Svantevit - historischer Roman (German Edition)
war und Hilfe benötigte, würde er rufen.
Er saß allerdings wie auf Kohlen und die Zeit verging ihm quälend langsam. Es fiel ihm immer schwerer, die Wachsamkeit aufrecht zu erhalten, während er hier so ruhig herumsitzen musste. Die Müdigkeit der durchrittenen Nacht machte sich bemerkbar und des Öfteren passierte es ihm, dass der Schrei eines Vogels oder das Schnauben des Pferdes ihn hochschrecken ließ und er merkte, dass er einzudösen begann.
Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel und sandte mit ihren grellen Strahlen eine brütende Hitze. In dieser sengenden Glut, die bis zum Mittag noch zunehmen würde, war auch die Natur scheinbar zum Erliegen gekommen. Kein Lüftchen bewegte sich mehr, die Vögel und Grillen waren verstummt, selbst das bis eben noch direkt hinter ihm deutlich Gras mahlende und schnaubende Pferd schien an Ort und Stelle eingeschlafen zu sein.
Er warf gelangweilt einen Blick über die eine, dann über die andere Schulter und erschrak. Da war kein Pferd! Beim Aufspringen merkte er, dass seine Beine eingeschlafen waren.
´Wie lange habe ich hier so gesessen und wie spät ist es überhaupt?´, dachte er, während er seine Beine abwechselnd anzog und rieb, um das lästige Kribbeln loszuwerden.
Er ging ein Stück und blickte sich nach dem Hengst um. Weit konnte dieser in der kurzen Zeit ja nicht gekommen sein, zumal seine Vorderläufe leicht zusammen gebunden waren, um seine Bewegungsfreiheit etwas einzuschränken. Aus dem kleinen Wäldchen war auch schon eine ganze Weile nichts Verdächtiges mehr herübergedrungen.
´Wer weiß, was das überhaupt war! Inzwischen hat Ronald unseren Irrtum sicherlich bemerkt und ist jetzt wirklich auf der Jagd. Mein Magen knurrt schon und der Lange hat doch eigentlich immer Hunger. Warum sollte es sonst so sehr dauern, bis er sich wieder meldet?´
Während er seinen Gedanken nachhing, war er bis zur Böschung geschlendert. Erleichtert sah er, dass es der Braune irgendwie den kleinen Abhang hinunter geschafft hatte und nun friedlich dort unten stand und mit halb geschlossenen Augen vor sich her dämmerte. Befreit stieß er die Atemluft aus und drehte sich um. Worauf sein Blick jetzt fiel, ließ seinen frohen Hauch allerdings sofort stocken und ihn zur Salzsäule erstarren.
Ungefähr dreißig Schritt vor den Kiefern stand ein junger, fremder Krieger geduckt im hohen Gras. Seine Entdeckung schien ihn kurz genauso erschrocken zu haben wie seinen Gegner. Er war vollständig ausgerüstet für einen Kampf, trug Lederwams und Helm und hielt Schild und die gefürchtete slawische Streitaxt in den Händen. Christian hatte gerade einmal sein leichtes Kettenhemd an. Seine Waffen lagen neben dem Helm auf halber Wegstrecke zwischen den Kontrahenten. Er hatte zwei Möglichkeiten, wie er jetzt handeln konnte. Das Pferd in seinem Rücken war zwar nicht gezäumt und gesattelt, doch er war in der Lage auch so zu reiten, als Halbwüchsige hatten sie es zu ihrem Vergnügen oft getan. Den Fesselstrick könnte er in Windeseile mit dem Dolch durchschneiden, den er an seinem Bund trug. Er würde dann aber alle Sachen und vor allem Ronald zurücklassen, deshalb wurde dieser Reflex zur Flucht sofort unterdrückt und die andere, weitaus gefährlichere Variante gewählt.
Alle diese Abwägungen dauerten nur den Bruchteil eines Augenblicks, dann lief Christian so schnell er konnte auf seinen Feind zu. Dieser, auch bereits schon wieder in der Vorwärtsbewegung, stoppte kurz irritiert und lief dann, die Axt zum tödlichen Streich erhoben weiter. Christian schlug jetzt einen Haken und lief nun direkt zu der Stelle, an der sein Schwert und der Schild lagen. Er brauchte einen kleinen Vorsprung, um sich erst den Schild auf den linken Unterarm zu stecken und schließlich das Schwert mit der noch freien rechten Hand aus der Scheide zu ziehen. Fast wäre es auch gelungen, er war mit der linken Hand bereits durch die Schlaufen am Schild geflutscht und hatte das Schwert schon zur Hälfte herausgezogen, als sein Gegner ihn erreichte. Christian richtete sich ganz auf, hielt den Schild abwehrend vor sich und ging einen Schritt zurück. Er hoffte, er würde nur das Schwert mit sich ziehen und die Scheide würde liegen bleiben. Aber er hatte die Waffe wohl ein wenig verkantet, denn sie löste sich nicht. Da traf ihn auch schon der erste Schlag.
Ronald kam wie erwartet, ohne Schwierigkeiten, ungesehen bis an den Rand des Waldes, der sich im Rücken der Feinde befand. Ab und zu hatte er
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