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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Nan
.
    Darunter lag ein reich verziertes Taufhemd, das ihre Großmutter, ihre Mutter, sie selbst und Nan getragen hatten. Sie nahm sich vor, es an Nan weiterzugeben, damit sie es eines Tages ihrer Schwiegertochter geben könnte. Sie fand einige alte Fotos, manche in Farbe, manche in verblichenem Schwarzweiß. Darunter lagen ein paar Geschenke ihrer Kinder, die sie ihr gebastelt hatten, als sie noch klein gewesen waren – bunte Perlenketten, Bilder aus Wasser- und Acrylfarbe, unförmige Tonstücke, die ein Pferd, eine Ente oder eine Blume darstellen sollten, Muttertagsgedichte und andere sentimentale Schätze, die ihr glückliche Seufzer entlockten, als sie sich in Erinnerung rief, zu welcher Begebenheit sie sie bekommen hatte. Als sie drei kleine Silberkästchen hervorzog, von denen jede eine kleine Locke enthielt – dunkelbraun, blond und hellbraun –, stockte ihr der Atem.
    Zögernd legte sie sie beiseite und ging schließlich die Postkarten und Briefe durch, die auf dem Boden des Koffers lagen. Es waren all die Schreiben aus vielen Jahren, die eine besondere Bedeutung für sie hatten.
    Endlich fand sie, was sie suchte. Siedend heiß fiel ihr ein, wie sorgfältig sie das zartrosa Briefpapier mit den cremefarbenen Magnolienblüten in der Ecke ausgesucht hatte. Die abgegriffenen Briefumschläge wurden von demselben gelben Bändchen zusammengehalten, mit dem sie sie so viele Jahre zuvor zusammengebunden hatte. Mama June nahm die Bündel in die Hand und war überrascht, wie leicht sie in ihrer Hand lagen, obwohl sie für sie persönlich so viel Gewicht besaßen. Sie roch daran, doch das Parfum, das sie damals über dem Papier versprüht hatte, war schon vor langer Zeit verflogen. Plötzlich hatte sie es eilig, zog das Bändchen auf und ließ die Umschläge in ihren Schoß fallen. Behutsam ordnete sie sie nach dem Datum des Poststempels und legte sie der Reihe nach vor sich auf den Fußboden. Dann nahm sie den ersten Brief, faltete ihn auseinander und begann zu lesen.
    18. August 1957
    Liebster Tripp
,
    ich bin wieder zurück in Wofford, wieder mit Adele in einem Zimmer. Ich glaube, sie ist immer noch ein bisschen sauer auf mich, aber egal was du ihr gesagt hast, sie muss es sich zu Herzen genommen haben, denn wir sind wieder Freunde. Mehr oder weniger. Ich kann nicht verleugnen, dass ich noch immer verletzt bin, aber sie ist meine Freundin, und ich will, dass sie so glücklich ist wie ich
.
    Ehrlich gesagt, würde ich am liebsten zurück nach Blakely’s Bluff kommen, in dein Haus, zu dir. Ich möchte in deinen Armen aufwachen, selbst wenn ich auf dieser alten zerlumpten Matratze unter deiner mottenzerfressenen Decke liegen muss und von Millionen Mücken gestochen werde, die durch dein Fenster zum Frühstück hereinkommen. Das würde ich alles in Kauf nehmen, wenn ich nur bei dir sein könnte. Bald, hoffe ich
.
    Nein, ich habe Daddy noch nicht erzählt, dass ich nach Europa will. Aber bitte sei nicht böse! Ich will nur den richtigen Moment abwarten, damit er auch Ja sagt. Als ich letzte Woche nach Hause kam, war das ein ziemliches Durcheinander. Das kannst du dir bestimmt vorstellen. Meine Mutter wollte über nichts anderes reden, als dass ich mich fürs College fertig machen soll. Sie hat überhaupt kein anderes Thema drauf. Ich wünschte, sie würde ins College gehen, und nicht ich. Ich bin mir sicher, sie hätten Nein gesagt, wenn ich sie in dem Moment danach gefragt hätte. Aber Mama war schon immer dafür, dass ich mal nach Europa fahre. Vor allem nach Frankreich. Sie glaubt, da würde man mir ein bisschen Chic beibringen. Insgeheim wünscht sie sich, sie könnte selber fahren. Na ja, sie wird mich wahrscheinlich mit irgendeinem Austauschprogramm hinschicken oder auf eine Schule. Ich bin sicher, dass das alles wunderbar klappen wird. In ein paar Wochen fahre ich nach Hause und werde sie fragen. Du musst nur ein bisschen Geduld haben!
    Ich muss jetzt in den Englischunterricht. Wir behandeln gerade amerikanische Schriftsteller. Ich möchte mal wissen, wie oft ich diese ollen Geschichten von Nathaniel Hawthorne eigentlich noch lesen soll!?! Was meinst du, wie Dr. Durant reagieren würde, wenn ich “On the Road” zur Lektüre vorschlagen würde? Ha!
    Schreib mir bald. BITTE. Du fehlst mir!!
    Viele Umarmungen und Küsse
,
    Mary June xoxoxoxoxo
    24. August 1957
    Liebe Mary June
,
    hier hat sich die Lage inzwischen wieder beruhigt. Ich habe Mama nie zuvor so wütend gesehen wie am Morgen nach unserer Nacht in Bluff

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