Symphonie der Herzen
Fall«, entgegnete Lu mürrisch. »Ich will noch keinen Ehemann.«
»Aber, Liebling, was ist denn bloß los, dass du dich so vor den Männern fürchtest? In dieser Hinsicht kommst du jedenfalls nicht nach mir. Von allen Bekannten, die ich habe, sind mir die Männer am liebsten, das heißt, mit Ausnahme von Lady Holland, vielleicht. Obwohl ... jetzt, da ich genauer darüber nachdenke, muss ich sagen, dass ich Henry eigentlich sogar noch lieber mag als Beth.«
»Diese Einladungen sind übrigens gekommen, während ihr weg wart«, mischte Georgy sich wieder ein. »Ich habe mir erlaubt, die Einladung deiner Freundin Dorothy Cavendish, der Gräfin von Carlisle, bereits anzunehmen. Sie gibt morgen Abend einen Ball in Devonshire House.«
»Oh, das ist ja wundervoll«, erwiderte Georgina erfreut und zeigte ihrem Mann die Karte. »Es ist Jahre her, seit ich das letzte Mal in Devonshire House gewesen bin. Ihr werdet Augen machen, wie opulent es dort zugeht. Außerdem ist Dorothys Ehemann, George Howard, der Lordsiegelbewahrer unter Premierminister Grey. Ich gehe also fest davon aus, dass die Greys auch dort sein werden.« Eindringlich schaute sie Georgy an. »Könnte es vielleicht sein, dass dieser gewisse junge Mann der Sohn unseres lieben Grey ist?«
Georgy aber brach bloß in spöttisches Gelächter aus. »Ich gebe ja zu, der Sohn des Premierministers wäre eine vorzügliche Partie. Dennoch hoffe ich auf einen weitaus bedeutenderen Fang.«
Damit kann dann ja wohl nur William Cavendish gemeint sein, Lord Burlington, überlegte Louisa. Nun ja, der Erbe des mächtigen Herzogs von Devonshire wäre wohl in der Tat eine noch bessere Partie als George Grey. Und darum ist Georgy auch so erpicht darauf, morgen zu dem Ball zu gehen. Sie hofft bereits, dass dieses Haus eines Tages ihr gehört.
»Nun, es kann ja nicht schaden, seine Ziele hoch zu stecken«, murmelte Georgina, »solange die Gegenseite deine Gefühle erwidert.« Interessiert blätterte sie den Stapel an Einladungen durch. »Haben wir tatsächlich schon August? Wo ist dieses Jahr bloß der Sommer geblieben?«
Ich jedenfalls, seufzte Lu im Geiste, bin froh, wenn die Ballsaison bald wieder endet. Ich kann es kaum erwarten, den Londoner Heiratsmarkt endlich wieder hinter mir zu lassen und nach Schottland zurückzukehren. Klugerweise äußerte Lu diesen Gedanken jedoch nicht laut.
Wie immer trafen die Russells erst ziemlich spät auf dem Ball ein, woraufhin Georgina und ihre alte Freundin aus Kindertagen, Dorothy Howard, schon bald in Erinnerungen an frühere Bälle schwelgten, während John und der Graf von Carlisle sich angeregten Diskussionen über die gegenwärtige politische Lage hingaben - beide Männer hatten erst kürzlich den begehrten Hosenbandorden erhalten.
Unterdessen hatte Georgy sich darangemacht, einmal mit hochmütiger Miene das Anwesen zu erkundigen. Plötzlich entdeckte sie Lord Burlington und steuerte quer durch den Ballsaal geradewegs auf ihn zu. Mit einem einladenden Seitenblick bezog sie dicht neben ihm Posten und leckte sich provozierend einmal mit der Zunge über die Lippen.
William zwinkerte ihr verschwörerisch zu, während er mit einer Hand verstohlen ihren Po tätschelte.
Er stellt sich bestimmt gerade vor, wie ich sein Glied in den Mund nehme, dachte Georgy verschmitzt. Aber er weiß ja, dass ich ihm diese Gefälligkeit nur dann erweisen werde, wenn er endlich um meine Hand anhält.
Schließlich forderte George Grey sie auf, mit ihm zu tanzen, woraufhin Georgy William einen koketten Blick zuwarf und an George gewandt hauchte: »Aber gerne doch.«
Das Abenddinner war für Mitternacht angesetzt worden, doch ehe die Schar der Gäste sich geschlossen auf den Weg in den Salon machte, wurden die Lampen im Saal noch einmal aufgedreht, und der Graf von Carlisle und seine Frau betraten das kleine Musikerpodium. Aufgeregt hob Dorothy die Arme und bat um Ruhe.
Es dauerte jedoch noch einige Augenblicke, bis wirklich Stille einkehrte.
»Der Graf und ich haben eine kleine Ankündigung zu machen. Unsere geliebte Tochter Blanche hat kürzlich ihr Einverständnis gegeben, gemeinsam mit dem ehrenwerten William Cavendish, Lord Burlington, in den Bund der Ehe einzutreten. Ich brauche Euch sicherlich nicht zu sagen, meine lieben Freunde, wie sehr wir uns darüber freuen.«
Unter donnerndem Applaus betraten nun auch Blanche und William die Bühne und lächelten leicht verlegen.
Georgy hingegen machte ein Gesicht, als hätte sie soeben einen Geist
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