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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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gab. Radik konnte zwar viele der Worte dieses fast melodiös vorgetragenen Lateins deuten, verstand den konkreten Sinn aber nicht genau, obwohl er ja ungefähr wusste, woran Christenmenschen glauben.
    "Er bittet seinen Gott, von diesem Haus Besitz zu nehmen", flüsterte Radik, "Gleichzeitig preist er dessen Allmacht und bezeichnet die Menschen als unwürdige Sünder."
    "Sünder?", fragte Tetzlaw, "Was soll das sein?"
    "Ja, Sünder. Sie glauben, dass jeder Mensch gegenüber ihrem Gott gefehlt hat und bitten daher um Erlösung", erklärte Radik.
    "Gegen einen allmächtigen Gott ist man als Mensch wohl ein Nichts", überlegte der Fürst laut, "Aber warum Sünder? Und wovon wollen sie erlöst werden? Vom Leben? Das können ihnen ihre Feinde auch besorgen. Nicht, dass ich uns dazu zähle, aber …"
    "So ist nun mal ihr Glaube", unterbrach ihn Radik, dem es gar nicht behagte, dass der Fürst so redselig wurde, auch wenn sicher niemand der anderen Anwesenden ihre Worte verstehen konnte.
    "Götter haben auch so ihre Schwächen", fuhr Tetzlaw fort, "die man sich als Mensch zunutze machen kann. Denk nur …"
    Radik legte ihm die Hand auf den Arm, was dieser sofort richtig deutete und sich vorsichtig umblickte.
    "Vielleicht sprechen wir lieber ein anderes Mal darüber", meinte er.
    Man verfolgte die Weihungszeremonie nun, ohne ein weiteres Wort zu wechseln. Die prunkvollen Gewänder und goldenen Utensilien waren ebenso beeindruckend, wie die streng feierlichen Gesichter und merkwürdig anmutenden Handlungen des Bischofs und seiner Gehilfen. Als der Bischof Weihwasser zu versprengen begann und dabei auch einige der anwesenden Herrschaften traf, zuckte keiner von diesen auch nur mit einer Wimper.
    ´Die Leute sehen so aus, als erwarteten sie jeden Augenblick die Ankunft ihres Gottes´, dachte Radik, ´und als hätten sie große Furcht davor. Wenn ich dagegen an die ausgelassenen Saufgelage zu Ehren des Svantevit denke, möchte ich nicht tauschen.´
     
    Im Lager des Herzogs, in welches sich die Fürsten der Ranen etwas später begaben, war von dieser Anspannung und Ernsthaftigkeit nichts mehr zu spüren. Hier herrschte eher eine ausgelassene Stimmung, denn Heinrich der Löwe war bester Laune, was sich natürlich sogleich auch auf seine Getreuen übertrug.
    Radik bedauerte, dass er die Fürsten nicht bei der Audienz begleiten durfte, die Heinrich der Löwe ihnen in seinem herzoglichen Zelt gewährte. Die Gespräche waren wohl sehr vertraulich und so zogen Tetzlaw und Jaromar es vor, den Alten hinzuziehen, der ihnen seit Jahren am Hof als Übersetzer diente und als uneingeschränkt zuverlässig galt.
    "Du kommst immerhin von der Tempelburg", meinte Granza zu Radik, "Vielleicht befürchten die Fürsten, dass du alles, was du hier hörst, brühwarm dem Hohepriester überbringst."
    "So ein Quatsch!", erwiderte Radik erbost, "Dann hätten sie mich wohl kaum zur Domweihe mitgenommen, denn diese Huldigung des Christengottes dürfte den Hohepriester nun wirklich verärgern. Und außerdem werde ich mich natürlich an die Anweisung von Dimar halten und über das alles hier Stillschweigen bewahren."
    "Schon klar", beschwichtigte Granza, "Sieh es doch mal von der guten Seite, so können wir uns hier im Lager einmal in Ruhe umblicken."
    Die beiden Freunde und zwei weitere der Ranenkrieger gingen zwischen den Zelten entlang und betrachteten die prachtvollen Wappen, welche vor einigen Quartieren auf einem Banner prangten. Die nähere Umgebung des herzoglichen Lagers war allerdings durch ein gutes Dutzend bewaffneter Sachsen abgesperrt, die mit wachsamen Augen um sich blickten. 
    ´Ob dieser Aufwand uns gilt?´, dachte Radik, dem dieser Gedanke irgendwie schmeichelte.
    "Ich hatte mir das Gefolge des Herzogs größer vorgestellt, nach allem, was man so gehört hat", sagte Granza fast enttäuscht und wies auf die Zelte um sie herum.
    "Heinrich befindet sich doch nicht auf dem Feldzug", gab Radik zu bedenken, "Dies hier ist wohl nur sein engster Hofstaat. Hab keine Sorge, wenn er eines Tages vor den Toren deiner Burg in Garz erscheint, wird er wohl ein paar Männer mehr mitbringen. Und dies könnte eher geschehen, als uns allen lieb ist."
    "Das ist zu befürchten", meinte auch Granza mit frostigem Lächeln, "Wie sonst hätte er all die Schlachten gegen die Obodriten und Zirzipanen erfolgreich schlagen können?!"
    "Aber wozu diese trüben Gedanken. Wir sind doch hier, um den Frieden mit dem Sachsenherzog zu wahren", mischte sich einer der anderen

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