Sven Larsson Bd. 4 - Auf zu neuen Horizonten: Roman
Gespräch, obwohl der Pirat aussagewillig war. Aber er diente noch nicht lange auf der Dhau, und ihr Anführer war anscheinend sehr verschwiegen.
Als Sven mit Mr Singh wieder an Deck war, bat ihn Mr Singh noch um einen Augenblick Gehör. »Sir, nicht nur der Gefangene ist in Gefahr. Sie und Ihre Familie sind in viel größerer Gefahr. Die Piraten sind in diesen Gefängnissen nicht wirklich sicher verwahrt. Nachrichten gelangen fast problemlos hinein und heraus. Manche Gefangene können sich sogar freikaufen. Bitte bleiben Sie nicht lange im Hafen und lassen Sie Ihre Familie nie ohne starke Bewachung. Ihre Kinder sind so reizende Geschöpfe. Ich könnte es schwer ertragen, sie in den Händen dieser Ungeheuer zu sehen.«
Sven dankte dem Inder für seine so überzeugend vorgetragene Fürsorge. »Ich werde auch die Mannschaft anweisen, über die Angelegenheit strengstes Stillschweigen zu bewahren. Mein Gewissen kann ich leider nicht so leicht zum Schweigen bringen.«
Mr Singh nickte traurig. »Ich bin kein Krieger, Sir. Ich war zunächst entsetzt. Jetzt fange ich an, Sie zu verstehen und zu bewundern, denn ich spüre, wie es sie quält.«
In der Nacht fand Sven nur kurze Momente Schlaf. Oft stand er auf und ging mit Rocky an Deck umher und ließ ihn schnuppern und horchen. Er prüfte immer wieder, ob alle Posten aufmerksam waren. Die Wachen schimpften schon leise, sobald er vorbei war.
Als der Morgen graute, war auch Kapitän Bauer an Deck. Sie riefen Klarschiff aus. Bald waren alle Seemänner auf ihren Gefechtsposten und ihr Schiff segelte Pondichery entgegen. Der Franzose war nur hundert Meter von ihnen entfernt und ebenfalls kampfbereit. Kapitän Roger winkte ihnen zu.
»Dhaus backbord voraus! Vier Meilen!«
Alle sahen sich an. Auf diesen Ruf hatten sie gewartet.
»Ich steige selbst empor«, sagte Sven zu Kapitän Bauer und steckte sein Teleskop in die Jacke. Die Seeleute schauten zu und verkniffen sich ein Grinsen, weil Sven so langsam war. »Na ja«, meinte ein Leichtmatrose. »Er ist ja fast ein Greis.«
»Halt dein dämliches Maul, du Windelkacker!«, schimpfte sein Maat, der zwei Jahre älter als Sven war.
Als Sven sich auf die Rah setzte und das Teleskop einrichtete, erkannte er die sechs Dhaus. Zwei große waren darunter. Aber sie lagen dort irgendwie ratlos. Sie hatten keine Segel gesetzt, und er konnte auch keine Gefechtsbereitschaft erkennen.
Dann setzten die Dhaus Segel und schlugen einen Kurs ein, der sie von ihnen weg nach Norden führte. »Dhaus setzen Kurs Nord und fliehen!«, meldete Sven.
An Deck ertönte Hohngelächter. Sven stieg wieder herunter und besprach sich mit Kapitän Bauer.
»Denen ist wohl klar geworden, dass ihre Überraschung schiefgelaufen ist. Ein Kanonenduell mögen sie wohl nicht so sehr«, meinte Mr Bauer.
»Ich bin dafür, wir lassen sie laufen«, antwortete Sven. »Wir könnten ihnen vielleicht den Weg abschneiden, aber was bringt es uns, wenn wir kurz vor dem Ziel ein Gefecht beginnen? So etwas ist unberechenbar, und ich bringe uns lieber sicher in den Hafen.«
»Ganz meine Meinung. Übrigens, da sehe ich auch zwei Kanonenboote aus dem Hafen rudern. Das ist wohl alles, was die Franzosen auf Kapitän Rogers Bitten zur Hilfe schicken konnten. Die können erst recht nicht mit den Dhaus mithalten. Soll ich Kapitän Roger unseren Entschluss signalisieren?«
»Ja, bitte. Und ich erlöse meine Familie von der Angst«, entgegnete Sven.
Die Seinen erwarteten Sven voller Spannung in ihrem Fluchtraum beim Hospital. »Was ist?«, fragte Sabrina ängstlich.
»Die Dhaus fliehen. Wir laufen in den Hafen ein«, beruhigte sie Sven.
Sabrina stammelte: »Gott sei Dank!«, und schmiegte sich in Svens Arme. Die Kinder umklammerten sie beide.
»Alles ist gut geworden«, rief Lilian. »Ich bin so glücklich.«
»Können wir nach oben?«, fragte Henry.
»Ihr könnt in eure Räume, aber noch nicht an Deck. Die Männer sind noch an den Kanonen. Ich hole euch dann.« Gemeinsam stiegen sie die Treppe zu ihrem Quartier empor. Sabrina hielt Svens Hand und flüsterte: »Nun ist alles vorbei und wir sind gut angekommen.«
An Deck bat Sven Kapitän Bauer, die Gefechtsbereitschaft aufzuheben und die Mannschaft an Deck antreten zu lassen.
Als die Offiziere und Mannschaften vor ihm standen, sagte er mit ernster Stimme:
»Meine Herren Offiziere und Seeleute! Wir werden in Kürze anlanden und unsere Gefangenen den Behörden ausliefern. Glauben Sie aber nicht, damit wäre alles vorbei. Wir
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