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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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in kurzen Locken. Doch das Wichtigste war, dass sie selbst immer noch die alte Nona war.
    Seine erste Erinnerung an Nona gingen zu der Zeit zurück, als er ungefähr drei oder vier Jahre alt gewesen war. Mit funkelnden Augen und erhobenem Zeigefinger schimpfte sie seinen Bruder Hamlin aus. Ham war viel älter als er, so um die dreizehn. Aber da stand er, mit gesenktem Kopf, wie ein reuiger Sünder. Bis zu diesem Moment war sein großer Bruder immer wie ein Prinz gewesen, ein unerreichter Held. Natürlich hatten seine Eltern ihm das nicht so vermittelt. Morgan wusste bis heute nicht, womit Hamlin Nona dermaßen gegen sich aufgebracht hatte, doch es musste damit zu tun gehabt haben, dass er mit Morgan im Boot hinausgefahren war. Ham hatte Morgan oft ohne Erlaubnis mitgenommen, aber Morgan war zu klein, um zu verstehen, was Nona so wütend gemacht hatte. Erst heute verstand er im Rückblick, dass es ein Omen gewesen war. Wie auch immer, für ihn war die Welt einen Moment lang stehen geblieben – denn er hatte gesehen, welche Macht Nona über seinen Bruder hatte.
    In gespielter Niederlage hob Morgan die Hände. “Ich habe nichts gesagt.”
    Nonas dunklen Augen blitzten triumphierend. “Sie wird sicher bald aufstehen. Hast du schon gefrühstückt?”
    “Ich hatte Orangensaft und ein paar Cornflakes.”
    Nona zog angewidert die Nase kraus. “Kein Wunder, dass du aussiehst wie eine Vogelscheuche. Ich frage mich, wie du so lange allein überleben konntest.”
    “Wer sagt denn, dass ich allein war?”
    Damit hatte er sie eiskalt erwischt, das konnte man ihrem Gesicht deutlich ansehen. Aber sie fing sich sofort wieder und erwiderte sein selbstgefälliges Grinsen mit einem festen Blick in seine Augen. “Das hättest du wohl gern. Welche Frau würde sich schon mit einem Tunichtgut wie dir einlassen? Komm in einer halben Stunde ins Haus. Ich mach ein paar Kekse und brat dir etwas Schinken. Und dazu gibt’s Kaffee”, fügte sie noch hinzu, weil sich alles in ihr nach ihrem Lieblingsgetränk sehnte.
    Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Morgan, als er Nona beobachtete, die die Stufen zum Haus hinaufging. Er hatte Nona noch nicht allzu häufig sprachlos gemacht.
    Stunden später trug Morgan die letzte Schicht grüner Farbe auf der Vordertür des Küchenhauses auf, als er einen Wagen die Auffahrt heraufkommen hörte, gefolgt von Blackjacks grimmigem Bellen. Der Hund erhob sich mühsam und stand unsicher auf seinen arthritischen Beinen. Ebenfalls steif geworden vom stundenlangen Streichen streckte sich Morgan und hielt sich dabei den Rücken. Er folgte Blackjacks Blick dahin, wo der Kies knirschte.
    Vom Haus her schlenderte eine große schlanke Frau in verschossenen Jeans und einer weißen aufgekrempelten Bluse den Kiesweg entlang. Sie wirkte entspannt und selbstbewusst, wie sie so mit schwingenden Hüften zu ihm herüberkam. Ihre riesige verschrammte Lederhandtasche stieß im Laufen in einem gleichmäßigen Rhythmus gegen ihre schmale Hüfte. Morgan blinzelte in die helle Mittagssonne und beobachtete die fremde Frau. Gegen das gleißende Licht schien ihr langes wild gelocktes Haar wie ein Heiligenschein, der die goldene Sonne einfing und festhielt.
    “Hallo”, rief sie. Ihre Stimme klang weich und melodisch.
    “Hallo”, antwortete er zurückhaltend, während sie unbekümmert näher kam. “Kann ich Ihnen helfen?”
    So aus der Nähe betrachtet beeindruckte ihre Ausstrahlung ihn. Die junge Frau strotzte nur so vor Lebenslust – diese Fröhlichkeit funkelte in ihren blauen Augen und erstrahlte in ihrem gewinnenden Lächeln.
    “Ich hoffe schon”, erwiderte sie und lächelte fröhlich. “Ich suche das Haus der Blakelys.”
    “Nun, da sind Sie hier genau richtig.”
    “Prima. Ich wusste nur, dass ich am Sweetgrass Gate abbiegen muss und dann zu einem einzelnen Haus komme.” Sie streckte die Hand aus. “Ich bin Kristina Hays. Die Agentur schickt mich.”
    Er blinzelte wieder. “
Sie
sind die neue Hilfe?”
    “Ja”, antwortete sie, und ihr Lächeln verschwand. “Ich komme doch nicht ungelegen?”
    Morgan hatte sich schnell wieder gefasst. “Aber nein, überhaupt nicht. Ich bin Morgan. Morgan Blakely.”
    Sie schüttelte seine Hand, und ihr fester Händedruck imponierte ihm.
    “Sie scheinen mich gar nicht erwartet zu haben”, stellte sie fest.
    “Nun ja, ich … ich habe wohl jemand anderen erwartet.” Er wusste gar nicht, was genau er erwartete hatte. “Sie sind so … jung”, fügte er lahm hinzu.
    “Das

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