SWEET & SEXY: Hände auf meiner Haut
näherkommen. Sie hatten doch vereinbart, sich beide direkt auf den Weg zu machen und dann zu Hause in Ruhe zu reden. Nun machte ihr dieser Alex einen Strich durch die Rechnung. Wo blieb der Typ überhaupt? Endlich sah sie ihn hinter dem Papiercontainer an der nächsten Straßenecke auftauchen. Er trug eine Plastiktüte, scheinbar randvoll und schwer. Zwei Minuten später stand er vor der Tür, die Flo ihm öffnete. Interessiert beobachtete Valerie, wie Alex seine Schätze zu ihr in die Küche brachte und dort auspackte.
„Alles für zehn Euro?“, fragte sie ungläubig und starrte auf die vier Flaschen Weißwein, die vor ihr standen. Chardonnay, und gut gekühlt noch dazu. Das sah nicht nach Tankstelle aus. Alex grinste und wuschelte sich durch die Haare. Der weiß, dass er gut aussieht, dachte Valerie.
„Bei dem Italiener hier um die Ecke habe ich Kredit, da habe ich schon öfters als Aushilfe geholfen.“ Er zwinkerte Florian zu, der inzwischen auch wieder in die Küche gekommen war, und drückte ihm einen zerknitterten Geldschein in die Hand. An Valerie gewandt, sagte er: „Meine Karre wurde abgeschleppt, und Flo meinte, du hättest nichts dagegen, wenn ich hierbleibe. Tut mir leid, wenn ich störe.“ Jetzt sah er richtig zerknirscht aus.
Valerie öffnete die Schublade und zog einen Flaschenöffner hervor. Sie drückte ihn Alex in die Hand. „Es hat nichts mit dir zu tun, aber das Timing ist nicht so günstig, weißt du.“
Sie warf Florian einen vielsagenden Blick zu und holte drei Gläser aus dem Schrank. Offensichtlich hatten die Jungs vorher direkt aus der Flasche getrunken. Alex entkorkte einen Chardonnay und füllte die Gläser, dann packte er die restlichen Flaschen in den Kühlschrank. Er reichte Valerie und Flo ihre Gläser, griff sein eigenes und prostete ihnen zu. „Danke für das Asyl.“ Er probierte den Wein, nickte und nahm einen tiefen Schluck. Valerie tat es ihm gleich. Der Chardonnay war wirklich köstlich.
Sie blickte von einem Mann zum anderen. Gegensätzlicher konnten zwei Kerle wohl nicht aussehen. Flo hatte dunkle kurze Haare und einen modischen Vollbart. Seine Kleidung war schwarz, im Sommer wie im Winter. Einzige Ausnahme bildeten seine buntgeringelten Kniestrümpfe. Das hatte er mal bei einem Literaten gesehen, und als Student der Publizistik fand er das natürlich schick. Alex dagegen sah wie aus einem Bravo-Heft der Siebziger entstiegen aus: strubbelige Haare, lange Koteletten, hellgrüne Cordhose und Hemd mit Prilblumenmuster. Valerie dachte an das Konzert von Dieter Thomas Kuhn im letzten Jahr, zu dem Nette sie mitgeschleift hatte. Da hatten die Typen auch so ausgesehen. In Erinnerung daran musste sie grinsen.
„Oh, sie kann auch lächeln.“
Alex’ Bemerkung holte Valerie aus ihren Gedanken zurück. Sie blickte ihn offen an. Irgendetwas an ihm war sehr bemerkenswert, aber sie konnte noch nicht benennen, was es war. Der grüne Cord war es jedenfalls nicht. Seine Augen ruhten auf ihr, betrachteten sie mit einer Selbstverständlichkeit, als wären sie sich seit Jahren vertraut. Valerie räusperte sich, auf einmal etwas verlegen, und hielt ihm ihr Glas hin, obwohl es noch halbvoll war. Alex parierte trotzdem sofort und schenkte auch Florian und sich nach. Für einen Moment herrschte Stille; Flo fand als Erster die Sprache wieder. Er fasste Valerie am Arm und zog sie Richtung Wohnzimmer: „Los, Leute, ab vor die Glotze. Gleich läuft was von Tarantino.“
„Kill Bill?“ Alex klang interessiert und folgte den beiden mit Glas und Flasche. Flo schüttelte den Kopf und okkupierte den Sitzsack. „Nee, Jackie Brown .“
Valerie setzte sich aufs Sofa und zog die Beine an. Sie war ein bisschen enttäuscht, dass ihr Freund so offensichtlich auf Abstand ging. Im nächsten Moment ließ sich Alex direkt neben ihr in die Kissen fallen und seufzte zufrieden. Valeries Blick wanderte zu Flo, doch der beschäftigte sich mit der Fernbedienung und nahm keine Notiz von ihr.
Alex klopfte neben sich auf die Sitzfläche. „Du kannst ruhig deine Beine langmachen, siehst ein bisschen müde aus. Ich massier dir auch die Füße, wenn du willst. Also, wenn ich darf.“ Sein Blick wanderte zwischen Valerie und ihrem Freund hin und her. Flo murmelte etwas, das sich wie ein „von mir aus“ anhörte, und befasste sich weiter mit dem Fernseher.
So viel vermeintliche Gleichgültigkeit machte Valerie wütend. Was bildete sich Flo eigentlich ein? Energisch streckte sie die Beine von sich und legte
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