Symphonie der Herzen
mich zieht. Dafür hat James schon umso genauere Vorstellungen von seiner beruflichen Zukunft, nicht wahr, mein Lieber? Abercorn hat nämlich eine ganz besondere Leidenschaft.«
Neugierig schaute John Russell den jungen James Hamilton an. »Und die wäre, Abercorn?«
»Irland, Euer Hoheit. Mich zieht s auf die grüne Insel. Überhaupt habe ich schon seit Jahren den Tag herbeigesehnt, Euch endlich einmal persönlich kennenlernen zu dürfen, denn genauso wie Euch die irisch-katholische Emanzipation stets am Herzen gelegen hat, so ist es auch mein erklärtes Ziel, mich dieser Bewegung anzuschließen. Lang lebe Euer Sohn, Lord John, wie einer unserer führenden Liberalen einst gesagt hat!«
»Amen. Zumal sogar der König dem Gesetz schließlich zugestimmt hat. Abercorn, ich glaube, Ihr seid ein Mann ganz nach meinem Geschmack. Und ich bin in der Tat stolz auf meinen Sohn.« John schmunzelte vergnügt. »Obgleich auch die Torys unter Wellington nicht nur Schlechtes angezettelt haben.«
»Oh, aber ganz gewiss nicht, Euer Hoheit. Zumal Wellington sogar so clever war, Lord John gerade so viel Gegenwind zu geben, dass dieser erst recht alles daransetzte, um das Gesetz durchzubringen.«
»Wenn Ihr Glück habt, dann könnt Ihr Johnny sogar persönlich kennenlernen. Ich denke, er müsste bald bei uns sein.«
»Ich kann es kaum erwarten, ihm die Hand geben zu dürfen. Ich hoffe bloß, er erreicht Woburn Abbey, ehe ich wieder nach Irland aufbreche; ich reise so oft nach Irland, wie ich nur irgend kann. Nichtsdestotrotz ist es mir eine große Ehre, hier nach Woburn Abbey eingeladen worden zu sein, und ich denke, ich kann, was die irisch-katholische Emanzipation betrifft, noch eine ganze Menge von Euch lernen.« Denn wenn ich ehrlich sein soll, habe ich sogar zwei Leidenschaften, fügte James im Geiste hinzu. Zum einen natürlich Irland; und zum anderen Eure Tochter Lady Louisa. Ihr könnt mir glauben, ich werde nicht eher lockerlassen, als bis ich sie zu meiner Frau gemacht habe!
»Wenn das so ist, dann dürft Ihr mich nachmittags gerne einmal in meiner Bibliothek aufsuchen«, bot John ihm geschmeichelt an. »Es wäre mir ein echtes Vergnügen, mit Euch zu disputieren.«
In diesem Moment trat Woburn Abbeys Butler in die Bibliothek ein. »Ah, da ist ja unser lieber Mr Burke«, erklärte der Herzog mit einem gutmütigen Nicken. »Ich schätze mal, er ist gekommen, um Euch Eure Zimmer zu zeigen. Wir sehen uns dann zum Abendessen, Gentlemen.« Geschlossen marschierten die jungen Männer aus der Bibliothek. Nur Charles blieb zurück; John hatte ihm zuvor ein kleines Zeichen gegeben, und gelassen schlenderte Louisas Bruder nun auf seinen Vater zu.
»James Hamiltons Stiefvater ist doch der Graf von Aberdeen, nicht wahr?«
Charles nickte.
»Ein ziemlich ungemütlicher Zeitgenosse, soweit ich weiß. Laut und prahlerisch, ein richtiger Schotte eben, der es aber offenbar zu einigem Reichtum gebracht hat. Und trotzdem fühlt James sich in Irland wohler. Wie kommt denn das?«
»Er und der alte Aberdeen kommen nicht gut miteinander aus. An seinen richtigen Vater erinnert James sich nicht mehr; seinen Stiefvater allerdings hasst er. Und seinen Titel hat er von seinem Großvater geerbt, genauso wie die zahlreichen Ländereien, die Güter von Barons Court in Tyrone.«
»Ich kannte sowohl seinen Vater als auch seinen Großvater. James’ Großvater und ich waren beide Parlamentsabgeordnete, damals noch als Abgesandte Cornwalls. Der alte Abercorn jedenfalls war einer der ganz wenigen Aristokraten in unserem Land, die sowohl irische als auch englische und schottische Besitztümer ihr Eigen nannten. Die Hamiltons waren eine wirklich einflussreiche Familie, ja, das muss man schon sagen. Es freut mich also zu sehen, dass der junge Abercorn sich mit der Geschichte seiner Familie offenbar noch stark verbunden fühlt und ein so ausgeprägtes Interesse an seinem irischen Erbe hat.« Bedächtig nahm John Russell einen Schluck von seinem Bordeaux. »Aber wie steht es denn jetzt eigentlich mit Jack? Hat er seit den letzten Ferien irgendwelche Fortschritte gemacht?«
»Er hat noch immer seine Anfälle, Vater. Es tut mir leid, dass ich keine besseren Nachrichten für dich habe.«
Sorgenvoll runzelte der Herzog die Stirn. »Es stimmt mich sehr traurig, dass er noch keinen Abschluss in der Tasche hat. Ein Gelehrter wird aus ihm jedenfalls nicht mehr werden. Ich fürchte sogar, es war reine Zeitverschwendung, dass wir ihn nach Oxford geschickt
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