Svantevit - historischer Roman (German Edition)
auch den Löwen nennt. Er ist ein guter Christ und hat mit unserem König Waldemar einen Freundschaftsvertrag geschlossen."
Adalbert staunte, wie interessiert die Jungen nun den Worten des Mönches folgten, still und wie erstarrt. Die angenehme Stimme des Bruders Bernhardt, welche Adalbert bereits bei der ersten Begegnung aufgefallen war, trug sicher nicht unwesentlich dazu bei.
"Sachsen bildet zusammen mit anderen Stämmen das Regnum teutonicum, das deutsche Reich. Dieses wiederum gehört zum Römischen Reich, welches man seit einigen Jahren auch als Heiliges Reich bezeichnet. In diesem Sacrum Imperium herrscht ein Kaiser, der seine Krone vom Papst empfangen hat."
Adalbert guckte etwas irritiert, da er nur wenig von dem verstand, was Bruder Bernhardt da auf dänisch erzählte, wenngleich dieser die fremde Sprache in einem vertrauteren Ton sprach als die Einheimischen.
"Da man in Sachsen mit deutscher Zunge spricht, kann Adalbert das Dänische nicht verstehen. Er wird dies aber bald lernen und ich habe gehört, dass er ein sehr gelehrsamer Schüler ist. Einstweilen bitte ich euch, etwas Geduld mit ihm zu haben und euch seiner anzunehmen."
Bruder Bernhardt wies Adalbert auf einen Platz direkt vor sich, wo dieser sich erleichtert hinsetzte, denn er war es müde, wie ein exotisches Tier von den anderen Jungen angestarrt zu werden.
Adalbert wusste, dass er zunächst nur eine Probezeit in der Klosterschule zu durchstehen hatte. Dies ließ ihn aufgeschlossen und unbefangen an die Dinge herangehen. Wäre er dauerhaft hierher gewiesen worden, womöglich gegen seinen Willen, hätte ihn die Furcht vor dieser Situation zweifellos sich zurückziehen und ihn zum eigenbrötlerischen Außenseiter werden lassen.
Er genoss sogar ein wenig, dass ihn die anderen Kinder bald wegen seiner Herkunft bewunderten. Dies lag auch daran, dass Bruder Bernhardt, wohl mit dem Ziel des besseren Einlebens seines Schützlings, keinen Tag verstreichen ließ, ohne den Schülern ein wenig über das Volk der Sachsen und deren Geschichte erzählt zu haben. Nie in seinem Leben hatte Adalbert einen so begnadeten Redner erlebt, dessen Stimme sofort gefangen nahm und der stets die richtigen Worte fand, um seine Zuhörer zu fesseln.
Bruder Bernhardt verfügte über ein beeindruckendes Gedächtnis, auf welches er sich bei seinen Erzählungen verlassen konnte. Als junger Bursche war er Novize in einem Kloster nahe Quedlinburg gewesen, unweit des Dorfes, in dem er aufgewachsen war. Hier bekam er eine Abschrift der Bücher der Res Gesta Saxonicae –"Die Taten der Sachsen"– in die Hände, welche der Benediktinermönch Widukind im Kloster Corvey an der Weser fast zweihundert Jahre zuvor geschrieben hatte. Eine überarbeitete Fassung dieses Werkes hatte Widukind seinerzeit für Mathilde, die Äbtissin des Damenstifts von Quedlinburg verfasst, von wo aus eine Kopie ins nahe Kloster gelangt war. Dort wurde es in der Schreibstube weiter mit Eifer vervielfältigt.
Obwohl die Lektüre dieses Werkes nun schon einige Jahre zurücklag, konnte sich Bruder Bernhardt an fast jedes dargestellte bedeutende Ereignis erinnern, wenngleich er die dortigen Schilderungen nun natürlich nicht genau zu zitieren vermochte. Doch er fand eigene Worte, um über die wichtigsten Geschehnisse in der Geschichte des Stammes der Sachsen zu berichten, die man nicht besser hätte wählen können.
Adalbert war bemüht, so schnell es eben ging die dänische Sprache zu erlernen und dies ging bei ihm erstaunlich schnell. Bald war es soweit, dass er Bruder Bernhardt, der ihn des nachmittags hierin unterrichtete, in der Aussprache mancher Worte berichtigte, wenn bei diesem der etwas breite sächsische Dialekt zu sehr durchklang. Beide verstanden sich sehr gut und Adalbert bemerkte gar nicht, wie schnell die Tage und Wochen vergingen.
Eines Tages erschienen Vater und Mutter und wurden freundlich vom Abt willkommen geheißen. Eine Weile unterhielten sie sich in einem Raum bei geschlossener Tür, während Adalbert im Flur davor wartete. Schließlich wurde er hinzugerufen und sah an den Gesichtern, dass seine Eltern durchaus mit dem zufrieden waren, was ihnen der Abt berichtet hatte.
"Wie wir hören, hast du dich hier in der Klosterschule bereits gut eingelebt", sagte der Vater, "Dies freut uns außerordentlich."
"Es gefällt mir hier sehr", bestätigte Adalbert, was der Abt mit einem wohlwollenden Lächeln aufnahm, "Jedermann ist nett zu mir und ich konnte bereits eine Menge
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