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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Kein Gedicht oder Vers hätte es ausdrücken können. Mary June war eine Frau und wusste intuitiv, was zu tun war.
    Sie hob ihr Gesicht und schmiegte ihren kleinen zarten Körper an ihn, legte ihre Arme um seinen Nacken, öffnete leicht den Mund und ließ es geschehen.
    Mama June erwachte aus ihren Träumen, stand auf und lief ruhelos in ihrem Schlafzimmer auf und ab. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken, und ihr Herz raste. Die leichte Nachtbrise hatte sich gelegt, und die Luft draußen war ruhig und schwer vom Regen.
    Sie ging zum Fenster und stieß die Holzläden auf. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Der Halbmond schien hell vom Himmel, an dem sich die Wolken bedrohlich zusammenzogen. Wie so oft wanderten ihre Augen zu den vertrauten Umrissen der Sümpfe und der sich schlängelnden Bäche und dahinter zu den Umrissen von Bluff House.
    Sie konnte sich nicht zur Wahrheit zwingen. Die Wahrheit war sehr schwer zu fassen. Sie musste ihre Erinnerungen auf sich zukommen lassen wie die hereinkommende Flut. Ihnen nachgeben.
    In ihren Träumen kehrte die Erinnerung zurück an eine erste Nacht – und eine letzte –, so eindringlich und geheimnisvoll wie das unergründliche Marschland.
    Als wäre es erst gestern gewesen, erinnerte sie sich an die geschmeidigen Muskeln auf Tripps Brust an ihrer Wange, als sie in seinem großen Bett lag. Es stand so in dem Schlafzimmer von Bluff House, dass man durch die geöffneten Fenster, die die Nachtluft hineinließen, den Mond sehen konnte. Sie dachte daran, wie sie in den endlosen Himmel geblickt hatte und der sanfte Wind ihren nackten Körper gestreichelt hatte, und sie erinnerte sich an den regelmäßigen Herzschlag an ihrem Ohr, so beständig wie das Meer.
    “Ich möchte, dass diese Nacht niemals zu Ende geht”, sagte sie ihm.
    Sein Lachen hallte in seiner Brust leise wider, und zärtlich küsste er ihr Haar. Dann hielt sie ihn ganz fest und sagte ihm, dass sie für immer mit ihm in diesem Haus und in seinen Armen bleiben wollte.
    Und wenn er sie darum gebeten hätte, wäre sie geblieben.
    Aber er tat es nicht, und als mit der Klarheit der Sommersonne am nächsten Morgen der Tag anbrach, spürte sie, dass sich alles verändert hatte. Sie hatte nicht erwartet, dass Mrs. Blakely oder Adele so wütend reagieren würden, als sie durch das feuchte Gras geschlichen war, in der Hoffnung, unbemerkt in ihr Zimmer zu kommen. Sie hatte auch nicht damit gerechnet, dass man sie umgehend nach Hause schicken würde. Zwar war sie bei den Blakelys in Ungnade gefallen, aber wahrte dennoch ihr Gesicht, weil sie ohnehin ein paar Tage später nach Hause gefahren wäre, um für das neue Collegejahr zu packen. Der förmliche Abschied an der Haustür verlangte allen ein äußerstes Maß an Höflichkeit ab, und Mary June rechnete nicht damit, dass sie jemals nach Sweetgrass zurückkehren würde. Mr. Blakely hatte darauf bestanden, sie zur Bushaltestelle zu fahren. Adele war auf ihrem Zimmer geblieben.
    Als Tripp erfahren hatte, dass sie gegangen war, kam er wutentbrannt zur Busstation. Er fand sie auf einer Holzbank sitzend, geistesabwesend die Wand anstarrend, den Koffer wie zum Schutz vor ihre Schuhe gestellt. Ihr Mund blieb offen stehen, als sie ihn näher kommen sah. Wie ein Hurrikan kam er geradewegs auf sie zu, zog sie an sich und küsste sie ohne Rücksicht darauf, wer sie dabei beobachten könnte. Er raubte ihr sprichwörtlich den Atem.
    “Du bist gekommen”, rief sie, und Tränen rannen über ihre Wangen. Sie hatte nicht gewusst, was sie denken sollte, was sie hoffen sollte. Er war ihr Erster gewesen, und sie kannte die Geschichten. Und sie schämte sich so.
    Er hatte einen Kloß im Hals und sprach schnell. Er erklärte ihr, dass es ihm leidtäte, wie seine Eltern sie behandelt hätten, und dass er sich mit ihnen gestritten hätte, und dass es egal sei, was sie sagen würden, und dass sie sofort wieder mit ihm zurückkommen könne, wenn sie wolle.
    Tripp konnte impulsiv und aufsässig sein. Das gefiel ihr, und einen Augenblick lang dachte sie ernsthaft über die Möglichkeit nach, aber natürlich konnte sie nicht bei ihm bleiben. Es ging nicht. Beide wussten das. Auch wenn er nicht wissen konnte, wie viel es ihr bedeutete, dass er ihr das gesagt hatte.
    Mama June schloss nun die Augen und wühlte in ihrer Erinnerung, um herauszufinden, ob er ihr in all der Aufregung damals gesagt hatte, dass er sie liebte. Sie dachte, er hätte es

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