Svantevit - historischer Roman (German Edition)
noch sehr in Eile!"
"Wir wollen jetzt aufbrechen", sagte er, während er sich etwas Heu nahm und dies einem der Schafe hinhielt, "Wenn du glauben solltest, dass mein Angebot nicht ernst gemeint war, …"
"Dein Angebot?", fragte sie, "Ach du meinst, dass ich deine Sklavin werde."
"Das habe ich nicht gesagt!", protestierte Christian, "Du wärst frei, zu tun und zu lassen, was du magst. Denk doch an den Jungen."
"Ich denke an niemanden anders! Sagtest du nicht, dass ihr in den Krieg zieht? Ich werde diesen trostlosen aber sicheren Ort doch nicht gegen solche Gefahren eintauschen. Gerade wegen meines Sohnes! Und überhaupt, dein Interesse macht mich misstrauisch."
"Krieg. Was du dir vorstellst! Es wird allenfalls ein kurzer Feldzug. Aber, wenn dir das solche Angst macht, kann ich vielleicht später noch einmal vorbeischauen. Zur Sommersonnenwende werden wir bereits wieder von Rügen zurückkehren."
"Rügen!?"
Der große Krug mit der frisch gemolkenen Milch zersprang krachend.
"Was hast du? Stimmt etwas nicht?"
"Mit mir ist alles in Ordnung. Aber wenn du nicht sofort beiseite trittst, wird dein Hosensaum mit Milch getränkt."
"Zu spät!"
"Oh, wie schade um den edlen Stoff. Ich könnte es auswaschen."
"Nein, nein. Das ist nicht nötig. Ich kann doch hier nicht meine Hose …"
"Nicht hier. In eurem Lager. Du wirst doch sicher noch mehr Beinkleider besitzen."
"Im Lager?"
"Oder wo immer dein Quartier ist. Auf einer Burg?"
"Ist was passiert?", fragte Ronald, der plötzlich im kleinen Tor stand, "Was hat denn hier so laut gescheppert?"
"Nichts von Bedeutung. Sag den Männern, dass es nun weitergeht", erwiderte Christian, woraufhin Ronald sich sichtlich erleichtert abwandte, "Ach, bevor ich es vergesse, diese junge Frau und ihr Sohn werden uns begleiten. Mach dies doch bitte auch dem Bauern klar."
"Aber ich spreche doch kein …"
"Sprechen? Mach es ihm klar! Auch, dass man keine Kinder schlägt. Zeig ihm, wie weh eine Ohrfeige tut. Oder zwei, oder drei. Aber bring ihn bitte nicht um!"
Der Angriff
Radik saß auf der Wiese vor seiner Hütte und kaute auf einem Grashalm. Dem langen Winter war ein verregneter Frühling gefolgt. Aber jetzt, zur Mitte des Jahres, war das Wetter angenehm.
Am Morgen hatten Radik schlechte Nachrichten erreicht. Von Händlern waren Gerüchte zu vernehmen gewesen, dass sich an den Küsten Dänemarks eine gewaltige Flotte versammelt hatte. Es habe geradezu den Anschein, als sei dort sämtliches dänische Kriegsvolk zusammengekommen, wurde berichtet.
Radik blickte in die Sonne und schaute danach zu den ruhigen Baumwipfeln. Es war fast windstill. Kein Lüftchen, das die Segel der Dänen blähen würde. Aber wie viel Zeit blieb noch?
Auf einmal legte sich ein Arm von hinten fest um Radiks Hals, ein anderer Arm presste sich gegen die Augen und nahm ihm die Sicht. Er hatte keine Geräusche vernommen und konnte auch jetzt noch nichts hören.
Langsam griff er hinter sich, packte fest am Leinzeug und hob seine kleine Tochter über sich hinweg. Er löste ihre Arme, richtete sich auf und ließ sie kopfüber baumeln.
"Du kannst mich doch nicht so erschrecken", sagte er, während sie mit rotem Gesicht lachte.
Er ließ sie noch ein wenig zappeln und setzte sie anschließend hinunter. Doch das Spiel schien ihr zu behagen. Sie machte sofort Anstalten, ihren Vater erneut anzugreifen und Radik war über diese kleine Ablenkung nicht böse.
Laja war jetzt drei Jahre alt und ein lebhaftes Kind. Ihr übermütiges, manchmal wildes Treiben brachte der Kleinen mitunter mahnende und schimpfende Worte von Radiks Schwester ein, die sich oft um die Kleine kümmerte.
"Ach, hier steckt hier!", rief Rusawa, die anscheinend schon nach Laja gesucht hatte.
Die Kleine verkroch sich hinter Radik, wusste sie doch, dass die Tante sie zum Mittagsschlaf holen wollte.
"Tob ruhig noch ein wenig mit ihr", sagte Rusawa zu Radik, "Dann fallen ihr die Augen nachher zu, sobald ich sie hingelegt habe."
Laja lief ein paar Schritte weg, guckte argwöhnisch auf die Tante und stellte beruhigt fest, dass diese in der Hütte verschwand.
"Nur nicht zu früh freuen. Du wirst deinem Schicksal nicht entgehen", sagte Radik, während er seine Tochter auf den Arm nahm und ihm durch den Kopf ging, dass dieser Satz auch für ihn selbst gelten mochte.
Was wäre, wenn die Händler Recht hätten und die Dänen tatsächlich mit solch einer großen Streitmacht anrücken würden? Keine Frage, sie würden sich verteidigen!
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