Svantevit - historischer Roman (German Edition)
nicht trifft, ist aus dem Rennen. Es zählen nur Pfeile, die im Holz stecken", erklärte er sodann und gab die Bahn frei.
Nach dem ersten Durchgang war ein Drittel der Burschen ausgeschieden, was aber immerhin bedeutete, dass auch einige aus der Anfängergruppe getroffen hatten. Daraufhin setzten die Männer das Ziel weiter zurück und anschließend waren nur noch zehn der jungen Soldaten dabei.
Da die Reichweite der Bögen doch sehr begrenzt war, konnte man die Entfernung des Zieles nicht endlos ausdehnen, sondern nahm nun einfach immer kleinere Baumscheiben.
Schließlich waren nur noch fünf Schützen übrig. Einen von ihnen packte Kolmak plötzlich unsanft im Genick.
"Du hast dich doch heute Morgen zu der Gruppe der Unerfahrenen gesellt", sagte er vorwurfsvoll, "Drückeberger mag ich nicht, das merke dir bitte!"
Prompt schoss dieser Bursche seinen nächsten Pfeil vorbei und auch Granza patzte. Zu den drei Verbliebenen zählte auch Nipud, der bisher keinerlei Unsicherheit gezeigt hatte. Dies spornte Radik nun besonders an, der sich deshalb bei jedem Schuss einen Augenblick mehr Zeit nahm, als er es sonst wohl getan hätte. Dieser Eifer steigerte sich noch, nachdem sie schließlich beide als einzige übrig waren.
"Wo habt ihr so gut schießen gelernt?", fragte Kolmak mit ehrlicher Bewunderung.
"Bei der Jagd auf Robben", antwortete Radik sogleich, "Nur deren Köpfe tauchen in einiger Entfernung vom Boot aus dem Wasser auf und verschwinden oft blitzartig wieder. Da ist Schnelligkeit und Treffsicherheit gefragt", erklärte er.
"Mein Vater ist bekanntlich Offizier der Tempelgarde in Arkona!", tönte Nipud dazwischen, "Ich bin seit frühester Kindheit den Umgang mit diesen Waffen gewohnt. Ein Fischer dürfte kaum in der Lage sein, mich zu schlagen", meinte er großspurig, "Soweit ich mich erinnern kann, hat mein Pfeil nur einmal sein Ziel verfehlt."
Er blickte Radik mit zynischem Grinsen an und dieser wusste schon, was gemeint war. Wie zur Bestätigung seiner Meisterschaft schoss Nipud seinen Pfeil mit betonter Lässigkeit in das Ziel und zog so mit Radik gleich.
"Dann wollen wir die Sache doch mal etwas schwieriger machen." sagte Kolmak, griff sich eine Baumscheibe, die gerade einmal halb so groß war, wie das letzte Ziel und ließ diese in Position bringen.
Radik versuchte es als erster – und schoss vorbei. Nipud trat mit siegessicherer Miene vor, um es ihm dann gleichzutun.
"Noch mal!", entschied Kolmak
Diesmal traf Radik das Ziel knapp am linken Rand, Nipud ebenso am rechten, was die übrigen Burschen mit Jubel begrüßten. Doch Kolmak bat sich umgehend wieder Ruhe aus.
"Wir könnten das Spielchen wohl unendlich fortführen. Aber bald setzt die Dämmerung ein", meinte er und ging zu seinen Leuten, um sich mit diesen zu beraten.
Schließlich liefen einige der Männer fort und kamen nach einer Weile mit etwa zwei Dutzend Pfeilen zurück. Dieses waren aber, wie sich bei näherer Betrachtung schnell herausstellte, ganz ungewöhnliche Geschoße, bei denen statt einer Spitze eine kleine mit Blut gefüllte Fischblase befestigt war.
"Jeder erhält zunächst sechs dieser Pfeile", erklärte Kolmak und verteilte die merkwürdigen Gebilde sogleich an die beiden Kontrahenten, "Ihr stellt euch auf der Wiese gegenüber und tretet solange auseinander, bis ich halt sage. Anschließend versucht ihr, euch gegenseitig abzuschießen, während ihr wieder aufeinander zugeht. Die Pfeile hinterlassen sichtbare Spuren, sodass Betrug nicht möglich ist, können euch aber nicht verletzen, von blauen Flecken einmal abgesehen", sagte Kolmak, was seine Männer höhnisch lachen ließ, "Ich selbst habe diese Form des Zweikampfes erdacht und noch ist niemand dabei zu schaden gekommen. Also los!"
Radik und Nipud taten, was ihnen geheißen worden war. Sie stellten sich auf und gingen dann rückwärts auseinander, bis Kolmak ein Zeichen gab.
"Ach ja, was ich noch vergessen hatte: auf den Kopf wird natürlich nicht gezielt!", rief Kolmak den Beiden zu, "Teilt euch eure Pfeile gut ein, ohne sie seid ihr ein wehrloses Opfer für den anderen! Und jetzt los!"
Radik sah sogleich, dass die Entfernung für einen Treffer zu weit war und schritt langsam vorwärts, wie es auch Nipud tat. Er hätte eigentlich zunächst gerne einmal ausprobiert, wie diese eigenartigen Pfeile wohl fliegen würden, wollte aber keinen Schuss vergeuden.
Die Beiden belauerten sich und keiner ließ den anderen auch nur einen kurzen Moment aus den Augen. Jeder hatte
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