Sydney Bridge Upside Down
Kleidchen gibt, antwortete er. Murmel murmel, sagte er dann, murmel. Ach so, Onkel Pember, ponk ponk. Ich kannte schon eine Zahl, nämlich die Sieben. Guck mal die Sieben, sagte ich immer wieder, als ich mit Onkel Pember zu der Parade ging. Die Sieben stand an Haustüren, an Eingangstörchen und auf Nummernschildern. Guck mal, das sind alles Siebenen, sagte ich. Ich trieb es so weit, bis er sagte: Kind, das reicht jetzt mit den Siebenen. Ich sehe eine Fünf, sagte ich. Murmel, sagte er. Es war die Weihnachtsparade. Onkel Pember erklärte, dass sie einen Monat früher stattfand, weil murmel murmel. Die Leute, die zur Parade gekommen waren, waren alle riesig. Ich konnte nichts sehen. Onkel Pember hat mich hochgehoben. Ich sah einen Elefanten. Ein brauner Mann mit langen, dünnen Armen und einem hübschen Hut warf Sachen vom Elefanten runter, irgendwas Kleines. Onkel Pember meinte, das sind Lutscher. Ich habe keinen Lutscher gefangen, sonst wäre der Elefant bestimmt auf mich getreten. Ich durfte bei Onkel Pember auf der Schulter sitzen. Sein Bart kitzelte mir an den Beinen. Eine Kapelle kam vorbei, sie spielte laute Musik. Deshalb habe ich am Bart von Onkel Pember gezogen. Murmel murmel, sagte er. Die Kapelle marschierte vorbei. Ich entdeckte eine Sieben. Sie war auf einem Blumenpalast. Da ist eine Sieben, sagte ich zu Onkel Pember. Und sonst siehst du da oben gar nichts?, fragte Onkel Pember. Nein, nein, nein!, rief ich. Da war ein Monster. Das Gesicht war wie eingedrückt. Es war rot und gelb und grün und schwarz. Es sah mich direkt an. Ich hatte Angst und machte Pipi, auf die Schultern von Onkel Pember. Murmel murmel murmel!, rief er. Ich hatte solche Angst, ich sagte nicht einmal ponk ponk.«
Während sie so las, holte mich die Erinnerung ein, und ein Kummer, der nichts mit Carolines Wärme zu tun hatte. Ich wandte mich ab, es gelang mir nicht, das Schluchzen, die Tränen zu unterdrücken.
»Oh, Harry, du bist ja ganz traurig! Das wollte ich nicht!«, sagte Caroline. Sie schlug das Heft zu, legte mir den Arm um die Schulter und zog mich an sich. »Sei doch nicht traurig«, sagte sie, »hör bitte auf zu weinen.«
»Ich wein doch gar nicht«, sagte ich, und die verdammten Tränen liefen mir über die Wangen. »Wirklich nicht!«
Jetzt kehre ich zurück zum Morgen des vorherigen Tages. Susan Prosser lebte zu diesem Zeitpunkt natürlich noch, sie lebte und steckte überall ihre Nase hinein.
Es war Sonntag und Papa war zu Hause und deshalb war mir nicht klar, was Susan Prosser eigentlich zu entdecken hoffte, als sie über den Zaun schaute. Genau so fand ich sie nämlich, als ich in den Garten ging, sie versteckte sich auch nicht, als sie mich sah, sie schien nur auf mich gewartet zu haben.
»Morgen, Susan«, sagte ich. »Und? Was gibt’s Neues bei euch? Wie geht’s dem Wellensittich? Hat er was Kluges von sich gegeben?«
»Wenn du wüsstest, was er sagt, würde es dir bestimmt nicht gefallen«, sagte sie betont freundlich. Natürlich war ihr nicht zu trauen. »Ich sollte es nicht wiederholen«, sagte sie. »Es würde dich umhauen.«
»Ich bin hart im Nehmen«, sagte ich und schluckte. »Komm schon, was hat er denn gesagt, der Joey?«
»Also gut. Er hat gesagt: Schreib einen Brief, schreib einen Brief, schreib einen Brief. Er sagt überhaupt nur noch diesen Satz.«
Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. »Gar nicht schlecht für einen Wellensittich«, sagte ich und rang um Fassung, nur mit Mühe gelang es mir, freundlich zu bleiben.
»Ich hab dich ja gewarnt«, sagte sie. »Ich hab dir gesagt, dass es dich umhauen könnte.«
»Aber Susan, was soll denn das heißen? Es hat mich doch überhaupt nicht umgehauen.«
»Das sehe ich ja!«, rief sie und lachte auf.
»Ehrlich, Susan, es macht mir gar nichts aus«, sagte ich. Ich kochte innerlich, am liebsten hätte ich sie über den Zaun gezerrt und windelweich geschlagen.
»Du brauchst mir nichts vorzumachen«, sagte sie und warf mir einen unglaublich gehässigen Blick zu, es hätte mich nicht gewundert, wenn ihr kleine Eiszapfen aus den Augen geschossen wären. »Es ist ein harter Schlag, und das weißt du. Und du fragst dich, ob ich Joeys Rat schon befolgt habe, ist doch klar. Komm schon, du Fiesling, gib’s zu.«
»Warum nennst du mich Fiesling?«, fragte ich. »Was hab ich dir eigentlich getan? Ich nenne dich doch auch nicht so, oder?«
»Darum geht es ja wohl nicht.« Sie verdrehte die Augen, als würde ich mich genauso dumm anstellen, wie
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