Sydney Bridge Upside Down
galoppiert, er muss schon an der Ofenhütte sein, ich versuche, es in den nächsten Stock zu schaffen, ich weiß, wenn ich mich umsehe, ist er hinter mir, ich sehe mich nicht um, ich muss in den nächsten Stock, und plötzlich habe ich es geschafft, ich liege auf dem Rücken, auf dem getrockneten Blut, meine Nägel graben sich in den Beton, ich habe Staub geschluckt, ich höre die Hufe (Und das hier, Caroline, ist die Schlachtetage, hier gibt es einen wirklich interessanten Raum. Hier müssen sie früher die besonderen Sachen gemacht haben, hinter der Stahltür mit den schweren Riegeln, dort durfte niemand rein, wenn sie die Kadaver zerlegt haben. Aber reingucken kann man. Ich habe nämlich ein Loch entdeckt, durch das man sehen kann. In dem Raum müssen besondere Dinge vor sich gegangen sein, sonst wäre das Loch nicht nötig gewesen. Kann man sich schon vorstellen, die großen Schlachter draußen, mit ihren Messern und Vorschlaghämmern, sie sehen sich an, und der eine fragt sich laut, was heute wohl in dem besonderen Raum vor sich geht, man könnte ja mal reinschauen, und der andere sagt, klar, geh schon, aber pass auf, es ist nicht erlaubt zu schauen. Er geht also rüber, vorsichtig, er achtet darauf, dass kein Aufseher etwas mitbekommt, nimmt den Ziegelstein da oben und zieht ihn heraus, dann greift er in das Loch und zieht den zweiten heraus, – siehst du, so – es funktioniert, er kann hineinsehen! Und was sieht er dort? Nehmen wir mal an, er sieht eine Leiche, ausgestreckt auf dem Tisch, ein Mann beugt sich mit einem Messer darüber, er summt vor sich hin und wirbelt das Messer kunstvoll durch die Luft, dann sticht er zu. Er lacht kurz auf. Oder etwas anderes: Der Mann am Guckloch beobachtet drei Schlachter, die Karten spielen, aber statt mit Karten spielen sie mit Koteletts und mit Nieren, sie pokern hoch und achten genau darauf, dass ihnen niemand in die Karten schaut, sie halten die Hand davor, fixieren einander, sie lassen sich nichts anmerken, sie blöffen wie Papa, der immer erzählt, wie er damals so gut blöffen konnte, zum Beispiel als er einem Farmarbeiter die Peitsche abgenommen hat, der dachte nämlich, Papa hat bestimmt ein tolles Blatt, weil Papa so ruhig war, weil er so sicher wirkte, der Farmarbeiter hat sich nicht getraut, obwohl seine Peitsche längst auf den Tisch lag. Er hat sie verloren, weil er Papa nicht durchschaut hat. Vielleicht sieht der Mann auch einen Kampf zwischen einem wütenden Tier und einigen Schlachtern, die es mit allen möglichen Waffen traktieren, denn das hier ist der Raum, in den die Tiere geführt werden, die nicht aufgeben, die sich nicht unterkriegen lassen, auch nicht mit Hammerschlägen und Messerstichen, hier zeigen die Schlachter es den widerspenstigsten Viechern. Wenn sie hier fertig sind, wenn sie erschossen und verwundet und zerhackt sind, wünschen sie sich, sie hätten sich einfach gefügt wie die anderen Tiere, denn eine wirkliche Chance hat in diesem Schlachthof kein einziges Tier, was sie auch anstellen, hier kommen sie nicht mehr raus. Vielleicht sieht der Mann am Guckloch auch eine freundlichere Szene, vielleicht werden hier Würste hergestellt von Schlachtern, die nicht stark genug sind für die harte Arbeit da draußen. Sie machen lange Würste und legen sie sich um die Hälse, sie machen Röcke aus Würsten und aufwendige Kostüme, sie tanzen und singen in diesem besonderen Raum abseits der Schlachtanlage, sie sind vielleicht die Einzigen hier, die überhaupt glücklich sind. Oder vielleicht sieht der Mann sieht der Mann sieht der Mann), noch immer die Hufe, sie scharren im Dreck, ich versuche weiter hinaufzukommen, ich bin hier nicht sicher, ich muss noch höher hinauf, ganz nach oben, wo mich keiner kriegt, dort kann ich mich verteidigen, ich werde Sydney Bridge Upside Down zeigen, was Sache ist, ich bewerfe das durchgedrehte Tier mit Backsteinen. Aber das Klappern ist jetzt so laut, dass ich denke, jetzt kann ich gleich aufgeben, ich schaffe es niemals bis zur nächsten Treppe. Es gelingt mir trotzdem, ein paar Zentimeter vorzurücken, ich gebe mir noch mehr Mühe, jetzt, endlich, bewege ich mich auf die Treppe zu, Zentimeter um Zentimeter, ich kralle mich in den fleckigen Beton, schiebe mich durch den Staub, und ich weiß, dass gleich die Hufe im Fabrikhof donnern, ich weiß, dass das Echo den Lärm noch verstärken wird, wenn die Hufe hier sind, ich kenne das, wenn ich durch die Rutsche nach Cal rufe, dann macht es Cal-Cal-Cal, ein enormes
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