Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
Svens Schwester Ingrid mit ihrem Mann auch zum Schlafen niedergelegt. Sie sprach mit ihrem Mann noch über seinen Tag in der Praxis, bei Hausbesuchen und in ihrer kleinen Klinik. Er hatte einige lustige Dinge erlebt oder gehört, und Ingrid lachte, als sie ihm lauschte.
Dann blies er das Licht aus, und sie schliefen bald ein. Es war nach Mitternacht, als Henry plötzlich hochfuhr, weil seine Frau neben ihm vor Entsetzen schrie. »Sven! Sven! Pass auf! Verrat! Sie liefern dich aus!«
Er hantierte mit Feuerstein und Stahl und brachte schließlich die Kerze zum Brennen. Ingrid saß aufrecht im Bett, stierte vor sich hin, zitterte und rief immer die gleichen Worte. Er rüttelte sie, und schließlich kam sie zu sich.
Sie sah ihn an. »Was war denn los?«
»Du hast immer nach Sven geschrien und von Verrat gerufen.«
Ein Schimmer von Erinnerung kehrte in ihr Gesicht zurück. »Ja, es war furchtbar. Sven war auf einem Boot und schlief. Ein britisches Kriegsschiff kam, und die Schiffer wollten ihn den Briten übergeben. Einer schrie: ›Du wirst gehängt!‹. Du weißt doch, dass sie ihn als ehemaligen Deserteur verfolgen?«
Henry nickte. »Es war ein böser Traum, Ingrid. Das hat nichts zu bedeuten.«
Aber er war nicht überzeugt von dem, was er sagte. Sie hatten ihm doch erzählt, wie Ingrids Ausstrahlung die Oma immer wieder aus ihrer fremden Welt in die Wirklichkeit zurückgeholt hätte und wie sie einmal vor Svens Fahrt in die Karibik auch in die Zukunft gesehen hätte. Hoffentlich blieb sein Schwager vor Verrat verschont.
Auf der Bermudasloop schreckte Sven zur gleichen Zeit aus dem Schlaf hoch. Mein Gott, dachte er, was hat die Ingrid nur gerufen. Dann sah er sie wieder. »Verrat! Sie wollen dich ausliefern!« Er atmete tief. Das war ein Albtraum gewesen. Und er wollte sich wieder auf die Seite legen.
Aber dann war er auf einmal hellwach. Ingrid konnte doch manchmaletwas sehen, was anderen verborgen blieb. Wenn Gefahr drohte? War die Sloop nicht auch dem jungen Bowne fremd vorgekommen?
Er weckte Joshua und Samuel. Mit kurzen Worten erzählte er seinen Traum.
Joshua hatte Ingrid mit der Oma erlebt und glaubte an ihren guten Geist wie auch an böse Geister. »Wenn das Ingrid war, sollten wir vorsichtig nachsehen, was da oben passiert, Sven.«
Auch Sven wollte das jetzt. »Hast du Kugeln dabei, Samuel?«
Samuel bejahte. »Drei oder vier habe ich immer in der Tasche, Sir.«
»Dann wollen wir uns leise hochschleichen.«
Sie kamen an einem Vorhang vorbei, hinter dem jemand schnarchte.
»Wahrscheinlich der Koch«, flüsterte Joshua. Dann waren sie am Niedergang. Es war eine wolkige, sternlose Nacht. Sven und Joshua hoben vorsichtig den Kopf aus dem Niedergang. Zweihundert Meter entfernt sahen sie die Positionslichter eines Schiffes von der Größe einer Dreimastbark. Eine Blendlaterne sandte Zeichen: kurz, kurz, lang, lang, lang, kurz.
Dann hörten sie die Stimme ihres Schiffers: »Es ist die Zeus! Gib ihnen das verabredete Signal, damit wir das Geschäft zu Ende bringen können. Ich möchte die Kerle von Bord haben.«
Sven und Joshua brauchten keine Worte. Die »Zeus« , das war die britische Fregatte, auf die sie damals in New York schanghait worden waren. Und was das für ein Geschäft war, konnten sie leicht erraten.
Sven linste umher. Ein Mann stand am Ruder. Der Kapitän mit dem anderen, der die Blendlaterne hielt, hielt sich nicht weit von ihnen neben dem Mast auf.
Sven zog Samuel an sich heran, zeigte zum Ruder und machte die Bewegung des Werfens. Dann zeigte er auf den Kapitän und tippte Joshua an. Er deutete noch auf den Mann mit der Blendlaterne und tippte an seine Brust. Dann legte er den Finger auf den Mund und zog sein Messer heraus.
Sie hatten keine Schuhe an und schlichen leise aus dem Niedergang. Samuel wandte sich zum Heck. Sven und Joshua krochen zum Mast.
Die tiefdunkle Nacht war ihr Vorteil. Und die Positionslampen der Sloop an Bug und Heck erleichterten ihnen auch ihr Vorhaben.
Jetzt hörte man von der Fregatte Geräusche, als ob ein Boot ausgesetzt wurde. Auch das Licht einer Laterne bestätigte die Vermutung. Nun wurde die Zeit knapp. Sven hielt seinen Mund an Joshuas Ohr.
»Nicht töten«, flüsterte er leise und schlich voran.
Jetzt richtete er sich hinter dem Mann mit der Blendlaterne auf. Er hielt ihm den Mund zu und schnitt ihm die Kehle durch. Schnell griff er nach der Blendlaterne, ehe der Mann sie fallen ließ. Der dumpfe Laut neben ihm deutete ihm an, dass
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