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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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ums College ausgedehnte Spaziergänge unternommen. Ich kann mich noch gut an die Herbstblätter erinnern, die in jenem Herbst besonders golden und rot leuchteten. Ich war drei Monate zuvor aufs College zurückgekehrt und hatte mindestens zehn Tage zuvor an Tripp geschrieben und ihm mitgeteilt, dass ich ein Kind erwartete. Jede Nacht saß ich in der Halle des Wohnheims neben dem Telefon, wartete auf seinen Anruf und kaute mir die Fingernägel ab. Ich versuchte, Geduld zu haben und abzuwarten, bis der Brief eintreffen würde. Ein paar Tage später versuchte ich mir einzureden, dass mein Brief bestimmt noch in der Halle von Sweetgrass liegen musste und nur darauf wartete, von Tripp abgeholt zu werden. Oder ich redete mir ein, dass man dich nach Bluff House geschickt hatte, um ihm den Brief zu geben. Aber so verging ein Tag nach dem anderen, und es kam weder ein Anruf noch ein Brief.
    Eines Tages kam ich von einem Spaziergang zurück ins Wohnheim. Ich weiß noch, dass es irgendwann am Nachmittag war und ich überhitzt und verschwitzt war. Das Baby war vielleicht so groß wie eine Erbse, aber es ließ mich seine Existenz deutlich spüren. Ich lief die Treppe hinauf, und als ich auf dem Absatz stehen blieb, um Luft zu holen, hörte ich ganz leise, wie jemand weinte. Plötzlich merkte ich, dass es in der Halle ungewöhnlich still war. Normalerweise war es um diese Zeit immer besonders laut und quirlig, weil die Mädchen vom Unterricht zurückkamen oder sich für den Abend fertig machten. Die Stille war seltsam. Falsch.
    Ich wusste, dass irgendetwas Schlimmes passiert sein musste, und spürte irgendwie, dass ich in Gefahr war. Ich lief den Flur entlang zu meinem Zimmer. Ein paar Zimmertüren standen offen, und ich sah die anderen Mädchen beieinanderhocken und leise tuscheln. Als ich vorbeilief, unterbrachen sie ihre Gespräche und blickten mich besorgt an.
    Meine Zimmertür war verschlossen, doch ich konnte trotzdem ein herzerweichendes Schluchzen hören. Vorsichtig öffnete ich die Tür und sah Adele, die auf ihrem Bett lag und in ihr Kissen weinte. In ihrer Hand hielt sie ein zerknittertes Telegramm.”
    Mama June schloss die Augen und rief sich den Nachmittag ins Gedächtnis zurück.
    “Adele”, sagte sie leise und schlich zu ihr wie zu einem verwundeten Tier. “Adele, ich bin’s. Mary June. Schatz, was ist passiert?”
    Adele hob den Kopf und blickte ihre Mitbewohnerin an. Ihre Schultern waren angespannt. Die Augen waren geschwollen und der Lidschatten verschmiert, was ihr Gesicht auf eine groteske Art leidend aussehen ließ. Sie sah Mary June stumm an und brach wieder in Tränen aus.
    “Er ist tot”, rief sie.
    Mary June starrte sie einen Moment lang mit offenem Mund an und fühlte Panik in sich aufsteigen.
    “Wer?”, fragte sie mit trockenem Mund, auch wenn sie tief in ihrem Herzen die Antwort längst kannte.
    “Tripp! Er ist tot, Mary June! Hier”, schluchzte sie und hielt ihr das Telegramm hin.
    Mary June stolperte zum Bett. Sie rang nach Atem, und in ihren Ohren rauschte es wie das Meer in einem Sturm.
    Sie widersprach Adele sofort. “Nein, das ist er nicht!”, schrie sie zurück.
    Adele schluckte ihre Tränen herunter. “Doch, das ist er. Lies das Telegramm!”
    Mary June sah Adele verständnislos an und starrte dann auf das zerknitterte Stück Papier in Adeles Hand. Sie wollte es nicht anfassen, nicht lesen, es nicht wahr machen.
    Ungeduldig streckte Adele ihr das Telegramm wieder entgegen, und endlich nahm Mary June es in die Hand.
    Zögernd blickte sie auf das zerknitterte, gelbliche Papier. Sie legte es auf ihren Schoß, strich es vorsichtig glatt und begann zu lesen.
    So wenige Worte für eine so wichtige Nachricht, dachte sie mit erstaunlicher Ruhe. Sie las die Worte, dann faltete sie das Papier so sorgfältig zusammen, als wollte sie gar nicht mehr damit aufhören, als könnte sie so noch eine letzte Hoffnung aufrechterhalten. Als sie wieder sprechen konnte, gab sie Adele das Telegramm zurück.
    “Da steht nicht, dass er … tot ist.”
    Adele schniefte laut und setzte sich auf. Sie griff nach einem Taschentuch auf ihrem Nachttischchen und gab ein lautes Seufzen von sich, das ihren Körper erzittern ließ. Stockend begann sie zu erzählen.
    “Ich habe zu Hause angerufen. Ich habe mit Daddy gesprochen. Er hat es mir gesagt.”
    Er hat es mir gesagt. Er ist tot
.
    Tripp war immer so lebendig gewesen … Mary June wurde plötzlich furchtbar kalt, und sie wäre am liebsten unter ihre Decke

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