Sven Larsson Bd. 4 - Auf zu neuen Horizonten: Roman
vorzustellen. Über acht Jahre war es her, dass sie mit ihrem Mann ausgewandert war. Als Sven nun seine Mutter aus dem Haus kommen sah, war alles anders. Er erkannte sie sofort und wusste doch, dass sie anders aussah. Es war komisch. Auf den ersten Blick schien sie unverändert. Die Veränderungen, die Falten, die schlaffere Haut, der steifere Gang fielen ihm erst auf, als er genauer hinsah. Ja, sie war älter geworden. Aber es war seine Mutter, die ihn so oft geherzt, geküsst und getröstet hatte. Seine liebe Mutter, die immer für ihre Kinder da war. Und in der Tür stand jetzt auf einen Stock gestützt, sein Schwieger- und Stiefvater. Sven hörte Sabrina neben sich schluchzen. Und dann liefen sie beide auf ihre Eltern zu.
Sie wollten sich gar nicht mehr loslassen. Tränen der Freude flossen. Ihre eigenen Kinder standen etwas ratlos daneben, bis Svens Mutter sich ihnen zuwandte. »Du bist meine liebe Enkeltochter Lilian, und du der Einar und du Henry, auch mein Enkelsohn.« Sie umfasste sie alle und drückte sie. Sabrina und Sven bemühten sich, Oma und Opa vorzustellen, aber die Kinder wussten längst, wer sie waren. Man hatte ja oft von ihnen gesprochen und sonst war niemand da. Aber was so besonders an Oma und Opa sein sollte, konnten sie noch nicht erkennen.
Sie waren lieb, sie freuten sich und nannten immer wieder ihre Namen. Aber was sollte es bedeuten, wenn sie auch immer nur »Oma« und »Opa« sagen würden? Auch Lilian, die ältere Schwester, wirkte etwas ratlos.
Wie gut, dass die Oma nun sagte: »Jetzt kommt aber rein, damit wir uns setzen und etwas trinken können! Wir haben ja auch Geschenke für die Kinder.«
Sie stolperten die paar Stufen hinauf, gingen durch einen Vorraum und traten in eine Stube ein. Die Mama führte den Opa, der es mit seinem Stock etwas schwerer hatte. Oma dirigierte sie zu den Stühlen, drängte sie, sich zu setzen, holte in Papier eingeschlagene Päckchen und drückte jedem Kind eines in die Hand.
Da gab es nur eines: schnell auszupacken und zu sehen, was in den Päckchen war. Sabrina half dem kleinen Henry ein wenig. Die neue Oma und der neue Opa schauten so genau zu, als wüssten sie nicht, was in den Paketen war. Und dann konnten es die Kinder sehen. Für jedes Kind waren Leckereien im Papier, Schokolade, Bonbons und Kekse und dann noch verschiedene Sachen. Für Lilian ein buntes Bilderbuch mit kleinen Geschichten, für Einar ein bunter Ball und für Henry ein wuscheliger Teddybär.
Die Kinder zeigten ihren Eltern voller Freude, was sie entdeckt hatten, und wurden ermahnt, sich bei Oma und Opa zu bedanken, und die beiden strahlten, als hätten sie Geschenke erhalten.
Als die Kinder abends in ihren Betten lagen, Henry schlief schon, als er hingelegt wurde, mussten Lilian und Einar erst noch einmal überlegen, was alles geschehen war. Sie hatten am Tisch gesessen, Kuchen gegessen und warme Milch getrunken. Die Eltern hatten mit den Großeltern geredet und sich immer wieder gegenseitig gefragt, wie es ihnen ginge. Sie waren alle durch das Haus gegangen und hatten sich die Zimmer angeschaut. Samuel, Walter und der junge Hans waren gekommen und hatten das Gepäck gebracht. Und immer wieder war erzählt worden. Sie hatten das Praxiszimmer vom Opa gesehen, der wirklich ein richtiger Arzt war wie Onkel Henry. Und dann waren auch eine Haushälterin und ein Kutscher da, die gestaunt hatten, wie groß die Enkelkinder waren. Und dann hatten sie wieder gegessen und die Oma wollte, dass sie immer noch mehr essen sollten. Und dann hatten sie sich ausgezogen, und Oma und Opa hatten sie wieder gedrückt und der Opa wollte ihnen am nächsten Morgen die Stadt zeigen.
Sie merkten es schon damals, dass es ganz wunderbare Tage waren. Ob der Opa nun mit ihnen durch die Stadt ging und ihnen die Läden zeigte, die Inhaber begrüßte, die über seine Enkelkinder staunten und oft genug kleine Geschenke für sie hatten, ob die Oma mit ihnen die Nachbarn besuchte, die ihnen ihre Tiere zeigten, die sie streicheln durften, ob sie in den Tierpark gingen, wo sie richtige Bären sehen konnten, die hier auch in den Wäldern lebten, es war alles so neu und spannend. Und Oma und Opa waren wirklich liebe Menschen, wie Mutti und Vati es immer gesagt hatten. Nie wurde es ihnen zu viel, wenn sie sie etwas fragten. Und die Oma zog immer wie ihr Vati die Augenbrauen hoch, wenn sie etwas nicht verstanden hatte.
Und jeder Tag war ein Besuchstag weniger. Wie würde es sein, wenn sie wieder ohne Opa und Oma
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