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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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einen Pfeil in den Bogen eingespannt und wartete auf einen günstigen Augenblick. Die zuschauenden Männer und Burschen verfolgten erwartungsvoll das Geschehen. Es war totenstill.
    Schließlich meinte Radik, dass die Distanz für einen ersten Schuss ausreichen könnte, was Nipud im selben Moment ebenso zu denken schien. Beide blieben stehen, spannten die Bögen und sogleich pfiffen die Pfeile durch die Luft. Die Geschoße verendeten allerdings zu früh und Radiks Vermutung, dass er den Schuss etwas höher als gewöhnlich ansetzen müsse, bestätigte sich.
    Also setzten die Kontrahenten langsam und bedächtig wieder einen Schritt vor den anderen. Die nächsten Pfeile flogen bereits weit genug, um ihre Ziele erreichen zu können, aber es war nicht schwer, ihnen auszuweichen. Mit jedem weiteren Schritt wurde der Abstand immer kritischer und bald war eine Distanz erreicht, bei der es schwer werden dürfte, einem abgeschossenen Pfeil zu entgehen. Wer würde jetzt den ersten Angriff wagen?
    Radik tat es, traf Nipud jedoch nur am Oberschenkel, wo sich ein roter Fleck am Beinkleid abzeichnete.
    "Weiter!", rief Kolmak sofort.
    Nun schoss Nipud und Radik konnte sich gerade noch reflexartig wegdrehen, als der Pfeil in Kopfhöhe angeflogen kam.
    ´Das war doch Absicht!´, dachte Radik wütend, während er mit geübten Handgriffen den nächsten Pfeil einspannte, ´Er hat den Schuss mutwillig so hoch angesetzt.´
    Jetzt musste die Entscheidung fallen. Beide visierten gleichzeitig und ließen den Bogen im selben Moment entspannen. Radik sah, wie sein Pfeil auf Nipuds Oberkörper zuschnellte, doch bevor er den Aufschlag wahrnehmen konnte, wurde er selbst getroffen – am Kopf. Ein dumpfer Schmerz erfasste ihn, aber noch mehr eine unsägliche Wut.
    Sofort warf er Pfeile und Bogen beiseite und rannte auf Nipud zu. Dieser versuchte zunächst rasch, einen neuen Pfeil einzuspannen, warf dann aber ebenso alles fort und hob stattdessen die Fäuste.
    Durch die Wucht, mit der er angelaufen kam, riss Radik Nipud sofort zu Boden und konnte zwei, drei Fausthiebe landen, bevor der Streit in einen Ringkampf überging.
    Rasch waren die Männer hinzugeeilt und trennten die beiden Kontrahenten. Radik stellte befriedigt fest, dass er dieser kleinen Ratte mal wieder die Nase blutig geschlagen hatte, bemerkte aber zugleich auch die Schmerzen an seinem Kopf. Nipuds hassverzerrtes Gesicht wirkte wie eine furchteinflößende Fratze, seine Augen waren blutunterlaufen. Radik beschloss einmal mehr, vor diesem Kerl künftig auf der Hut zu sein.
    "Irgendwann bringe ich dich um!", raunzte Nipud.
    "Ich meine, du hast gewonnen", sagte Kolmak zu Radik und tippte auf den Blutfleck, der sich auf dem Leinenhemd genau in der Herzgegend von Nipud ausbreitete, "Ich hatte ja gesagt, dass Kopfschüsse nicht erlaubt sind. Gleiches gilt natürlich für Faustschläge." 
     
     

Gardedienst
     
    Die Wochen in der Fürstenburg Garz neigten sich nun ihrem Ende entgegen. Es war sehr herbstlich geworden, viele Tage verregnet. Die Anspannung der ersten Zeit war vorüber.
    Radik war froh, dass er einen Freund gewonnen hatte, der ihm vieles über die Burg und die Fürsten erzählen konnte. Granza war ein gescheiter Bursche, der trotz der hohen Position seines Vaters sehr umgänglich war. Schade eigentlich, dass er nicht mit nach Arkona kam, sondern hier in Garz blieb. 
    Langsam wurde Radik regelrecht ungeduldig und konnte es kaum erwarten, seinen Dienst in der Reitergarde der Tempelburg anzutreten. Manchmal hatte er gegrübelt und ihm waren Selbstzweifel gekommen. Es war seit vielen Jahren sein Traum gewesen, zu den Soldaten zu gehören. Doch die Begegnung mit Kaila hatte einiges geändert, da sie furchtbare Erinnerungen mit Soldaten verband, was auch Radiks Einstellung beeinflusst hatte. Ihr zu Liebe hätte er auf seinen Wunsch verzichtet, wäre Fischer geblieben oder Zeidler geworden, ganz egal, Hauptsache glücklich mit ihr. Nun, da Kaila fort war und es mehr als ungewiss schien, ob er sie jemals wiedersehen würde, war ihm die Tempelgarde wie eine Möglichkeit der Flucht vorgekommen. Der Alltag hätte ihn nach dem schmerzlichen Verlust fast um den Verstand gebracht.
    Radik hatte sich auch eingeredet, dass Kaila sicher Verständnis für seine Entscheidung gehabt hätte. Sie hatte Rache geübt und einen der Mörder ihrer Eltern gerichtet, wodurch ihr wohl auch eine große Last von der Seele genommen wurde und sich vielleicht die ablehnenden Gefühle gegenüber der Tempelgarde

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