlichen Steilküste zu finden waren.
    Zunächst war das Alphabet der lateinischen Buchstaben zu erlernen. Die Darstellung in großer und kleiner Schreibweise und die Aussprache beherrschte Radik bald sicher. Doch dies war erst der Anfang.
    Da Womar eine Schrift der Ranen nicht bekannt war und Radik keine andere Sprache beherrschte, begannen sie, und dies war auch für Womar Neuland, Begriffe aus der Sprache der Ranen lautmalerisch in Schrift umzusetzen. Radik erwies sich als sehr gelehrig, lernte sofort aus Fehlern, fragte nach, wenn er etwas nicht verstand. Er scheute sich auch nicht, andere Meinungen als Womar zu vertreten, war aber stets durch vernünftige Argumente zur Einsicht zur bringen.
    Als Radik viele bekannte Wörter schreiben konnte und er in der Lage war, selbständig auch längere Worte, die er noch nie gesehen hatte, in Schrift umzusetzen, ging Womar daran, Sätze zu bilden, wobei er das Niveau von Anfang an recht hoch hielt.
    Da es Womar nicht nur darum ging, das bloße Niederschreiben zu lehren, etwa wie es die Diktat– oder Abschreiber benötigten, welche in Kanzleien oder Klöstern dieser Arbeit nachgingen, sondern Radik auch im schriftlichen Ausdruck geübt werden sollte, beschrieb er gerne kurze Sachverhalte oder Begebenheiten, zu denen Radik selbständig Sätze zu bilden hatte. Und Radik übertraf seine Erwartungen.
    Aus einer fundierten Kenntnis der Grundregeln heraus, die er sich oft nach einmaligem Darlegen zu Eigen machte, wurde Radik zunehmend selbst kreativ und bewies eine große

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