Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
aus Opas Einkünften sorgenfrei mit ihren Kindern leben, aber zum Bezahlen des Schulgeldes für das College und Internat für Sven reichte es nicht.
Sie fragte Björn, ob er ihr einen Zuschuss geben könne. Sven würde es später zurückzahlen.
»Nein, liebe Schwägerin«, antwortete er. »Das kann ich nicht. Ich muss in der Bäckerei neue Maschinen anschaffen, um der scharfen Konkurrenz gewachsen zu sein, und ich muss einen Gesellen zusätzlich einstellen. Da habe ich keinen Penny übrig. Und ich meine auch, dass Sven alt genug ist, um endlich sein Geld selbst zu verdienen. Meine Brüder und ich haben in dem Alter schon Geld heimgebracht.«
Astrid fragte Sven ganz verzweifelt, was sie denn nun noch tun solle. »Du bist doch so begabt. Du könntest Anwalt oder Richter werden und ein angesehenes Leben führen.«
Aber Svens Einstellung hatte sich nach dem Bostoner Massaker und dem dadurch ausgelösten Tod seines Großvaters verändert. »Mutti, dann müsste ich immer mit den englischen Behörden zusammenarbeiten, ihre Gesetze vertreten und nach ihnen handeln. Das will ich nicht. Ich werde nie vergessen, dass Opa durch ihre Brutalität den Tod erlitt. Ich möchte seinen Herzenswunsch erfüllen und zur See fahren. Dort werde ich die Freiheit finden, von der er immer schwärmte. Und wenn er vom Himmel herabschaut, wie alle immer sagen, wird er zufrieden sein.«
Astrid war traurig, aber Sven hielt an seinem Entschluss fest. »Lass ihn nur, liebe Tochter«, tröstete die Oma sie. »Mein Ingmar war so glücklich in seinem Beruf, und er sagte immer, dein Sven könne einen guten Kapitän und sogar Reeder abgeben. Du hast doch auch noch unsere liebe Ingrid hier zu Hause, und ich brauche euch doch auch in meinem Alter.«
Auch Mr Bradwick sprach Astrid Mut zu. »Ich werde den Wunsch meines Freundes erfüllen und Ihnen stets zur Seite stehen, liebe Frau Larsson. Und wenn Ihr Sohn den Wunsch seines Opas erfüllen undzur See fahren will, dann werde ich ihm eine gute Stelle verschaffen. Heute will ich ein Vermächtnis meines Freundes einlösen und Ihnen eine Seekiste übergeben, die ich für ihn aufbewahren und dann Sven übergeben sollte. Mein Kutscher bringt sie gerade ins Haus.«
Als Sven die Kiste öffnete und die vollständige Ausrüstung für einen Seemann mit dem Ölmantel, dem Teleskop und so vielen anderen sorgfältig und fachkundig ausgewählten Sachen sah, stiegen ihm die Tränen in die Augen.
»Ich werde Opa nicht enttäuschen, und ich werde auch immer wieder zu dir und Ingrid zurückkehren, liebe Mutter. Gib mir deinen Segen, wenn ich zur See fahre.«
Astrid nahm ihn in die Arme. »Es soll wohl so sein. Mögen meine Gebete und die Gedanken deines Vaters und deines Großvaters dich in Wind und Wellen behüten, mein lieber Sohn.«
Die erste Reise mit
der Victoria
(Mai 1770–August 1770)
Die Straßen der kleinen Stadt Gloucester waren noch fast menschenleer, als eine zweirädrige Kutsche sie in aller Morgenfrühe in westlicher Richtung verließ. Mr Bradwick saß schweigend neben Sven. Seine knochigen Hände lagen auf dem Griff seines Gehstockes.
Sven hatte sich im Haus von Mutter, Oma und Ingrid verabschiedet, weil Mr Bradwick strikt abgeraten hatte, dass Astrid ihren Sohn zum Schiff brachte. »Er ist zwar ein groß gewachsener junger Mann, Frau Larsson, aber es ist sein erster Abschied von seiner geliebten Mutter für längere Zeit. Das ist immer mit Tränen verbunden. Und Seeleute sind eigentlich sehr sentimental, wollen das aber immer hinter einer rauen Schale verstecken. Wenn ein neuer Schiffskamerad heulend an Bord kommt, wird er den Spott für Monate nicht los. Ersparen Sie ihm das!«
Sven hatte tatsächlich noch die Augen voller Tränen, als sie die Häuser hinter sich gelassen hatten, und Mr Bradwick wollte ihn ablenken. Da griff er wieder ein Thema auf, bei dem er seinen Stolz auf die Erfolge der neuen Heimat vermitteln konnte.
»Dein Großvater wäre glücklich, wenn er diesen Tag erleben könnte, Sven. Du gehst jetzt auf ein Schiff, das in Amerika konstruiert wurde. Unsere Kolonien bauen inzwischen fast ein Drittel aller Schiffe, dieunter der Flagge des britischen Weltreichs segeln. Und schau dich nur um! Hier am Delaware in und um Philadelphia werden die meisten der großen seefahrenden Schiffe gebaut. Wir haben in Amerika die besten Eichen für den Rumpf, die besten Fichten für Masten und Rahen und alles Zubehör, das man braucht. Und wir bauen die Schiffe um die Hälfte billiger als in
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