Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
nutzen sie. Wenn der Bürger nicht an Sachfragen interessiert ist und nur seinem Amüsement nachjagt, funktioniert das ganze System nicht. Nur mit geschulten Bürgern kann es gut gehen«, betonte Mr Smith.
»Dafür ist meine Frau zuständig«, lachte Sven.
Beide schmunzelten, aber Mr Bradwick wollte zurück zum Thema. »Dann können wir uns ja der nächsten Aufgabe von Mr Larsson widmen.«»Unsere Abreise verzögert sich etwas. Der Agent kann erst zwei Tage später eintreffen«, erklärte Sven Sabrina und Ingrid.
»Entschuldige, lieber Bruder: Welcher Agent?«
»Mr Gordon, Abgeordneter des Parlaments von Connecticut und Kaufmann, soll für den Kongress in der französischen Karibik um materielle und ideelle Unterstützung werben und gleichzeitig Handelsbeziehungen aufbauen, um vor allem Pulver, aber auch Waffen und Bekleidung für unsere Truppen zu beziehen.«
»In die Karibik also!«, betonte Sabrina sinnend. »Das wird dann aber eine längere Reise als die vorige. Und gefährlicher ist sie auch bei den Krankheiten und Stürmen.«
Ingrid packte Sabrina auf einmal fest am Arm. Ihr Gesicht war verzerrt, und sie blickte durch Sven hindurch.
»Ich sehe ihn!«, stieß sie mit heiserer Stimme hervor. »Er kommt gesund und erfolgreich heim. Sabrina lacht ihn an und zeigt auf eine Wiege. Er strahlt glücklich.«
Ingrid brach ab, blickte verwirrt um sich.
»Ich gehe mal rein«, sagte sie unvermittelt, »ich muss einen Schluck trinken.«
Sven blickte Sabrina irritiert an. »Sie hat doch seit Jahren nicht mehr ihre Visionen gehabt. Wieso denn jetzt?«
Sabrina überlegte. »Ich habe sie noch nicht so erlebt. Ich weiß es nur aus Erzählungen. Aber sie ist sehr aufgewühlt seit einigen Tagen. Sie ist über beide Ohren in einen jungen Arzt verliebt, der neulich eines unserer Kinder in der Schule behandeln musste. O Sven! Wenn es stimmen würde! Das bedeutet, dass du behütet wirst und ich ein Kind empfangen habe.«
Sven lächelte sie an. »Oder noch empfangen wirst, Liebste. Wir haben noch ein paar Tage Zeit, um auf Nummer sicher zu gehen. Wir sollten nicht länger warten.«
Der erste Salut
(Juli–Dezember 1776)
Ingrid war noch ganz erfüllt von Szenen des Unterrichts, den sie einigen Mädchen zusätzlich erteilt hatte. Die Mädchen kamen aus Familien, die erst kürzlich eingewandert waren und noch Schwierigkeiten mit der englischen Sprache hatten. Aber sie waren sehr willig und extrem dankbar. Ingrid musste lächeln, als sie daran dachte, wie alle Kinder sie auf einmal umarmen wollten.
Dabei rannte sie einen alten Mann fast um.
»Immer langsam, Miss Larsson«, wehrte er sich lächelnd. »Lassen Sie einen alten Mann noch ein wenig leben.«
Ingrid erkannte ihn. Das war der alte Hausmeister der Schule, die sie als Kind besucht hatte. »Onkel John« nannte ihn alle Welt.
»O Verzeihung, Onkel John! Ich war so in Gedanken. Es ist Ihnen doch nichts geschehen?«
»Aber nein, Miss Larsson. Ich halte schon noch etwas aus. Sie haben wohl daran gedacht, wie es sein wird, wenn sie das schöne Haus ganz allein haben, vielleicht noch mit einem Ehemann.« Er lächelte schelmisch.
»Ich weiß überhaupt nicht, was Sie meinen, Onkel John. Wieso sollte ich das Haus allein haben?«
Onkel John kratzte sich an den Haaren und blinzelte verschmitzt.»Onkel John weiß alles. Er weiß auch, dass Ihre Stiefschwester Sabrina ihren und den Anteil ihres Mannes am Haus an die Bank verkaufen will. Wenn ein gewisser Herr Doktor genug Geld hat, könnten Sie die Anteile dort zurückkaufen und allein im Haus sein.«
Ingrid war ein wenig rot geworden, als er den »Herrn Doktor« erwähnte.
»Ich habe schon oft gehört, dass Sie alles wissen, Onkel John. Aber mit Sabrina haben Sie sich geirrt. Die will eher mich auszahlen, als dass sie ihre Anteile verkauft.«
Onkel John blickte eigensinnig. »Aber ich habe es selbst bei Jimmy Wilder gehört, der bei Gericht als Schreiber arbeitet. Sabrina war bei ihm und hat die Übertragung ihrer Rechte und der ihres Mannes an die Bank beantragt. Morgen soll die Unterzeichnung sein. Ich habe Sabrina selbst aus dem Gericht gehen sehen und Jimmy gefragt, was sie dort wollte.«
»Wann war das?«
»Gestern Vormittag.«
Ingrid triumphierte. »Sie kann es nicht gewesen sein. Sie hat den ganzen Vormittag in der Klasse neben mir unterrichtet.«
Onkel John blickte ratlos. »Aber ich hab sie doch gesehen. Oder hat sie eine Doppelgängerin?«
Als er dieses Wort erwähnte, wurde Ingrid stutzig. Ihr Bruder hatte
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