Sydney Bridge Upside Down
darum, diese schöne Erinnerung an meine Freundin Penny festzuhalten …«
Caroline schloss das Heft und küsste mich aufs Ohr. »Was sagst du dazu, Harry, war das nicht ein Zufall? Da geht meine Freundin durch die Stadt, und wen lernt sie kennen? Onkel Pember!«
»Ja, eine überraschende Wendung«, sagte ich leise. Ich war schon wieder ganz bedrückt, ich musste ihr gestehen, dass mich ihre Geschichten nicht aufgeheitert hatten.
»Hast du mir denn nicht zugehört, Harry?«, rief sie enttäuscht.
»Doch, schon«, sagte ich, »ich habe gehört, was du über deinen Onkel Pember und das Mädchen Penny erzählt hast.« Was mich so traurig machte in diesem Augenblick, war, dass sie ja auch das schockierende Geheimnis ihres Onkels erwähnt hatte. Gerade in dem Moment, als sie davon erzählte, schlug meine Laune um, nun konnte sie überhaupt nichts mehr für mich tun, sie brauchte es gar nicht erst zu versuchen.
»Komm, wir spielen Fangen«, flüsterte sie mir ins Ohr, »renn los, wenn du magst, ich kriege dich.« Sie zupfte schon an meinem Hemd.
»Lass das«, sagte ich.
Sie wollte mich halten, aber ich schlug ihre Hand weg und rollte aus dem Bett. »Lass mich, ich will nicht!«, rief ich.
»Dann verzieh dich halt.« Sie drehte mir den Rücken zu. »Verzieh dich und spiel mit Cal und Dibs.«
»Will ich aber nicht«, sagte ich, »ich will ja bei dir bleiben.« Ich trat ans Bett. »Caroline, ich bin einfach so traurig, ich will nicht, dass –« Ich konnte nicht weiterreden, meine Kehle zog sich zusammen, ich wusste, gleich heule ich wieder los.
Ich setzte mich, sie wandte sich mir zu, zog mich an sich und umarmte mich. Schweigend lagen wir nebeneinander. Sie schob ihren schwarzen Pullover hoch, ich durfte mein feuchtes Gesicht an ihre Brüste legen.
Als Nächstes geht es um den Abend vorher, als wir im Schlachthof waren, also Sonntagabend. Der Mond schien so hell.
Ich war ja hinter Susan Prosser hergeschlichen, denn seit wir uns am Morgen am Zaun getroffen und über den Brief gesprochen hatten, waren meine Gedanken um diese eine Möglichkeit gekreist, wie ich ihr wehtun könnte, ohne sie zu verprügeln. Sie hatte mich unsäglich traurig gemacht. Es gab bestimmt eine Möglichkeit, sie ebenfalls traurig zu machen.
Ich stand hinter der Ofenhütte und beobachtete sie. Wie würde sie reagieren, wenn ich sie jetzt ansprach? Würde sie aufspringen? Weglaufen? Oder würde sie sich fragen, was ich hier suchte, würde sie vielleicht sogar hören, was ich zu sagen hatte?
Sie saß im Mondlicht. Ich könnte ihr einen Schrecken einjagen, dachte ich, ich muss nur aus dem Schatten treten. Vielleicht wäre sie einfach nur sauer.
Ich muss sehr vorsichtig vorgehen, dachte ich.
»Warum versteckst du dich denn?«, fragte sie.
Ich rührte mich nicht. Ich schwieg. Sie konnte mich unmöglich gesehen haben.
»Was suchst du da bloß, ich frage mich wirklich, warum du dich versteckst«, sagte sie. »Ja, Harry Baird, ich rede mit dir. Glaubst du etwa, ich hab nicht gemerkt, dass du mich beobachtest?«
Ich trat aus dem Schatten der Ofenhütte und ging auf sie zu. »Na, Susan?«, sagte ich fröhlich.
»Jedes Mal, wenn ich hierherkomme, läufst du mir hinterher«, sagte sie. »Sag mal, warum eigentlich? Es interessiert mich, was jemanden dazu bringt, sich so zu verhalten.« Sie war auf der Stufe sitzen geblieben, sah mich von unten herauf an.
»Nicht jedes Mal«, sagte ich mit zitternder Stimme.
»Was meinst du, nicht jedes Mal?«, fragte sie. »Warum hast du denn auf einmal solche Angst? Hast du etwa Angst vor mir?«
»Was ich meine, ist, dass ich dir nicht jedes Mal nachgegangen bin«, sagte ich schon etwas gefasster. Ich setzte mich auf die Treppe, aber nicht gleich neben sie. »Dibs ist aufgefallen, dass du manchmal spät abends spazieren gehst. Ich weiß ja nicht, wie lange du das schon machst.« Meine Stimme war jetzt fester, sie sollte bloß noch einmal behaupten, ich hätte Angst.
»Du bist mir oft genug hinterhergeschlichen«, sagte sie. »Schieb das jetzt nicht auf Dibs Kelly. Am liebsten wäre es mir, wenn du ihn überhaupt nicht erwähnst.«
Das war meine Chance, sie traurig zu machen, dies war der richtige Moment.
Bedächtig sagte ich: »Ich weiß schon, warum du nicht willst, dass ich Dibs erwähne. Weil er immer von der Veranda runterpinkelt, stimmt’s?«
»Meinst du?«
»Es wundert mich, dass es dich stört«, sagte ich. Im Mondschein entdeckte ich einen Haufen Ziegelsteine.
»Kann ich mir denken. Du glaubst
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