Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
Holzbottiche mit dem Frühstück. Sven musste würgen. »Nimm dir da den Topf. Kotz ja nicht auf den Boden!«, fuhr ihn Robert an.
»Komm, Sven, trink etwas Tee ohne Zucker, und kau ein wenig Brot. Es ist kein schlimmer Sturm. Heute Abend ist alles vorbei.«
Sven brachte außer Tee nichts hinunter, aber er genoss die trockene Kleidung. Allmählich beruhigte sich sein Magen. Aber dann musste er wieder an Deck. »Komm, wir sollen dem Rudergänger helfen«, instruierte ihn Adam.
Am Ruder standen jetzt vier Mann. Zwei wurden abgelöst. Sven griff mit Adam in die Speichen. »Mach nur mit, was ich mach und dir sage«, befahl ihm Adam.
»Gegensteuern! Gut so! Und wieder gegenhalten! Nachlassen!« Sven folgte Adams Bewegungen wie sein Schatten.
Neben dem Ruderhaus gab der Obersteuermann mit einer Sprechtrompete Befehle. Er hatte sich mit einem Tau am Mast festgebunden und schien sich nichts weiter aus dem Schwanken und Stampfen des Schiffes zu machen.
Nach einer Zeit, die Sven endlos erschien, wurde er mit Adam abgelöst. Sie hangelten sich an Tauen unter Deck. Der Ölmantel hatte die Gischt und die Wasserspritzer auch nicht alle abgehalten.
»Reib dich trocken«, riet ihm Adam. »Hast du noch trockene Sachen?«
Sven hatte noch ein Hemd und einen Pullover. Das zog er an. Die anderen Sachen hängte er auf. Ihr Logis sah aus wie eine Wäscherei. Wann die Sachen trocken sein würden, wer konnte das wissen.
»Leg dich ein bisschen hin. Du hast jetzt Freiwache und wirst an Deck nicht benötigt«, sagte Adam. Sven folgte seinem Rat und fiel in eine Art Halbschlaf. Sein Magen beruhigte sich.
Als Adam ihn an der Schulter rüttelte, schien auch das Schiff nicht mehr so stark zu schwanken. »Komm! Wir sind wieder dran!«
Der Sturm hatte nachgelassen. Sven hatte Hunger und fühlte sich schlapp, aber er fühlte sich nicht mehr so elend wie am Morgen. Er konnte wieder in die Wanten, setzte mit Adam und Karl Segel und konnte lachen, als ihm Karl Scherzworte zurief. Er war ein wenig stolz auf sich, dass er es jetzt besser packte.
Als ihre Wache endete, war der Sturm nahezu abgeflaut. Die Victoria setzte erneut fast alle Segel. Sven konnte wieder essen. Die anderen schienen ihn jetzt als einen der ihren zu sehen. Sie warfen ihm Scherzworte zu und fragten ihn nach seiner Familie aus.
Karl erzählte von seiner Jugend in Germantown. Sein Vater war vor den Schikanen eines Gutsherrn in die Freiheit der neuen Welt geflüchtet und lebte jetzt als Arbeiter in einer Mühle ärmlich, aber zufrieden. Karl liebte das Leben auf See und schwärmte Sven von den Inseln in der Karibik vor.
»Kannst du für mich einen Brief schreiben? In Charleston können wir Post aufgeben, wenn wir dort anlegen.« Sven war gern dazu bereit, musste aber eingestehen, dass er selbst noch gar nicht an diese Möglichkeit gedacht hatte.
So teilte er seine Freizeit mit Briefschreiben für sich und Karl und mit der Lektüre von Defoes »Robinson Crusoe«, den ihm seine Mutterals für einen Seemann geeignete Lektüre geschenkt hatte. Karl musste den englischen Text vorlesen. Sven berichtigte die Aussprache und erklärte unbekannte Wörter, wobei er nur im Notfall auf deutsche Begriffe zurückgriff. So sicher fühlte er sich in der Sprache seiner Mutter auch nicht.
Nach einer Woche hatten sie Charleston erreicht, wo die Fracht von »Bow Mills« zu entladen war. Sven musste zum Kapitän.
Mr Preston begrüßte ihn freundlich: »Ich höre, du machst dich recht gut. Weiter so! Morgen sind wir einen Nachmittag und eine Nacht in Charleston. Am liebsten hätte ich die Fracht auf den Kai gesetzt und wäre weitergesegelt, denn wir sind hinter unserem Zeitplan. Aber das hätte mir die Mannschaft übel genommen, und eine übel gelaunte Mannschaft ist für keinen Kapitän eine Hilfe. Also bleiben wir eine Nacht, und sie können etwas auf den Putz hauen.
Du kannst dir Hafen und Stadt ansehen, wenn du Adam als Begleitung akzeptierst. Hör auf ihn, und sei vorsichtig. In den Hafenstädten wollen viele die Seeleute nur ausnehmen. Und falls der Adam etwas mit Weibern vorhat, halte dich raus. Lass dich auch später nie mit Straßendirnen ein. Ich habe einen Freund jämmerlich krepieren sehen, weil er sich bei einer billigen Hure angesteckt hatte. Wenn du es nötig hast, geh in ein gutes und sauberes Bordell. Es kostet mehr, aber du hast eine Chance, gesund zu bleiben. Das hätte dir dein Großvater auch geraten.«
Sven stand an Deck, als sie in die Bucht einliefen.
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