Svantevit - historischer Roman (German Edition)
Sachsenherzog ohne größere Mühe hätte übersetzen können. Also beugten sich die Fürsten der Ranen und erkannten auch dessen Lehnshoheit an.
Die einfachen Ranen bekamen von diesen Ereignissen nur so viel mit, als dass der Feind mit größeren Truppen vor den Toren stand und eine gewaltsame Eroberung durch irgendwelche politischen Winkelzüge, von denen sie nichts verstanden, abgewendet werden konnte. Viele der Soldaten meinten, man solle den Gegner nur kommen lassen, oder ihn angreifen, doch die Bauern und Fischern mit ihren Familien waren froh, wenn die fremden Truppen den Rückzug antraten.
Die Priester wurden in solchen Situationen auch zunehmend nervös und suchten vor allem zu erfahren, ob sich in den Reihen der Feinde viele Geistliche befanden. Nur zu gut war ihnen in Erinnerung, wie die Dänen vor einigen Jahrzehnten versucht hatten, das Volk der Ranen zum Christentum zu bekehren, in die Tempel eindrangen und ihren merkwürdigen Glauben von einem am Kreuz Gestorbenen verbreiteten. Den Spuk hatte man schnell beendet und die dänischen Geistlichen vertrieben, nachdem diese ohne Schutz, wohl nur im Vertrauen auf ihren Gott, hier zurückgeblieben waren.
Radik verfolgte diese Vorgänge mit großem Interesse. Er sah diese Bedrohung nicht mit den Augen der einfachen Ranen und auch nicht nur mit denen eines Soldaten. Für viele waren diese Deutschen und Dänen einfach schon aufgrund ihrer Fremdheit Feinde. Radik aber kannte ihre Sprache und war diesen Christenmenschen von gleich zu gleich begegnet. Daher brachte er ihnen und ihrem Glauben keine generelle Ablehnung entgegen, sondern hatte früh eine vorsichtige Neugier entwickelt.
Gen Westen
Eines Tages stand Granza vor der Tür und Radik freute sich sehr über den unerwarteten Besuch, hatten sie einander doch bereits seit langer Zeit nicht mehr gesehen. Aber ihnen blieb keine Gelegenheit, sich in aller Ruhe über Neuigkeiten auszutauschen, denn Granza drängte zur Eile.
"Du sollst sofort nach Garz kommen, in die Fürstenburg", eröffnete ihm der Freund, "Richte dich darauf ein, dass du eine kleine Reise antreten wirst. Pack zusammen, was du dafür brauchst. Genaues weiß ich aber leider auch nicht."
"Nun tue nicht so geheimnisvoll", sagte Radik, "Bei deinen guten Beziehungen bist du doch sicher in alles eingeweiht."
"Ich muss dich enttäuschen", meinte Granza achselzuckend, "Seit ein paar Tagen geht es im Fürstenhof recht lebhaft zu, aber mein Vater, den ich hierzu befragt habe, schweigt wie ein Grab."
"Nun dann, man wird uns schon noch rechtzeitig mitteilen, worum es geht."
Radik sattelte seinen Hengst und verabschiedete sich von Zasara, die etwas besorgt dreinblickte. Sie hatte mit der Zeit begriffen, dass sein Leben unruhig und mitunter gefahrvoll war – daran gewöhnen würde sie sich aber wohl nie.
Als sie in Garz eintrafen, wurden gerade die letzten Vorbereitungen zur Abreise getroffen. Laute Rufe hallten über den Burghof und überall herrschte lebhafte Betriebsamkeit.
Radik hielt sich in dem Tumult an Granza.
"Wo bleibt ihr nur so lange?"
Zwei Männer stürzten auf sie zu, wobei Radik den einen als Litog, Granzas Vater, erkannte. Der andere war ein Soldat, doch wies dessen Kleidung auf einen hohen Rang hin.
"Dies ist Dimar, der die Leibgarde der Fürsten anführt", stellte Litog Radik den Mann vor, "Er wird dir sagen, was du zu tun hast. Seine Befehle sind strikt zu befolgen!"
"Und meine erste Order an euch beide lautet: beeilt euch! Wir wollen jeden Moment aufbrechen!"
"Also Radik ist soweit. Aber soll ich denn … äh … darf ich denn …?", fragte Granza verdutzt.
"Natürlich", meinte sein Vater und zwinkerte ihm zu, "Oder fühlst du dich dieser Aufgabe nicht gewachsen?"
"Doch, doch!", bestätigte Granza sogleich, wobei er Radik freudig gegen die Rippen stieß, "Aber wo soll es eigentlich hingehen?"
"Das werdet ihr noch früh genug erfahren", antwortete Dimar, der sich damit abwandte und sogleich lautstarke Kommandos zu brüllen begann.
Fürst Tetzlaw war von gedrungener Statur und machte einen gemütlichen Eindruck. Sein jüngerer Bruder Jaromar überragte ihn fast um Haupteslänge und dennoch verriet der erste Augenschein, dass es Tetzlaw war, der hier das Sagen hatte.
Ruhig, fast übertrieben selbstgefällig, saß Tetzlaw auf dem Rücken seines Pferdes und man sah allen ihn umgebenen Männern an, dass sie ehrlichen Respekt vor ihm empfanden. Er war ein Mann, der es nicht nötig hatte, sich mit
Weitere Kostenlose Bücher