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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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endlich einer das Vieh!", wurde schließlich gerufen.
    Doch die Männer auf den Pferden, die einzigen, die wohl überhaupt etwas hätten ausrichten können, starrten wie alle anderen auch gebannt auf das sich anbahnende Unheil. Da man mitten am Tage auf offenem Gelände unterwegs war, trug auch niemand eine Waffe bei sich, von den stets an den Gurten befindlichen Messern abgesehen. Aber selbst, wenn man ein Schwert oder eine Axt ergreifen könnte, wer wollte damit auf diesen kampfbereiten Bullen losgehen? Bögen oder Speere hatte nun erstrecht niemand zur Hand.
    ´Na dann kann man heute Abend wenigstens einmal gebratenen Wisent probieren´, dachte Radik, als der Bulle krachend mit gesenktem Kopf in einen Wagen rannte.
    Auch viele andere der Männer gingen sicher davon aus, dass diese Tollkühnheit dem Wisent das Genick gebrochen oder den Schädel gespalten haben dürfte. Doch während sich die beiden Zugochsen in ihrem Geschirr davon machten, die Vorderachse hinter sich herschleifend, reagierte sich der Bulle mit wilden Kopfstößen am hinteren Wagenteil ab, bis auch dieses endlich völlig auseinander fiel.
    Das Fuhrwerk hatte Fässer mit Salz geladen, welche zum größten Teil auseinander gesprungen waren und so bedeckten einige Haufen weißen Kristalls den Weg, in die der Wisent immer wieder wütend hinein hieb, wodurch ihm einige Salzkörner in die Augen gerieten, was das Tier nun noch rasender machte.
    Niemand war körperlich zu Schaden gekommen, da die beiden Männer im letzten Augenblick vom Wagen abgesprungen waren. Nun aber wollte ihnen der aufgebrachte Bulle nachsetzen.
    Radik führte einen Scheinangriff aus und es gelang, den Wisent abzulenken. Andere Reiter kamen hinzu und immer, wenn ein Berittener zurückweichen musste, näherte sich ein weiterer aus der anderen Richtung. Beharrlich lockte man den Bullen vom Tross weg zurück auf die Wiese, während die Wagen sich schnell aus der Gefahrenzone zu manövrieren suchten.
    "Wer hätte gedacht, dass einer dieser Wisente derart angriffslustig werden kann!?", meinte Pritzbur am Abend, "Sonst grasen diese Tiere ruhig vor sich hin und scheinen kaum auf ihre Umgebung zu achten."
    "Du hast doch gesehen, wie liebestoll dieser Bulle war. Das allein erklärt sein Verhalten", Rubislaw grinste, "Beobachte nur einmal die Männer, wenn sie nach entbehrungsreichen Tagen in einen Ort kommen, wo eine Lokalität gewisse Möglichkeiten bietet. Dann hörst du dasselbe Schnauben, das Scharren der Hufe und ohne handfesten Streit geht es nie ab. Manch einer würde zum Mörder werden, nur um kurze Zeit der alleinige Bulle auf der Aue zu sein."
    "Was meinst du Radik?", fragte Pritzbur, der sich wunderte, wie teilnahmslos der Junge nach diesem aufregenden Erlebnis in der Ecke saß, zumal er in letzter Zeit immer öfter wie abwesend wirkte.
    Doch Radiks Gedanken waren wieder zu Hause, auf seiner Insel und bei Kaila. Jeder Tag schien sich nun in eine quälende Länge zu ziehen und er hatte bereits ernsthaft überlegt, ob er sich nicht den Rest des Weges allein durchschlagen sollte. Einen guten Monat würde der Tross nun noch bis Rügen brauchen, man wollte zuvor auch einige Tage in Danzig verweilen. Auf seinem Hengst könnte Radik die Strecke in einer knappen Woche zurücklegen.
    ´Ich hätte Kaila nicht ein ganzes Jahr allein lassen dürfen!´, hämmerte es ihm immer wieder im Kopf.
    Er hatte das Gefühl, als seien die Tage, Wochen und Monate ohne sie verlorene Zeit gewesen, trotz alldem Neuen und Interessanten, was er dabei erlebt hatte.
     
     

Endlich zurück
     
    In Danzig wurde die Ankunft des Trosses schon erwartet. Die Männer verluden Fässer und Kisten eilig auf bereitliegende Schiffe, die unverzüglich in See stachen, denn der Wind stand sehr günstig und blähte die Segel der schaukelnd nach Norden schwimmenden Boote.
    Radik beobachtete Fischer, die ihren Fang anlandeten. Die Netze waren gut gefüllt, vor allem mit Heringen, aber nicht zu vergleichen mit den riesigen Massen, die jetzt vor Rügen aus dem Wasser gezogen wurden.
    Zusammen mit Rubislaw sah er sich ein wenig in Danzig um, dieser lebhaften Ansiedlung von Fischern und Händlern. Hier wohnten also die Pommern, von denen Radik schon gehört hatte.
    Noch vor einigen Jahrzehnten huldigte auch dieses Volk dem Gott Svantevit und sandte regelmäßig Abgaben zum Tempel nach Arkona, bei deren Ausbleiben die Ranen mit kriegerischen Mitteln vorgingen. Später aber ließen sich die Fürsten der Pommern taufen und trotz immer

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