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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist schmerzlich –«, sagte er verschlossen. »Aber wieso –?«
    »Sie haben Angst um die Rechnung?« Leclerc griff in die Brusttasche. Es war eine schnelle, sichere Bewegung. Sein Gesicht wurde plötzlich hochmütig. »Wenn es so ist, Monsieur – ich bezahle im voraus. Aber nur zwei Tage. In einem Haus, das Schmierfinken mehr traut als seinen Gästen, fühle ich mich nicht gut aufgehoben. Wieviel macht es? Lassen Sie bitte die Rechnung ausstellen …«
    Der zweite Direktor nagte an der Unterlippe. Er war im Zweifel. »Monsieur«, sagte er begütigend. »Ich verstehe die Peinlichkeit dieser Situation. Ich hatte Sie auch nur gebeten, klärend bei der Beurteilung des Briefes zu sein. Ich wäre unglücklich, wenn Mißverständnisse …«
    »Wieviel?« sagte Leclerc steif und mit hartem Gesicht. »Mein Gepäck ist schnell gerichtet –«
    In diesem Moment kam der Brief Carolas. Ein Boy brachte ihn auf einem silbernen Tablett. Jean Leclerc zerriß den Umschlag und überflog die wenigen, seligen Zeilen. Sichtbar atmete er auf und faltete den Brief langsam und mit bedeutungsvollem Lächeln zusammen. Der zweite Direktor sah ihm erwartungsvoll zu.
    Endlich, dachte Leclerc. Endlich …
    »Ich werde bleiben müssen«, sagte er äußerst gönnerhaft. »Soeben habe ich die Nachricht bekommen, daß ich von Bekannten hier aufgesucht werde.« Er steckte das Schreiben in die Rocktasche und drückte das Kinn an den Kragen. »Trotzdem können Sie die Rechnung fertigmachen lassen und mir aufs Zimmer schicken. Ich liebe absolute Klarheiten –«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er das Direktionsbüro. In der großen, palmengeschmückten Hotelhalle atmete er noch ein paarmal tief durch und zwang sich, den leichten Schimmer kalten Schweißes nicht von seiner Stirn zu wischen. Man hätte es beobachten können.
    Jean Leclerc hatte zu dieser Stunde noch 110 Francs in der Tasche.
    *
    Der Entlassungstag, ein Mittwoch, war kühl und herbstlich. In der Nacht hatte es geregnet, und nun hing die Feuchtigkeit an den Bäumen und auf dem Mauerwerk, die Erde roch herb nach Moos und Humus. Ein grauer Himmel lag über Marseille, das sonst azurblaue Meer sah schmutzig und feindselig aus.
    Dr. Lombard hatte den Rest seines Honorars kassiert. Er schob die 10.000 Francs in die Schublade seines Schreibtisches, als sei es Altpapier. Sie würden nicht lange darin liegenbleiben. Ein neues Massagegerät war angekommen, eine Ultraviolett-Strahllampe war angekündigt – was sind da 20.000 Francs?
    »Ich wünsche Ihnen alles Glück, das Sie erhoffen, Madame Burger –«, sagte er, als er Carola den letzten Dienst der Klinik über den Tisch schob … die Fotos des neuen Gesichtes. Carola Donani mußte sich erst besinnen, daß sie für Dr. Lombard ja Magda Burger hieß, wohnhaft in Gießen, ehe sie lächelnd dankte und die Fotos in die Hand nahm.
    Es ist ein merkwürdiges Gefühl, Bilder eines völlig fremden Gesichtes anzusehen und zu sagen: Das bist du. Dein Auge kann sich irren, der Spiegel kann verzerren – die Linse der Kamera ist unbestechlich.
    So siehst du aus – so und nicht anders. Und so mußt du jetzt immer bleiben. Du wirst altern, natürlich, Falten werden sich in die Haut graben … aber auch im Alter werden dies jetzt deine Nase sein, deine Augen, deine Ohren, dein Kinn –
    »Monsieur Jean ist noch nicht gekommen«, sagte Dr. Lombard, als Carola ihren Mantel zuknöpfte.
    »Er wartet draußen.«
    »Draußen?« Dr. Lombard hob die Augenbrauen. Seit wann läßt man seinen Geliebten draußen vor der Tür warten wie einen Hund? Was ist das für eine Frau? Carola schien seine Gedanken zu erraten und stellte den Kragen des Mantels hoch. Draußen vor den Fenstern tropfte die Feuchtigkeit von den Bäumen.
    »Ich weiß, Sie denken jetzt: Diese Frau ist ein Rätsel. Lieber Doktor, jede Frau ist es. Leben Sie wohl …«
    »Wir sehen uns nicht wieder?«
    »Ich glaube kaum. Ich werde Marseille spätestens übermorgen verlassen.« Sie sah auf die Koffer, die neben dem Schreibtisch Dr. Lombards standen. »Das Gepäck schicken Sie bitte zum ›Atlantic‹.«
    »Auf den Namen Burger –«
    »Nein, auf Jean Leclerc.«
    »Leclerc.« Dr. Lombard sah Carola mit nachdenklichen Augen an. »Ich habe Ihnen ein neues Gesicht gegeben, Madame. Darf ich mir als Ihr Arzt die Freiheit herausnehmen, offen mit Ihnen zu sprechen.«
    »Ich denke, das haben Sie immer getan, Doktor.«
    »Ich rate Ihnen ab, Madame …«
    »Ach –«
    »Ich warne Sie vor dem, was Sie tun

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