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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Entscheidung gefällt, aber meine Meinung ist hier ganz offensichtlich nicht gefragt.” Sie warf Hank einen Blick zu.
    Hank stand auf und sah Nan auffordernd an. Sie gehorchte prompt. Adele stolzierte geradewegs aus dem Zimmer, gefolgt von Hank.
    Hilflos zuckte Nan mit den Schultern und lief dann ihrem Mann hinterher. Mama June hörte noch, wie sie von der Treppe nach ihren Söhnen rief und ihnen erklärte, dass sie aufbrachen.
    Mama June seufzte und erhob sich von ihrem Stuhl.
    “Lass sie gehen, Mama”, sagte Morgan.
    Das hätte sie auch am liebsten getan. Sie hatte tagelang ohne Unterlass dieses Essen vorbereitet und fühlte sich zutiefst erschöpft. In der Küche wartete ein Berg Geschirr auf sie. In diesem Augenblick war es ihr tief in ihrem Inneren eigentlich vollkommen egal, ob Adele ihre Entscheidung guthieß oder nicht oder dass sie einfach gegangen war und monatelang nichts von sich hören lassen würde, wie schon so oft. Nichtsdestoweniger war es ihre Erziehung, die sie aufstehen ließ.
    “Ich kann es nicht zulassen, dass ein Gast, noch dazu meine Schwägerin, im Bösen dieses Haus verlässt.”
    Und damit eilte sie ihr nach. Ihre Absätze klapperten auf den Holzdielen. Nan saß bereits im Wagen und stritt mit Hank. Auf der Veranda erwischte Mama June gerade noch Adele, legte ihr die Hand auf die Schulter und stoppte so den überstürzten Aufbruch.
    “Lass uns nicht streiten”, sagte sie zu ihrer Schwägerin.
    “Ich bin so wütend!”
    “Ich weiß. Es tut mir leid. Aber, Liebes, wir alle müssen jetzt zusammenhalten. Um Prestons willen. Er braucht uns alle.”
    Plötzlich drehte Adele sich um und umarmte ihre Schwägerin ganz fest. Augenblicklich fühlte Mama June sich in eine Zeit zurückversetzt, als die beiden Frauen noch dicke Freundinnen gewesen waren.
    Adele ließ sie los und blickte sie aus ihren dunklen Augen unverwandt an. “Denk noch mal drüber nach, Mary June. Bevor es zu spät ist.”
    Dann gab Adele sie frei und lief zu ihrem Auto. Aus seiner Hütte gab Blackjack ein wütendes Bellen von sich.
    Mama June hörte, wie die Außentür zufiel, und spürte kurz darauf, wie ihr Sohn seinen Arm um sie legte. Sie seufzte, lehnte sich an ihn und genoss den Kuss, den er sanft auf ihr Haar drückte.
    Sie sahen zu, wie Adele in ihrem schicken Jaguar abfuhr und, gefolgt von Nans Wagen, die Auffahrt hinunter entschwand. Ein paar Minuten standen sie noch so da und genossen die Ruhe, die nach dem Aufbruch wieder einkehrte. Jeder überdachte für sich, was gesagt worden war, erwog die Worte und ihre Bedeutung.
    “Auch dieser Sturm wird vorbeigehen”, flüsterte Morgan.
    “Ja, da hast du wohl recht”, antwortete sie, obwohl sie nicht wirklich daran glaubte. Alte Wunden waren wieder aufgerissen worden und würden eine ganze Weile brauchen, um erneut zu verheilen.
    “Vielleicht habe ich mir zu große Hoffnungen gemacht, dass es heute gut gehen würde. Ich wollte so, dass sie mich unterstützen und meine Entscheidung respektieren.”
    “Und sie werden dich unterstützen. Aber sie mussten erst mal Dampf ablassen.”
    “Da bin ich mir nicht so sicher. Adele kann sehr unnachgiebig sein, und sie hat keinen Sinn für das Kräftespiel in einer Familie, wo sie doch selber keine Kinder hat. Und Nan ist ein Schatz, aber sie gehorcht Hank bedingungslos.”
    “Sie ist wunderbar, doch sie hat kein Rückgrat.”
    Mama June antwortete nicht, weil sie fürchtete, dasselbe könnte man in den vergangenen Jahren von ihr gesagt haben.
    “Adele hat übrigens das Schälchen mitgehen lassen”, sagte Morgan und klang ausgesprochen amüsiert.
    “Was? Das Porridgeschälchen?”
    Er nickte und verzog angewidert den Mund.
    Mama June schüttelte den Kopf. “Es gehörte sowieso ihr.”
    “Willst du ihr das durchgehen lassen?”
    “Ach, vergiss das Ganze. Ich hatte es ihr ohnehin schenken wollen. Außerdem ist es nicht das Erste, was sie
mitgehen lassen
hat, wie du es nennst.”
    “Du machst Witze.”
    “Es waren nie wertvolle Dinge, jedenfalls nicht finanziell gesehen. Aber über die Jahre habe ich so manches Foto und das ein oder andere Stück Familiensilber vermisst oder ein Bild aus ihrem alten Zimmer. Lauter Sachen, die sie für ihre eigenen hielt. Sie
musste
sie haben, warum auch immer. Und ich habe gedacht, es sei das Beste, nichts darüber zu sagen.”
    Plötzlich nahm sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr und drehte sich um. Sie sah eine untersetzte Frau in einem geblümten Kleid und einem dunkelroten

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