Svantevit - historischer Roman (German Edition)
ihm heran.
"Es wird gleich dunkel und du bist auch schon völlig fertig! Lass uns ans Ufer zurückkehren!", sagte Rubislaw mit bittender Stimme.
Doch Radik, dem die Luft zu einer Antwort ohnehin fehlte, reagierte diesmal überhaupt nicht und wirkte völlig abwesend, nur darauf konzentriert, wieder soweit zu Atem zu kommen, um den nächsten Tauchgang beginnen zu können.
Rubislaw schwamm noch etwas dichter heran und als Radik wieder aus den Fluten hervorkam, umfasste er ihn mit seinem rechten Arm und hielt in mit aller Kraft fest im Griff. Nun war es für ihn, der erst vor kurzem das Schwimmen erlernt hatte, nicht leicht, sich im Wasser vorwärts zu bewegen und gleichzeitig einen sich windenden Menschen zu halten. Verbissen vollführte Rubislaw die erlernten Bewegungen und kam dem Ufer langsam näher, bis er endlich wieder Boden unter den Füßen spürte.
"Lass mich los!", rief Radik empört und versuchte, sich aus der Umklammerung zu losen.
Doch Rubislaw schleppte ihn weiter, wie einen Sack, und setzte ihn erst am Ufer ab.
"Was fällt dir ein?", stieß Radik giftig hervor.
"Es wird bereits dunkel und du willst doch nicht dein Leben verlieren, nur wegen eines kleinen Bernsteines! Sicher gibt es so einen irgendwo zu kaufen", sagte Rubislaw mit beruhigender Stimme.
"Wegen eines kleinen Bernsteines? Hast du eine Ahnung, was dieser Stein für mich bedeutet!?", brüllte Radik. "Aber davon verstehst du ja ohnehin nichts. Sicher hat dich nie ein Mädchen geliebt!"
Radik hätte sich nach diesen Worten am liebsten auf die Zunge gebissen. Wie konnte er so etwas nur sagen? Rubislaw grinste darüber natürlich, wie sonst auch, wenn irgendjemand eine Gemeinheit über ihn zum Besten gab. Aber Radik war für Rubislaw ganz sicher nicht irgendjemand, wie auch dieser für ihn so viel mehr bedeutete.
"Entschuldige, bitte entschuldige!"
Radik bemühte sich zu einem Lächeln, auch wenn er immer noch sehr aufgewühlt war und nun noch die Wut gegen sich selbst hinzukam.
"Wer hätte gedacht, dass du mich eines Tages vor dem Ertrinken retten würdest?"
Nach Danzig
In der folgenden Nacht wurde Radik von Alpträumen geplagt. Wieder und wieder tauchte er ins Wasser, diesmal nicht auf der Suche nach der Kette, sondern nach Kaila selbst, die ihn immer wieder rief und ihm ihre Hand entgegenstreckte, aber er konnte sie nicht zu fassen bekommen. Schweißgebadet wachte er auf, doch den Traum vermochte er nicht einfach so abzuschütteln.
Radik konnte es nun gar nicht mehr erwarten, endlich die Heimreise anzutreten.
Pritzbur musste eine Reihe von Vorbereitungen treffen. Radik ging ihm hierbei eifrig zur Hand, denn diese Ablenkung tat ihm gut. Mit den Wagen sollten zunächst Waren, die aus dem Süden nach Krakau gelangt waren, bis nach Danzig geschafft werden. Danach würde man sich nach Arkona auf den Weg machen, um rechtzeitig zum Heringsmarkt dort einzutreffen.
Nachdem Radik alle mit Zahlen beschriebenen Pergamente durchgearbeitet hatte, ließ er sich von Pritzbur erklären, was es bei der Vorbereitung einer solch langen Handelsreise zu beachten galt. Radik war über diese Planung sehr beeindruckt, bei der alle möglichen Situationen zu berücksichtigen waren, die in den kommenden Momenten eintreten konnten. Den beiden Brüdern war anzumerken, dass sie sehr erfahrene Kaufleute waren.
Fieberhaft suchten sie jedoch nach einem Ersatz für Lagomir.
"Man kann sagen, was man will. Er mag ein Tunichtgut gewesen sein, aber den Tross konnte er am Laufen halten und wenn es darum geht, Leute anzutreiben, sind derbe Manieren ja durchaus von Vorteil! Es wird schwer werden, einen Ersatz zu finden", sagte Pritzbur nachdenklich, nun ganz Kaufmann, dem das Geschäftliche wichtiger als das Menschliche ist.
Unter den Kaufleuten sprachen sich Dinge schnell herum und so stellten sich bei Pritzbur bald verschiedene Männer vor, die gerne als Trossführer unter ihm arbeiten wollten.
"Entweder sind sie unerfahren oder wegen Saufeskapaden und Raufhändeln bei anderen Kaufleuten in Ungnade gefallen. Einer stellte sich vor, der hatte Krakau seinen Lebtag noch nicht verlassen. Wie will dieser Mensch denn dann den rechten Weg nach Danzig finden?", resümierte Pritzbur verzweifelt am Abend.
"Ihr sucht also jemanden, der die Strecke der Handelsreise kennt, etwas vom Hantieren mit den Wagen und Waren versteht und der die Männer anzuleiten weiß?", fragte Radik, der plötzlich einen Einfall hatte.
"Ja, genau. Und trauen müsste man ihm können. Ich
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