Svantevit - historischer Roman (German Edition)
gewöhnlich tat und dies ging auch eine ganze Weile gut.
Radik war bereits froh, dass es zum Ziel nun nicht mehr weit war, als das Pferd plötzlich nicht mehr auf ihn reagierte. Er zog an den Zügeln und erhöhte den Schenkeldruck, aber die Stute wurde immer schneller und begann schließlich zu versuchen, den Reiter abzuwerfen. Sie bäumte sich auf, schlug aus und Radik hing an ihrem Hals, wie damals bei seinen ersten Reitversuchen.
Schließlich verlor er immer mehr den Halt und als das Pferd über einen Graben setzte landete er unsanft in einer Böschung. Er rappelte sich auf und lief dem Tier hilflos ein paar Schritte hinterher, verbunden mit verzweifelten Rufen.
Radik wusste nicht, was er nun tun sollte. Das Pferd konnte er nicht einholen und zur Burg zurück war es zu Fuß ziemlich weit. So machte er sich schließlich zur Hütte des Alten auf.
Völlig in Gedanken versunken und grübelnd, wie er diese verdammte Stute wieder finden sollte, bog er um eine große Hecke und zuckte zusammen. Vor ihm stand jemand mit einer Art Lederhut auf dem Kopf, der ein Tongefäß in der erhobenen Hand hielt, aus dem dichter Rauch qualmte. In der anderen Hand befand sich ein großer Tontopf. Das Gesicht und der Hals waren mit Leinenstoff verdeckt, der am Hut befestigt war und ebenso waren die Hände verhüllt.
Radik wich einige Schritte zurück und war kurz davor davonzulaufen, als das merkwürdige Wesen den Tontopf abstellte, sich nun mit der freien Hand an den Kopf griff und unter der eigenartigen Kopfbedeckung Kaila zum Vorschein kam. Er war irgendwie fassungslos, was man ihm wohl ansah, denn Kaila begann sofort, lauthals zu lachen.
"Wenn du dein Gesicht sehen könntest!"
"Was machst du denn hier und in dieser Verkleidung?"
"Das ist doch nur wegen der Bienen. Kleinen Jungs wollte ich damit eigentlich keine Angst einjagen."
"Aber warum willst du die Bienen erschrecken?", fragte Radik immer noch ratlos.
Sie tippte ihm leicht an die Stirn.
"Ich will niemandem einen Schreck einjagen. Diese Leinenkappe soll mich vor Stichen am Kopf schützen und hiermit", sie hob den rauchenden Topf hoch, "versuche ich die Bienen zu beruhigen."
Als sie Radik immer noch sprachlos sah meinte sie in fast entschuldigendem Ton: "Wenn du willst, zeig ich es dir."
Und Radik, in der Angst etwas Falsches zu sagen, meinte nur knapp: "Ja, gerne!"
"Wie kommt es eigentlich, dass du hier ohne Pferd unterwegs bist?", wollte sie nun ihrerseits wissen.
Radik druckste zunächst etwas herum.
"Das Pferd ist weg."
"Wie, weg?"
"Es hat mich abgeworfen und ist einfach abgehauen – diese verdammte Stute."
"Vielleicht hast du einfach kein Gespür für Stuten", sie lächelte ihm sanft zu.
Radik schluckte und verkniff sich jedes weitere Wort.
Schnell wechselte Kaila wieder das Thema.
"Wenn du ruhig bist, kannst du es summen hören. Der Korb steht hier nämlich ganz in der Nähe."
Und tatsächlich, als er darauf achtete, nahm er einen gleichmäßigen Brummton wahr.
Nur wenige Schritte entfernt hing einer dieser merkwürdigen Körbe, die Radik damals beim ersten Betrachten für eine Stulpe zum Fischfang gehalten hatte. Vorsichtig gingen sie näher, bis Kaila Radik am Arm festhielt.
"In diesem Korb wohnt ein ganzes Bienenvolk. Eine Königin sorgt ganz allein für die Kinder."
"Und der König?"
"Der ist vom Pferd gefallen und wird seitdem vermisst", meinte Kaila.
Radik sah, wie aus der kleinen Öffnung am unteren Ende des Korbes immer wieder Bienen zum Flug starteten, während andere sich dort niederließen und durch das Loch hineinkrabbelten. Das Summen hatte noch zugenommen und schien hier, so nahe am Bienenkorb, fast die Luft vibrieren zu lassen.
Wenn man das geschäftige und emsige Treiben dieser kleinen Insekten beobachtete, konnte man sich gar nicht vorstellen, dass sie in der Lage waren, gefährliche Angriffe auszuführen. Radik wusste von Geschichten, in denen Kühe, Ziegen, auch Pferde oder gar Ochsen durch Bienenstiche getötet wurden. Er selbst war von diesen an sich nützlichen Tierchen noch nie gestochen worden, stellte sich dies aber sehr schmerzhaft vor.
"Die meisten Bienen sind damit beschäftigt, Honig zu sammeln."
"Aus den Blüten."
Radik wollte zeigen, dass er nicht völlig ahnungslos war.
"Ja, genau. Und der Honig von verschiedenen Blüten schmeckt auch unterschiedlich."
"Warum sammelt man den Honig nicht gleich von den Blüten ab? Das wäre weniger gefährlich."
Kaila runzelte die Stirn.
"Was die Bienen aus den Blüten saugen
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