Svantevit - historischer Roman (German Edition)
kommenden Winter und das Frühjahr zur Vorbereitung. Wirst du das schaffen?"
"Es muss gelingen! Der Zeitpunkt war nie so günstig. Heinrich der Löwe ist im Reich beschäftigt und ohne dessen tatkräftigen Anteil an der Eroberung kann Bischof Berno von Schwerin keine Ansprüche auf Rügen erheben."
"Was ist mit den Fürsten der Ranen?"
"Beide haben inzwischen eingesehen, dass es besser ist, ein Lehen zu besitzen, als alles zu verlieren. Ihre eigenen Priester sind ihnen ohnehin zu mächtig geworden. Fürst Jaromar ist uns wohlgesinnt. Tetzlaw hält es eher mit dem Sachsen."
"Dann ist Jaromar unser Mann!"
Nachdem der König wieder nach Roskilde abgereist war, wollte sich auch Absalon gerade auf den Weg machen, als man ihm meldete, dass am Burgtor jemand eingetroffen sei, der ihn dringend zu sprechen wünsche. Ein Einladungsschreiben aus Absalons Kanzlei zerstreute sogleich die Vermutung des Bischofs, es würde sich um einen der vielen lästigen Bittsteller handeln, die ihn tagtäglich mit irgendwelchen Anliegen nervten.
"Lasst den Mann vor", befahl Bischof Absalon und richtete seinen Blick neugierig auf die Tür.
Ein Jüngling trat ein, sah sich kurz um und kam dann auf Absalon zu, um ihm seinen Gruß zu erbieten.
"Ein Wunder, dass du mich hier gefunden hast."
"Zugegeben, es war nicht einfach. Ich weilte zunächst in Roskilde und man sagte mir …"
"Dein Meister ist aber wohl noch dort?"
"Mein Meister?" fragte der junge Mann verwundert.
Er guckte etwas verlegen, trat er einen Schritt zurück und senkte leicht das Haupt.
"Verzeiht. Ich vergaß mich vorzustellen, da ich annahm … Mein Name ist Adalbert und man nennt mich Saxo Grammaticus."
" Du bist …?"
Absalon griff sich mit der Hand ans Kinn und guckte ungläubig.
"Aber du bist … Wie alt bist Du?"
"Ich befinde mich im achtzehnten Lebensjahr", antwortete Saxo.
"Ich hatte gemeint, du seiest älter."
"Sagte man Euch das?"
"Nein, nicht direkt", antwortete Absalon, der nun seinerseits verlegen wirkte, "Aber als ich von deinen Fähigkeiten als Skribent hörte, deinen Kenntnissen des Latein und der alten Texte. Auch sollst du vortrefflich dichten können. Da meint man doch, dies erfordere eine gewisse Reife."
"Habt Ihr Anlass, an denjenigen zu zweifeln, welche Euch meine Dienste empfahlen?"
"Keineswegs. Wenn ich es recht besehe, kann ich erst jetzt deren Lobeshymnen wirklich verstehen. Denn solch außergewöhnliche Fähigkeiten, welche man mir schilderte, geben umso mehr Anlass zur allergrößten Erwartungen, wenn sie einem jungen Menschen zu Eigen sind, der zweifellos noch eine weitere Entwicklung nehmen wird."
"Ich muss also nicht befürchten …?", fragte Saxo mit leichter Verbeugung, wobei sein selbstbewusster Ton nicht zu überhören war.
"Wo denkst du hin?! Die Sache liegt ja besser als ich dachte" beeilte sich Absalon zu versichern, "Ich werde in der nächsten Zeit viele wichtige Dinge zu erledigen haben. Und bald wird der König zu einem Feldzug aufbrechen, welcher den Vergleich mit den Kreuzzügen ins heilige Land nicht zu scheuen braucht. Ich kann einen tüchtigen Sekretär daher gut gebrauchen."
Im Schatten der Burg entstand bald eine neue kleine Siedlung. Im Fischerdorf ließen sich immer mehr Händler nieder, der Hafen wurde ausgebaut und ein Marktplatz entstand. Seeräuber machten nun einen weiten Bogen um den Ort. Mit der Zeit verschmolzen die Siedlung bei der Burg und das Fischerdorf, in welchem jetzt die Kaufleute überwogen. Man nannte den schnell wachsenden Ort bald nur noch Kaufmannshafen und im Jahre 1254 wurde ihm das Stadtrecht verliehen. Aus der Bezeichnung Kaufmannshafen entstand im Laufe der Zeit ein neuer Name: Kopenhagen.
Begegnung im Wald
Für Christian wirkte die Erinnerung an den ersten Feldzug gegen die Ranen inzwischen so weit entfernt wie die Kindheit und wenn er mit seinem heutigen Wissen daran zurückdachte, so konnte er kaum glauben wie naiv und unerfahren er vor noch so kurzer Zeit gewesen war. Er war jetzt nicht nur erwachsen, sondern auch ein gestandener Ritter, der mehr Schlachten geschlagen hatte, als viele der Älteren. Ob er wollte oder nicht, die Ereignisse hatten ihn zu einem Krieger gemacht, nur so hatte er überlebt.
Nachdem Ende August 1166 beim Hoftag auf der Boyneburg der Versuch Kaiser Friedrich Barbarossas, die Gegner Heinrichs noch vor seinem Italienfeldzug zu einem Waffenstillstand im Reich zu bewegen, endgültig gescheitert war, musste der Herzog sich zwangsläufig
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