Svantevit - historischer Roman (German Edition)
Stimme neben sich.
"Du hast noch gefehlt, du dummer Tölpel. Habe ich dir heute nicht schon genug eingeheizt?"
"Das ist mir egal! Aber nicht der Junge!", wiederholte Rubislaw und er tat dies nicht im Tone einer Forderung, sondern als verkünde er auf eine Frage hin die Spielregeln, an die es sich zu halten gelte.
"Was willst du dagegen ausrichten?", fragte Lagomir höhnisch, "Aber, wenn es dir nichts ausmacht, wie du sagst, sollst du auch deinen Teil bekommen!"
Mehrere Peitschenhiebe schlugen Rubislaw entgegen, der ebenfalls die Arme vor das Gesicht tat und dann langsam vorwärts ging. Mit einer überraschenden Bewegung entriss er Lagomir die Peitsche.
"Nicht der Junge!"
Er packte Lagomir an der Kehle und Radik, der sich wieder aufgerichtet hatte, verfolgte erstaunt, wie Rubislaw den Arm immer höher hob, bis Lagomir schließlich den Boden unter den Füßen verlor. Radik hatte zu seiner Erleichterung festgestellt, dass ihn die Peitschenhiebe im Gesicht nicht richtig getroffen hatten und er nicht blutete.
"Nicht der Junge", murmelte Rubislaw immer wieder.
Lagomir hatte seine Augen weit aufgerissen und röchelte. Die Gesichtsfarbe wechselte von rot in blau und schien immer dunkler zu werden.
"Lass, du bringst ihn noch um!", rief Radik schließlich und als Rubislaw nicht reagierte, zog er ihm am Arm.
"Hast du nicht gesagt, du möchtest dabei sein, wenn ich diesem Scheusal den Hals breche. Vielleicht ist ja heute dieser Tag. Also halte mich nicht auf, sondern schau nur genau zu", meinte Rubislaw ruhig und dies machte Radik fast mehr Angst, als der Angriff Lagomirs eben noch.
"Du kannst ihn nicht einfach töten!", blieb Radik beharrlich.
"Lass ihn herunter!" erklang eine Stimme.
Radik blickte sich um und sah Pritzbur, der den Eindruck machte, als stünde er dort schon eine ganze Weile.
Augenblicklich fiel Lagomir zu Boden und brach in ein krächzendes Husten aus.
"Wir werden morgen darüber reden!", sagte Pritzbur streng und blickte dabei von einem zum anderen und besonders lange auf Lagomir.
Bald ließ das Schneetreiben nach und es wurde merklich wärmer. Auch war die Reise jetzt interessanter, da man wieder mehr bewohnte Gegenden durchquerte.
Am nächsten Tag sollte die Stadt Breslau erreicht werden, wo man sich einige Zeit aufhalten wollte. Dies wurde bei den Männern des Trosses als großes Ereignis angesehen.
Am Vorabend, die Stadt war bereits in Sichtweite, lud Pritzbur Radik wieder einmal zur abendlichen Runde der Kaufleute ein.
"Wir werden nicht in irgendeiner Kaschemme speisen!" betonte er feierlich. "Heute wird ein feines Wirtshaus aufgesucht, wo man nicht jeden einlässt. Dort pflegt man die Tische mit Tüchern zu bedecken und man isst mit feinstem Silberbesteck. Auch die Auswahl an Speisen und Getränken ist sehr erlesen."
Bald betrat die Gruppe von Kaufleuten, jeder in besten Stoff gehüllt, ein großes Haus, welches aus dicken Holzbohlen errichtet war und am Rande eines Dorfes lag. Radik schritt etwas befangen hintendrein, aber Pritzbur griff seinen Arm.
"Du wirst sehen, dass ich nicht zuviel versprochen habe."
Anscheinend wurde man bereits erwartet, denn sofort kamen einige junge Frauen, nahmen die Mäntel ab und wiesen einen langen Tisch zu.
An den Wänden loderten Fackeln, während auf den Tischen Kerzen ruhig vor sich hin brannten. Schon nach kurzem wurden silberne Karaffen und Becher aufgetischt, die den Lichterglanz noch funkelnd mehrten.
"Hast du schon einmal Wein getrunken?", wollte Niklaw von Radik wissen.
"Wein?"
"Kein sehr billiges Vergnügen, wenn man die Güte des hier gereichten Tropfens bedenkt. Aber dies soll dich nicht kümmern. Du bist mein Gast", sagte Pritzbur und hielt Radik den gefüllten Becher hin.
Die dunkelrote Flüssigkeit schmeckte zunächst fruchtig, ein bisschen süß und wurde beim Herunterschlucken säuerlich.
"Bekommt man davon einen Rausch?", fragte Radik Pritzbur leise.
"Das will ich hoffen!", meinte dieser laut und fing an zu lachen.
Bald quoll die Tafel vor allerhand Gebäck, gefüllten und in Honigteig gebackenen Vögelchen, gebratenen Filetstücken und Unmengen an süßem Naschwerk förmlich über. Immer neue Karaffen wurden gebracht und jeder goss sich nach, sobald sein Becher geleert war.
"Da weiß man doch endlich wieder, wofür man die täglichen Strapazen auf sich nimmt. Um nur einen Abend hier sitzen zu können, würde ich einen Monat barfuss durch tiefen Schnee laufen."
Niklaw biss in ein gebratenes Täubchen, das
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