Symphonie der Herzen
doch hatte sie keine Mühe, ihre Schritte dem Rhythmus anzupassen, war dieser doch quasi ein Spiegel ihres eigenen leidenschaftlichen Herzens. Augenblicklich schienen ihren Gedanken Flügel zu wachsen, und verträumt dachte Lu darüber nach, was für ein magisches Land Irland doch war und dass sie ihr Leben hier von Tag zu Tag mehr genoss. Und überhaupt war sie mittlerweile überglücklich, einen Iren geheiratet zu haben, der sie bereits so vieles über sein Land gelehrt hatte.
Louisa dachte an die Seen und Flüsse, in denen es vor lauter neugeborenem Leben nur so wimmelte. Das Wasser vibrierte nahezu, so viele winzige Fische waren in den vergangenen Wochen geschlüpft, und die Otter schienen den ganzen lieben langen Tag nichts anderes zu tun zu haben, als sich gegenseitig kleine Streiche zu spielen. Auch die Füchse und Dachse hatten Junge bekommen, die rasch und fröhlich heranzuwachsen schienen. Unterdessen durfte James’ Araberstute stolz dabei zusehen, wie ihr kleiner Sohn Sultan über die Koppel preschte, bis er sich schließlich wieder dicht an sie drängte und sie ihn säugte - Lu brauchte die beiden nur anzuschauen, und schon spürte auch sie die stille Sehnsucht nach einem eigenen Kind.
Temperamentvoll wirbelte sie über die Bühne und peitschte mit ihrem Schal die Luft, bis ihr mit einem Mal ihr Bruder Wriothesley und dessen Frau Eliza einfielen, die gerade ihr erstes Kind erwartete, und Louisa musste zugeben, dass sie ziemlich neidisch auf die beiden war. Woher kam bloß dieser plötzliche Neid auf das werdende Elternpaar? Gleich darauf wanderten ihre Gedanken aber auch schon weiter zu den beiden Raben. Lu wusste, dass es ein Leichtes für sie gewesen wäre, Tara zu zähmen und sie als eine Art Haustier zu halten. Doch das wäre falsch gewesen. Zudem ahnte sie, wie viel Mut es das kleine Rabenweibchen gekostet haben musste, sich wieder in die Lüfte aufzuschwingen und sich ihrem Gefährten auf seinem Flug in Richtung Glück und Freiheit anzuschließen. Doch dann fielen ihr plötzlich wieder James’ Worte ein: »Jedes Geschöpfbraucht einen Partner. Denn sehnen wir uns nicht alle nach ein wenig Liebe?« Und mit einem Mal erkannte sie, wie viel Wahres in dem lag, was ihr Ehemann gesagt hatte, und sie begriff, dass auch sie ihren Gefährten gefunden hatte, und dass dieser ihr jeden Tag aufs Neue wieder seine Liebe bewies.
Unterdessen hatte James das Gefühl, als ob Louisas leichter und graziöser Tanz ihn regelrecht hypnotisierte. Wenn Lu tanzte, dann schien sie sich in ein ätherisches Wesen zu verwandeln, eine Art Fee, die sein Herz um ihren kleinen Finger wickelte. Und ihre Schönheit und ihre dunklen Locken erweckten in ihm jedes Mal wieder den brennenden Wunsch, sie mit Haut und Haar zu besitzen. Schließlich hielt James wie gebannt in seinem Spiel inne und betrachtete einfach nur noch seine verführerische Ehefrau, deren Kurven von den Kerzen, die im Saal entzündet worden waren, zum Teil in geheimnisvolle Schatten gehüllt wurden, zum Teil aber auch nur umso provokanter hervortraten, wenn das sanfte Licht die schwarze Seide nämlich in einen durchsichtigen Schleier verwandelte.
Schweigend schritt James auf seine schwer atmende Frau zu, hob sie hoch und trug sie hinauf in ihr gemeinsames Schlafzimmer.
27
Ich musste gerade noch einmal an die Raben denken und daran, dass diese Tiere ein Leben lang zusammenbleiben. Ich bin wirklich froh, dass Tara einen Gefährten gefunden hat.« Louisa überlief ein Frösteln, als James ihr das Nachthemd auszog.
Lächelnd hob James sie hoch und bettete sie auf die weiche Matratze. »Nein, er hat sie gefunden«, korrigierte er sie.
»Und trotzdem ist es allein ihrem Mut zu verdanken, dass sie sich ihm angeschlossen hat.« Aufmerksam musterte Lu ihren attraktiven Ehemann, als dieser zu ihr unter die Decke schlüpfte. »Ich wünschte, auch ich hätte den Mut, einfach mit dir davonzufliegen.«
Sanft legte er eine Hand an ihre Wange. »Du hast den Mut, glaube mir.«
Louisa aber senkte den Blick. »Vielleicht ein wenig, ja. Aber nicht genügend, um ...«
»Jetzt sieh mich an, Lu! Du hast mehr als genug Mut, viel mehr, als du glaubst. Du warst mutig genug, um im Covent Garden Theatre auf der Bühne zu stehen. Und du hattest Mut genug, um die Verantwortung für das Handeln deiner Schwester zu übernehmen. Du hast ihr Wohlergehen vor dein eigenes gestellt! Du wirst also mit Sicherheit auch den Mut aufbringen, dass wir beide endlich die Ehe vollziehen, oder?«
»Ich
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