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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schnupfen.
    Carola trat aus dem Eingang und ging langsam den Weg hinab zum Tor. Jeder Schritt schmerzte sie bis unter die Kopfhaut, es war, als ginge sie über feurige Steine.
    Noch zwanzig Schritte … noch zehn – noch fünf –
    Am Tor.
    Jean Leclerc hatte gerade der Mauer den Rücken zugewandt. Er steckte sich eine Zigarette an, in der hohlen Hand flammte das Streichholz auf. Er blies den ersten Zug in die kalte Luft und drehte sich dann um.
    Die Blicke Carolas und Jeans trafen sich. Nur eine Sekunde blieben sie ineinander, dann sah Leclerc weg und zog wieder an seiner Zigarette.
    Eine schöne Frau, dachte er. Sie kann eine Spanierin sein, oder sie kommt aus Süditalien. Ein schmales, aristokratisches Gesicht, ein Körper wie eine Gazelle.
    Jean Leclerc schielte zu ihr hinüber. So etwas nennt man eine Traumfrau, dachte er. Und ein traumhaftes Geld wird sie auch kosten. Sie ist ein Kleinod, das man in Brillanten faßt.
    Carola war im Tor stehengeblieben und sah Leclerc mit zitternden Lippen an. Daß er mich nicht erkennt, ist selbstverständlich. Würde er auf mich zugestürzt sein, wäre die Operation schlecht gewesen. Aber er beachtet mich nicht, ich hinterlasse keine Wirkung auf ihn, ich spreche seinen männlichen Instinkt nicht an. Ich bin ihm als Frau gleichgültig.
    Sie kam auf Leclerc zu, suchte in den Taschen ihres Mantels und blieb nahe vor ihm stehen. Leclerc blickte schnell zum Tor und zum Eingang der Klinik. Niemand kam. Er lächelte. Es war sein verlegenes, jungenhaftes Lächeln, das Carola zum erstenmal auf der Place de l'Opéra in Paris bezaubert hatte.
    »Madame –«, sagte er. Durch Carola ging ein heißer Stich. Auch jetzt erkennt er mich nicht.
    »Können Sie mir bitte eine Zigarette geben?« sagte sie. Sie wunderte sich, daß ihre Stimme tiefer klang als sonst. Jean Leclerc riß die Augen erstaunt auf. Sie spricht ein merkwürdiges Französisch, dachte er. Nicht wie eine Spanierin, nicht wie eine Italienerin … sie spricht wie eine Nordländerin. Eine Zigarette –
    »Bitte Madame –« Er holte seine Zigarettenpackung aus dem Mantel und reichte sie Carola hin.
    »Danke. Und Feuer, bitte …«
    »Bitte –« Leclerc ließ sein Streichholz aufflammen. Während sie sich über seine Hand beugte und die Zigarette anbrannte, lagen ihre Haare kurz vor seiner Nase. Er schnupperte und roch das herbe Parfüm, das von ihr ausging.
    Woher kenne ich das, dachte er. Irgend jemand hat es getragen. Er sah über Carolas Kopf wieder zum Eingang. Niemand kam.
    »Sie erwarten jemanden?« fragte sie und steckte die Zigarette zwischen die bebenden Lippen.
    »Ja«, antwortete Leclerc kurz. Ihm war diese Begegnung peinlich. Wenn jetzt Carola aus der Klinik kam und sah ihn mit dieser schönen Frau zusammenstehen und rauchen, würde es nach vier Wochen eine enttäuschende Begrüßung geben.
    »Ihre Frau?«
    »Ja.«
    »Sie hat sich dort operieren lassen?«
    Jean Leclerc fand dieses Verhör unerhört. Gleich kommt Carola, dachte er. Und so schön diese Frau ist … ich warte auf eine andere Frau, die mich kein Geld kosten wird, sondern die mich rettet aus der Misere, mit 20 Francs in der Tasche aufzutreten wie ein Millionär.
    »Sie entschuldigen mich bitte, Madame …«, sagte er höflich und verbeugte sich leicht. »Ich möchte nicht so ungalant sein, durch ein Gespräch meine Frau nicht rechtzeitig zu sehen –«
    Er wollte zum Tor gehen, als ihn ein fester Griff am Mantel festhielt. Verblüfft drehte er sich um. Die fremde Dame hielt ihn fest, ihr schmales, wundervolles Gesicht war nahe vor ihm.
    »Küß mich –«, sagte sie mit fast kläglicher Stimme.
    Jean Leclerc spürte einen Schlag auf seinem Herzen.
    »Madame –«, stotterte er. »Ich bitte Sie –«
    »Gefalle ich dir nicht …?«
    »Madame. Meine Frau …«
    »Bin ich hübsch?«
    »Sie sind ein Engel, Madame. Aber bitte, lassen Sie mich los.«
    »Könnten Sie mich lieben?«
    »Es wäre der Himmel!« Leclerc sah verzweifelt zur Klinik. Wenn jetzt Carola kommt, dachte er.
    »Dann küssen Sie mich! Zeigen Sie, daß Sie mich lieben könnten.«
    Eine Verrückte, sie muß eine Verrückte sein, dachte Leclerc. Irren soll man, soweit es möglich ist, nicht widersprechen, sonst werden sie bösartig. Aber hier war es nicht möglich.
    »Lassen Sie uns in den Park gehen«, sagte er heiser. »Ich küsse nicht gern auf der Straße …«
    Nur nachts auf der Place de l'Opéra, dachte Carola und lächelte.
    Im Park werde ich sie stehenlassen, dachte Leclerc. Vielleicht

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