Symphonie der Herzen
Obolus zugesteckt, damit sie ein wachsames Auge auf Eure Tochter hat. Ich sah also keinen Grund, mir weiterhin Sorgen um Kitty zu machen.«
»Das war sehr großzügig von Euch, Lord Abercorn. Trotzdem hätte sie nicht hierherkommen dürfen. Sie hat Schande über Barons Court gebracht. Kitty verursacht nichts als Ärger.«
»Ich finde, es war ganz richtig, dass sie hierhergekommen ist«, widersprach James. »Zumal mein Großvater mich höchstpersönlich dazu verpflichtet hat, dafür zu sorgen, dass Barons Court auch Eurer Tochter stets ein sicherer Hafen ist.«
»Und trotzdem musste sie ja unbedingt hinaus in die Welt ziehen, um dann in genau die gleichen Schwierigkeiten zu geraten, in die auch ich damals geraten bin.« Kate Connelly rang verzweifelt die Hände. »Als sie nach London abreiste, hatte ich von Anfang an nur eine Sorge - nämlich dass sie mit einem unehelichen Kind nach Hause kommen würde. Und siehe da! Genau das ist dann ja auch passiert.«
Tröstend legte James eine Hand auf ihren Arm. »Und dennoch denke ich nicht, dass das Ganze in London passiert ist. Ich denke eher, die Sache ereignete sich hier. Und zwar während der Weihnachtsfeiertage.«
»Also doch - während der Weihnachtsfeiertage!«
»Ja. Aber zermartert Euch deswegen bitte nicht den Kopf, Mrs Connelly. Das ist schließlich nicht das Ende der Welt. Ich werde sehen, was ich tun kann, um die Sache wenigstens ansatzweise wieder ins rechte Lot zu bringen.« Müden Schrittes verließ er das Zimmer. »Und Ihr macht Euch jetzt am besten erst einmal eine Tasse Tee und legt für einen Moment die Füße hoch.«
Anschließend ging er hinauf in den Gästeflügel und klopfte an eine der Apartmenttüren. »Darf ich reinkommen?«, fragte er, als Kitty ihm die Tür öffnete.
Sie nickte zögerlich und versuchte noch immer, an ihrem Hochmut festzuhalten, doch James sah ihr an, dass sie im Grunde kurz davor war, in Tränen auszubrechen. »Es tut mir ja alles so leid, Mylord.«
»Was tut dir leid, Kathleen?«, fragte er mit sanfter Stimme.
»Ja, seid Ihr denn nicht böse auf mich?«
»Aber nein. Du warst in Schwierigkeiten. Und in London gab es keine Menschenseele, an die du dich hättest wenden können. Du hast genau das Richtige getan, als du zurück nach Irland gekommen bist.« Er hielt einen Moment inne. »Und jetzt ist es an der Zeit, einmal gründlich über deine Zukunft nachzudenken.«
»Ich weiß.« Seufzend ließ Kitty sich auf einen der Stühle plumpsen und legte die Hände auf ihren Bauch.
»Wenn das Kind geboren ist, was willst du dann tun? Willst du es behalten, oder willst du zurück nach London und wieder auf der Bühne stehen?«
»Ich will mein Kind behalten. Ich will ihm eine Mutter sein. Und nach London will ich ganz bestimmt nicht mehr zurück. Andererseits hängt meine Entscheidung auch von gewissen« - sie zögerte kurz - »anderen Umständen ab.«
»Ich verstehe.« Mit einem knappen Nicken deutete James auf ihr Bett. »Warum legst du dich nicht endlich hin und gönnst dir etwas Ruhe? Die Reise muss doch sehr anstrengend gewesen sein.«
Damit verließ er sie und kehrte zurück ins Hauptschlafzimmer. Dort legte er einmal prüfend das Ohr an die Zwischentür zum Boudoir, doch im Nebenzimmer herrschte absolute Stille. Und ich dachte, du würdest meine Liebe zu dir endlich erwidern!, fluchte er im Geiste. Aber Liebe ohne Vertrauen ist ja ohnehin keine richtige Liebe. Einst, da hätte ich alles für dich getan, hätte dir alles verziehen. Aber jetzt hast du den Bogen überspannt, liebe Lu. Von nun an tanzt du nach meiner Pfeife!
28
Wutschnaubend zog Louisa ihr purpurrotes Kleid aus - es war schließlich das einzige, das sie noch hatte - und hängte es sorgsam in ihren ansonsten leeren Kleiderschrank. Nun trug sie nur noch ihren gerüschten Schlüpfer, die schmale Korsage und einen lavendelfarbenen Unterrock. Nichtsdestotrotz war ihr keineswegs kalt, sondern sie kochte regelrecht vor Zorn; und dieser richtete sich mittlerweile nicht mehr bloß gegen Kitty. Wie kann dieses irische Schwein es wagen, mich hier drinnen einzusperren?, schimpfte sie im Stillen. Aber wundert mich das? Nein, denn im Grunde ist das bloß ein weiterer Beweis dafür, was für ein ungehobelter Klotz er in Wahrheit ist.
Leise Flüche ausstoßend, marschierte sie in ihrem kleinen Boudoir hin und her. Sie hatte es ja von Anfang an geahnt, dass es ein Fehler wäre, einem Mann alles zu geben. Am liebsten hätte sie sich nun sogar selbst in den Allerwertesten
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