Sydney Bridge Upside Down
Matrosen zu.
Sam Phelps sah mich scharf an. »Kapierst du jetzt endlich, warum ich nicht will, dass ihr hier am Kai spielt?«, sagte er. »Von jetzt an geht ihr nur noch bis zum Wollschuppen, verstanden?«
So streng, so wütend hatte ich ihn noch nie erlebt. Nur mich sah er an, als wäre ich schuld, dass Dibs stecken geblieben und Cal beinahe ertrunken war.
»Aber es war doch ein Unfall«, sagte ich, »ich hab nichts gemacht.«
»Wo du auftauchst, passieren immer Unfälle«, sagte er und versuchte, mich mit seinem strengen Blick einzuschüchtern. »Du hast hier am Kai nichts zu suchen, verstanden?«
»Das gibt’s doch nicht, jetzt bleibt das alles an mir hängen«, sagte ich zu Dibs.
Dibs saß auf der Erde und rieb sich den Fuß. »Vielleicht, weil du der Älteste bist«, meinte er. »Oder weil er dich nicht mag.«
»Ich habe ihm nichts getan«, sagte ich. »Was machen wir denn jetzt, um uns die Zeit zu vertreiben? Wo sollen wir hin? Wir dürfen ja nirgends mehr spielen. Das habt ihr zu verantworten, du und die anderen Kinder.«
»Schieb mir jetzt nicht die Schuld in die Schuhe«, sagte Dibs. Er zeigte auf Cal. »Du musst auf ihn aufpassen, er ist schließlich dein Bruder.«
»Ich hab Besseres zu tun«, sagte ich.
»Meinst du die Spielchen mit deiner Cousine?«, sagte Dibs.
»Pass auf, was du sagst, Kleiner«, antwortete ich. Cal war immer noch ganz bleich. Ich hockte mich neben ihn und legte ihm den Arm um die Schulter. »Ist dir schlecht, Cal? Sollen wir nach Hause gehen?«
»Lass uns noch ein bisschen gucken«, antwortete Cal. »Mr Phelps hat gesagt, dass ich zugucken darf.«
»Na gut«, sagte ich und sah zum Schiff hinüber. Wo war Caroline? »Am besten erzählen wir Papa nichts davon«, sagte ich. »Er wird sonst nur wütend.«
»Na gut, ich sag’s nicht«, meinte Cal.
»Ich schon«, sagte Dibs und sah mich herausfordernd an. »Rate mal, wem ich’s erzähle.«
»Bloß nicht deiner Mutter«, sagte ich, »die erzählt es nämlich Papa.«
»Falsch geraten«, sagte Dibs.
»Darf ich mal?«, sagte Cal.
»Wenn du willst«, meinte Dibs. »Ihr dürft dreimal raten, Harry war schon dran.«
»Ich spiel gar nicht mit.«
»Dann schätze ich mal, Buster«, sagte Cal.
»Treffer!«, rief Dibs erstaunt. »Du bist wirklich nicht dumm, Cal, auf jeden Fall hast du mehr drauf als Harry. Gleich beim ersten Mal ein Treffer! Nicht schlecht, was, Harry?«
»Ich hab nicht mitgespielt«, sagte ich.
»Ich hab Buster geraten, weil ich ja weiß, dass er nach Hause kommt«, erklärte Cal. »Dibs hat nämlich erzählt –«
»Nicht verraten«, sagte Dibs. »Du weißt doch, was ich gesagt habe wegen der Fahrt auf der Indian. Du kannst dir schon denken, wer sich vordrängeln will, wenn Buster kommt.«
»Ich wollte es gar nicht verraten, Dibs«, sagte Cal. Dibs und Cal hatten offenbar Geheimnisse, das war komisch, normalerweise war ich es, der von Dibs ins Vertrauen gezogen wurde. Jetzt erst fiel mir auf, dass Cal und Dibs in letzter Zeit oft allein losgezogen waren, und zwar immer dann, wenn ich mit Caroline beschäftigt war. Ich hörte ihren Geschichten zu und machte mir wegen ihr tausend Gedanken, und ich hatte gar nicht mitgekriegt, dass Dibs den Kleinen längst nicht mehr so nervig fand wie früher. Wie Kinder so sind, dachte ich, und doch fand ich, dass Cal mir in den Rücken gefallen war, als er gesagt hatte, dass er nicht verraten würde, wann Buster erwartet wurde. Immerhin hatte ich ihm gerade erst das Leben gerettet.
»Du hast mir aber versprochen, Bescheid zu sagen, wenn Buster kommt«, sagte ich zu Dibs. »Wir wollten ihn doch fragen wegen der Patronen. Hast du es versprochen oder nicht?« Ich sagte es ohne Zorn, es machte mich eher traurig als wütend, dass sie mir so etwas vorenthielten.
»Ich bin noch nicht dazu gekommen, es dir zu erzählen«, sagte Dibs. »Du spielst ja überhaupt nicht mehr mit uns. Wenn du zum Beispiel gestern in der Höhle gewesen wärst, hätte ich dir bestimmt davon erzählt. Da habe ich es ja auch Cal erzählt.«
»Und die Pistole?«, fragte ich. »Habt ihr sie euch noch mal angesehen?«
»Nur einmal ganz kurz«, sagte Dibs. »Nur um sicherzugehen, dass sie keiner geklaut hat.«
Das nahm ich ihnen nicht ab, sie hatten sich die Pistole bestimmt genauer angeschaut. Seit wir sie hatten, versteckten wir sie unter ein paar Steinen, weit hinten in der Höhle. Wer sollte sie dort klauen? Ich wusste genau, was Dibs vorhatte. Er wollte sich von Buster Patronen besorgen und die
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