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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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konnte man aber nicht einfach laufen lassen. Zum einen würden sie, wenn sie plötzlich ohne ihre Reiter wieder auftauchen würden, die sich jetzt anscheinend noch in Sicherheit wiegenden Ranen unnötig aufscheuchen, zum anderen besaßen sie einen erheblichen Wert, auf den Ronald als neuer Besitzer nicht verzichten wollte, zumal ihnen eines der von Manfred entliehenen Pferde leider verloren gegangen war. Da man sie aber auch nicht mitführen konnte, schränkte Ronald ihre Bewegungsfreiheit in bewährter Weise durch lockere Fesselung der Vorderläufe ein und überließ sie dann, in der Hoffnung, sie auf dem Rückweg wiederzufinden, sich selbst. Danach ritten sie vorsichtig am Waldrand entlang in Richtung Osten, wo sich die Siedlung, die sie erkunden sollten, befand. Zerberus war dabei eine unbezahlbare Vorhut, sodass es beinahe unmöglich erschien, in einen Hinterhalt zu geraten oder unbemerkt auf einen Vorposten zu stoßen. Nachdem sie eine ganze Weile geritten waren, endete, fast gleichzeitig mit dem Sumpf zu ihrer Linken, auch der Wald und die einige hundert Meter breite Landbrücke durch das Moor, erweiterte sich zu einer riesigen, freien Ebene. Mit einem Male konnten sie das Geräusch der Brandung ganz leise im Hintergrund erahnen und ein salzig frischer Seewind blies sanft in ihre Gesichter und ließ die Blätter in den Baumkronen über ihnen rascheln. Von der Stelle aus, an der sie jetzt verharrten, hatten sie einen hervorragenden Überblick über das leicht abfallende Gelände. Ganz am Horizont gab es wieder Wald, davor aber befand sich ein dunkles, bläulich schimmerndes und glitzerndes Band, von weitem dem nächtlichen Sommerhimmel gleichend. Das war also schon der Sund, sie waren die ganze Zeit über näher an ihrem Bestimmungsort gewesen, als sie gedacht hatten. Es waren sogar einige Menschen zu erkennen, ganz klein und in ziemlicher Distanz, wie sie der Feldarbeit nachgingen oder Vieh hüteten. Zu ihrem Glück waren die drei noch im Schatten des Waldes geblieben, denn wen sie sahen, der hätte auch sie mit Leichtigkeit ausmachen können. Zwischen den Bäumen fühlten sie sich aber ausreichend getarnt. Zwischen der Flur und dem dahinter liegendem Wasser erstrahlte im Licht der gleißenden Sonne viel größer, prächtiger und geschäftiger, als sie hier, in dieser unchristlichen Gegend je für möglich erachtet hätten, die Ortschaft Stralow, das Ziel ihrer Unternehmung.
     
    Der Platz, auf dem Stralow sich befand, wurde schon seit endlosen Zeiten besiedelt. Gleich nach der letzten Eiszeit, die diese Landschaft geformt hatte, ließen sich hier die ersten Menschen nieder. Jäger und Sammler die langsam sesshaft wurden und anfingen Ackerbau zu betreiben. Später kam der Handel dazu und so entwickelte sich eine Oase des Wohlstandes im sonst eher kargen Vorland Rügens.
    Der Ort lag friedlich in den rotgoldenen Strahlen der untergehenden Sonne, die sich in den unzähligen, kleinen Wellenkämmen der Meerenge funkelnd spiegelte. Die Unbesorgtheit, mit der die Ranen ihren täglichen Verrichtungen nachgingen, erstaunte die drei heimlichen Beobachter. Nichts deutete darauf hin, dass man sich vor einem Überfall fürchtete und zu Verteidigung oder Flucht bereit war. Außer der üblichen Wehranlagen, einige Gräben und Zäune, waren keinerlei Aktivitäten auszumachen, die auf eine erwähnenswerte Gegenwehr bei einem Angriff schließen ließen. Das war alles, was sie sehen wollten und so machten sie sich so schnell wie möglich auf den Rückweg, um das inzwischen wahrscheinlich schon wieder nach Westen ziehende Heer rasch einzuholen. Wenn sie jetzt im Eiltempo durchritten, versprach ihnen Diederich, der den Weg um die Sümpfe kannte, vier bis fünf Stunden Schlaf, ehe sie bei Morgengrauen zu ihrer Rückkehr hierher aufbrechen würden.
    Zu ihrem Glück war das Lager noch nicht sehr weit gekommen und als sie ungefähr drei Stunden scharfen Rittes nach dem Passieren ihrer alten Raststätte den Schein der nächtlichen Lagerfeuer ausmachten, ging es gerade gegen Mitternacht. Diederich kümmerte sich um alles, was bis zum Abmarsch noch erledigt werden musste. Er informierte Herzog Heinrich, der ihn zu seiner Schlafstätte vorließ und höchstselbst anhörte, über das, was sie gesehen hatten. Der Welf hatte nicht vor, sich persönlich an dem Beutezug zu beteiligen, dazu schien die Gans, die es zu rupfen galt, nicht fett genug. Vor allem sollten sich seine ritterlichen Lehnsmänner für ihren Einsatz schadlos halten, er

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