Svantevit - historischer Roman (German Edition)
ersten Strahlen in höchstens zwei Stunden, bis dahin müssen wir äußerst vorsichtig sein!"
"Wenn es gar nicht mehr anders geht, dann müssen wir eben Lichter entzünden. Ich glaube kaum, dass es hier irgendeine Menschenseele gibt, die uns verraten könnte."
Christian hatte sogar Recht, wenn auch in einem ganz anderen Sinne, als er meinte. Den Verfolgern, die sie seit ihrem Verlassen des Waldes belauerten und nicht aus den Augen ließen, war es schon vorher durch die Unbedarftheit ihrer Feinde, die nichts von ihnen ahnten, unmöglich geworden, ihnen weiter zu folgen. Die beiden Deutschen hätten sich ihre Gegner nicht besser vom Leib halten können, als durch den lebensgefährlichen Ritt, den sie unbewusst durch das bei den Einheimischen so gefürchtete Moor machten. Die jetzt zusätzlich noch hereinbrechende Finsternis ließ eine weitere Überwachung der Widersacher, die hier zweifellos zur Erkundung für die Truppen des Löwen unterwegs waren, unmöglich und auch unnötig erscheinen. Der Weg, den die beiden jetzt einschlugen, wie die Späher im Zwielicht gerade noch erkennen konnten, war sicherlich Garantie genug, dass sie nicht weiter herumschnüffeln, sondern ihre Leben irgendwo dort, in der Undurchdringlichkeit des Morasts verlieren würden, wie schon so viele vor ihnen.
Noch bevor auch das letzte Licht ganz verschwand und sie gezwungen waren, ihre Fackeln zu entzünden, sahen sie, nachdem sie ihre immer unwilliger folgenden Pferde durch einen breiten Schilfgürtel getrieben hatten, vor sich plötzlich eine ganz ebene Fläche, die durch keinerlei Gesträuch oder Tümpel unterbrochen wurde.
"Sollten wir zu guter Letzt doch noch, genau im richtigen Augenblick, das Glück des Tüchtigen haben?", fragte Christian.
"Das wurde aber auch Zeit! Ich hatte schon Angst, wir verplempern die ganze Nacht hier im Sumpf, wo wir doch gerade im Schutz der Dunkelheit so viel Strecke wie möglich zurücklegen wollten. Wenn es erst hell ist, können wir uns wohl kaum noch so frei bewegen."
Sie drängten die Hengste ohne Bedenken zu einer schnelleren Gangart und verzichteten auch lange Zeit auf die Lichter, denn ein zügiges Vorankommen schien ihnen jetzt wichtiger als alles andere zu sein. Die Unruhe der Pferde steigerte sich immer mehr und sie scheuten nun häufiger. Die Freunde achteten nicht darauf, doch als die über das Firmament ziehende Wolkendecke auch das letzte bisschen an Helligkeit des Sommernachthimmels zu bedecken begann, konnten sie die Tiere selbst mit allem reiterischen Geschick und Gewalt kaum noch in der Spur halten. Sie hielten, um die Rösser zu beruhigen und die Fackeln zu entzünden.
"Ho, Ho!"
Ronald war schon von seinem Braunen gestiegen, klopfte ihm die Kruppe und blies ihm in die Nüstern, um ihn zu besänftigen.
Christians Rappe schien durch den Halt seine Beherrschung erst endgültig zu verlieren. Er konnte nur mit viel Mühe und durch gewaltsamstes Zerren am Zügel davon abgehalten werden durchzugehen. Die Bewegung, die er nun nicht nach vorne umsetzen konnte, ging jetzt in ein immer wilder werdendes Tänzeln und Kreisen über. Er drehte sich schneller und schneller, mal links und mal rechts herum, bockte und versuchte seinen Reiter abzuwerfen.
"Zieh die Zügel fester an, du musst ihn beruhigen!", schrie Ronald, der seinem Gefährten nicht helfen konnte.
Ganz im Gegenteil, er musste sich aus Bereich, in dem der Hengst wütete, möglichst rasch entfernen, um nicht selbst verletzt zu werden und außerdem sollte die Erregung sein eigenes Pferd, das er schon einigermaßen zur Ruhe gebracht hatte, nicht wieder erfassen.
Christian war allerdings weit davon entfernt, seinen Rappen in den Griff zu bekommen. Der vollführte immer neue Sprünge, stieg und schlug aus. Das alles dauerte kaum einige Minuten, aber Christian, der zwar ein guter Reiter, aber kein Akrobat war, hatte schon nach wenigen Augenblicken gemerkt, dass es für ihn nur darum gehen konnte, möglichst unbeschadet von dem tobenden Tier herunterzukommen. Er wartete auf eine Gelegenheit, um abzuspringen, wenn das Pferd einmal kurz verharren sollte. Dann kam alles doch noch ganz anders und dramatischer, als er dachte. Der Hengst trat wieder einmal aus und ging auf den Hinterbeinen hoch. In dem Moment gab es ein gurgelnd schmatzendes Geräusch und das panische Tier sackte hinten weg. Christian, der sich nur darauf konzentriert hatte, oben zu bleiben, hatte eine erneute Drehbewegung erwartet und wurde nun durch den plötzlichen
Weitere Kostenlose Bücher