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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Dr. Lombard angekündigt hatte, verlängerte sich auf zehn Tage. Carola nahm alle Geduld in sich zusammen. Sie schlief jetzt viel … Dr. Lombard ließ ihr ins Abendessen immer ein geschmackloses Schlafmittel geben, von dem sie nichts wußte. Die Nerven sollten sich entspannen. Der Tag, an dem sie in den Spiegel sah, würde mehr an Kraft verbrauchen, als sie im Augenblick besaß.
    Von Jean Leclerc war wieder ein Brief gekommen … nach langen Wochen endlich ein Brief. Er wohnte wieder im ›Atlantic‹ und schrieb zärtlich von seiner Sehnsucht. Wo er gewesen war, sagte er nicht … er schrieb nur, daß er Geld brauche, und Carola ließ ihm wiederum 2.000 Francs überweisen.
    Es war ein trüber Spätherbstmorgen, als Dr. Lombard und Schwester Anne nach dem Frühstück zu Carola ins Zimmer kamen. Schwester Anne trug unter dem Arm ein rechteckiges Etwas … einen Holzrahmen, auf der Rückseite billige, gelbe Pappe. Carola sprang von ihrem Stuhl. Ihr Herz machte ein paar heiße, den ganzen Körper durchglutende Schläge.
    »Der … der Spiegel …«, sagte sie leise. Sie lehnte sich gegen die Wand, sie fühlte, wie ihre Knie einknickten. Dr. Lombard nickte und setzte sich auf das Bett.
    »Wir hatten den Mut, Madame, das Gesicht zu verlieren … haben wir nun auch den Mut, das Gesicht wiederzufinden.«
    »Kann … kann ich es nicht allein ansehen …«, sagte Carola kaum hörbar.
    »Ich möchte Ihnen beistehen, Madame …«
    »Ich bin stark genug, mich anzusehen …«
    »Ich befürchte einen Schock …«
    Carola schüttelte den Kopf. »Nein, Doktor … bestimmt nicht … Ich habe mich innerlich auf diese Minute vorbereitet. Sie mußte ja einmal kommen, man kann ihr ja nicht ausweichen. Bitte … Doktor … lassen Sie mich allein mit dem Spiegel …«
    Dr. Lombard zögerte. Dann nickte er Schwester Anne zu. Sie legte den Spiegel mit dem Glas nach unten auf den Tisch und ging hinaus. Dr. Lombard drehte sich an der Tür noch einmal um.
    »Ich stehe draußen auf dem Flur zu Ihrer Verfügung, Madame. Bitte, läuten Sie, wenn Sie mich brauchen …«
    »Danke, Doktor. Danke.«
    Die Tür fiel zu. Carola war allein. Die größte, schrecklichste, schwerste Minute ihres Lebens lag in ihrer Hand. Sie starrte den Spiegel an und zögerte. Mit beiden Händen tastete sie über ihr Gesicht … sie fühlte die Nase, die Ohren, die Augenbrauen, die Wimpern … alles fühlte sich so wie immer, wie früher … und doch war es anders, war es ein anderes, neues Gesicht.
    Sie setzte sich und ergriff mit beiden Händen den hölzernen Spiegelrahmen.
    Jetzt, sagte sie sich. Jetzt! Ein Ruck nur, und du siehst dich, wie du von heute ab immer sein wirst. Es hat keinen Sinn, Angst zu haben … es war dein Wille –
    Carola schloß die Augen. Sie preßte die Lider ganz fest aufeinander und hob mit zitternden Händen den Spiegel hoch. Sie stellte ihn aufrecht auf den Tisch und hielt ihn umklammert, als müsse sie sich an ihm festhalten.
    Jetzt steht er richtig, dachte sie. Jetzt steht er genau vor meinem Gesicht.
    Langsam, ganz langsam öffnete sie die Augen.
    Es war nur ein kurzer Blick, ein Wimpernzucken … dann schloß sie die Augen wieder und lehnte die Stirn gegen die kalte Glasfläche des Spiegels.
    Schwarze Haare, dachte sie … mandelförmige Augen … eine kleine, gerade Nase, zierlich, mit einem schmalen Sattel … sie hatte das alles in diesem kurzen Wimpernzucken gesehen, so wie die Grellheit einer Explosion ins Auge fällt. Und noch etwas hatte sie gesehen … eine fremde Frau, ein völlig unbekanntes Gesicht … ein Gegenüber, zu dem man nicht die geringste innere Verbindung hatte.
    Wie lange Carola Donani so vor dem Spiegel gesessen hatte, wußte sie nicht. Sie spürte nur, daß sie weinte und daß die Tränen über die blanke Spiegelfläche liefen und sich über der Oberlippe sammelten. Da wandte sie sich ab, um dieses fremde Gesicht nicht jetzt zu sehen, in diesem Augenblick völliger seelischer Auflösung, sprang auf, lief zum Waschbecken und wusch sich die Augen. Dann stand sie am Fenster und starrte hinaus in den verwilderten Park der Villa und strich mit den Fingerspitzen wieder über die Nase, die Augen, die Brauen, die Lippen, die Ohren, den Hals.
    Hinter ihr klopfte es an die Tür. Dr. Lombard hatte auf eine Reaktion gewartet; als sich im Zimmer nichts rührte, wurde er ungeduldig und nervös.
    »Ja?« sagte Carola schwach. Dr. Lombard und Schwester Anne traten ein. Sie sahen beide auf den Handspiegel … er lag mit der

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