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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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deine Tränen. Ich glaube, auch dein Herz. Und da bitte ich dich darum, hier wegzugehen? Du hast dich vor siebenundvierzig Jahren meiner erbarmt. Du hast mir ein Zuhause gegeben, deinen Namen, deine Ehre, und ich bewahre diese Geschenke in meinem Herzen. Aber ich glaube trotzdem, dass es besser so ist. Vergib mir, Preston, dass ich dich darum bitte”, sagte sie mit zitternder Stimme. “Vergib mir.”
    Preston setzte sich etwas auf. Der Stuhl erzitterte. Es kostete Preston unendlich viel Kraft.
    Mama June fuhr zusammen, schluckte ihre Tränen hinunter und verstummte. Sie sah ihn an. Auf seiner Oberlippe bildeten sich Schweißtropfen, als er mühsam seinen Mund bewegte.
    Mama June lehnte sich vor und hielt den Atem an.
    Er schloss die Augen und atmete tief ein. Dann öffnete er sie wieder und versuchte es noch einmal.
    “Alles.”
    Seine Lungen füllten sich wieder mit Luft, und mit größter Kraftanstrengung bewegte er seine Lippen.
    “Für.”
    Geschwächt, aber entschlossen bewegte er seinen Mund, um ein weiteres Wort herauszubringen.
    “Dich.”
    Erschöpft sank er in seinen Stuhl zurück.
    Mama June rang nach Luft und bedeckte mit der Hand ihren zitternden Mund.
    Alles für dich
.
    Die Missverständnisse, die siebenundvierzig Jahre lang zwischen ihnen gestanden hatten, waren mit diesen drei Worten weggefegt.
Alles für dich
. War das wahr? Hatte er sie in all dieser Zeit so sehr geliebt? Sie ließ ihre Hand sinken und merkte, wie sie zitterte. Und dann, als sie ihn suchend ansah, erkannte sie in seinen Augen, was er ihr mitgeteilt hatte.
    Es war nicht für Sweetgrass. Es war auch nicht für Tripp. Und es war nicht für die Kinder. Und vor allem war es nicht für mich. Alles, was ich getan habe. All meine Arbeit. Es war alles nur für dich
.
    Mama June war überwältigt. Sie fühlte sich nach langer Zeit gelöst von den Fesseln der Vergangenheit.
    Prestons Gesicht wurde feierlich, und seine Augen glänzten, als er wie zur Bestätigung den Kopf senkte.
    Mary June Blakely lehnte sich weit vor, legte ihre Arme um ihren Mann und ließ ihren müden Kopf auf seine Schultern sinken. Sie roch den Duft von Salbei und Eukalyptus, den sie auf immer mit ihm in Verbindung bringen würde, und sah zu, wie die Sonne allmählich am Horizont versank.
    * * *
    Der Herbst kommt ins Lowcountry. Nach den Hundstagen im August und wenn die Kinder vom Strand nach Hause geholt werden, kommt der September. Die Menschen des Lowcountry bleiben zu Hause und behalten den Himmel im Auge und ein Ohr immer am Radio, um die Sturmwarnungen zu verfolgen. Erst im Oktober, wenn die Hurrikan-Saison zu Ende geht, entspannen die Menschen sich wieder ein wenig und nehmen wahr, dass sich die Natur direkt unter ihren Augen allmählich verändert.
    Mit den Zugvögeln verschwinden auch die Touristen, die nach Norden fahren, um ein neues Schuljahr zu beginnen oder weil sie zurück an die Arbeit müssen. Doch die schönen Erinnerungen an Strandtage, Golfen, Angeln in den Bächen und Ausflügen zu den Sehenswürdigkeiten und den alten Plantagen nehmen sie mit sich.
    Mama June liebte den Herbst. Der Sommer war immer sehr unruhig, und jeder hatte viel zu tun. Im Herbst aber, wenn die Tage kürzer wurden, lockte die frische Luft zu Spaziergängen im Wald.
    Die Blakelys und die Bennetts waren auf Sweetgrass zusammengekommen, um sich mit dem staatlichen Archäologen zu treffen, der den Friedhof inspizieren wollte. Sie fuhren mit ihren Autos ein Stück die Straße hinunter, bis Elmore sie anhalten ließ. Den Rest des Weges mussten sie zu Fuß zurücklegen. Der Weg durch die Felder war in gutem Zustand, und Morgan konnte Prestons Rollstuhl für das letzte Stück über das Herbstlaub schieben. Als der Pfad zu Ende war, übernahm Elmore die Führung und schlug mit einem großen Stock einen Weg durch das Gehölz und an Wildblumen vorbei. Harry und Chas liefen neben dem Rollstuhl und halfen, wenn eine Wurzel über den Weg lief. Der Tag war trocken, die Luft angenehm kühl, und Preston lachte vor Freude, weil er endlich einmal wieder draußen in der Natur sein konnte.
    Mama June lächelte, weil sie sich für ihn freute. Der Tag war herrlich. Am Boden wuchsen bunte Wildblumen, über denen eine Fülle von leuchtenden Monarchfaltern, Perlmuttfaltern, gelben und schwarzen Schwalbenschwänzen und Gelblingen flatterte, die Mama June so mochte.
    Doch sosehr sie die Natur auch bezauberte, war sie überrascht, als sie an Nonas geheime Stelle gelangten.
    Auf dem Großteil des Weges

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