Symphonie des Lebens
sprang auf. »Wohin?« rief er entgeistert.
»Nach Cannes. Wir haben südlich von Cannes, zwischen Juan les Pins und Antibes, ein Haus.«
»Du bist eine Göttin!« schrie Leclerc voll Begeisterung. »Man sollte dich anbeten!«
»Tue es –«, sagte sie und schloß die Augen.
Die Abreise wurde verschoben.
Sie nahmen einen anderen Zug, vier Stunden später.
*
Nach seiner Nordlandtournee kehrte Bernd Donani zunächst nach Berlin zurück. Von dort wollte er nach München fliegen, um eine Woche in Starnberg in seiner ›Villa Alba‹ sich zu erholen und mit den Kindern zu spielen. Außerdem wollte er mit einem Bildhauer die Gestaltung eines Grabsteines für Carolas Grab besprechen. Sie sollte einen würdigen Stein haben, der die Familiengruft der Donanis zierte und Kunde gab von der Liebe, die hier begraben lag.
Aber der Aufenthalt in Berlin gestaltete sich länger als vorgesehen. Kriminalkommissar Fritz Weghart hatte der Tod Carola Donanis keine Ruhe gelassen. Er hatte immer wieder die Akte durchstudiert und blieb an einer Unglaubwürdigkeit hängen, die allen unerklärlich war. Für Fritz Weghart, den großen Verehrer Donanis, war es mehr als nur eine kriminalistische Fleißarbeit, es war für ihn ein Herzensanliegen, Licht in gewisse dunkle Stellen des Unfalls zu tragen.
Er bat darum, Bernd Donani sprechen zu dürfen. Pietro Bombalo ließ es zu, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, Termine einzuhalten. Der Weiterflug nach München wurde verschoben. Man soll mit der Polizei immer in einem freundlichen Verhältnis stehen.
Donani hatte sich erst geweigert, noch etwas über den Unfall Carolas zu hören. »Man soll endlich der Toten ihren Frieden lassen«, sagte er bitter. »Es ist schrecklich, daß ein Mensch in den Akten weiterleben muß, wenn man ihm schon einen Grabstein setzt.«
Kommissar Weghart war da anderer Ansicht. Er hatte eine Liste mitgebracht mit Fragen, die unbeantwortet geblieben waren. Darunter waren zwei Fragen, die Anlaß gaben, äußerst nachdenklich zu werden.
»Ich weiß, es ist schmerzlich, Herr Generalmusikdirektor«, sagte er, »daß wir noch einmal auf den tragischen Tag zurückkommen müssen.«
»Machen Sie es bitte so kurz wie möglich.« Donani legte die Hand über die Augen. Er machte einen müden Eindruck. Fritz Weghart hatte nur mit Mühe ein Erschrecken verbergen können, als er Donani wiedersah. Der große Dirigent war rapid gealtert … man sah es nur aus der Nähe. Auf dem Podium, im Scheinwerferlicht von Fernsehen und Film, wirkte er noch immer wie ein weißhaariger, aber jugendlicher Gott.
»Ich fliege morgen nach Starnberg, um einen Grabstein auszusuchen. Bitte, lassen Sie die Tote auch endlich in den Akten sterben …«
Kommissar Weghart nickte. »Wir werden den Fall als endgültig abgeschlossen ansehen, wenn die offenstehenden Fragen geklärt sind.«
»Den ›Fall‹?« Donani sah Fritz Weghart mit einem versteinerten Gesicht an. »Seit wann ist meine Frau ein ›Fall‹?«
»Das ist so ein Fachausdruck, Herr Generalmusikdirektor.« Weghart legte seine Liste auf den kleinen Rauchtisch. »Darf ich fragen?«
»Bitte –«
»Vom Konto Ihrer Gattin ist einen Tag nach ihrem tödlichen Unfall der gesamte Betrag durch einen Unbekannten abgehoben worden. Wir haben diesen Unbekannten nicht bestimmen können. Haben Sie die leiseste Ahnung, wer es gewesen sein könnte?«
»Nein. Ich sagte das schon damals.«
»Ein Verwandter Ihrer Gattin?«
»Nein.«
»Warum löste Ihre Gattin ihr Konto auf?«
»Ich weiß es nicht.« Donanis Gesicht war bleich und unbeweglich.
»Hatten Sie eine Auseinandersetzung vor dem Unfall? Gab es überhaupt in der letzten Zeit Ihrer Ehe Streitigkeiten?«
»Nein.«
Es war ein klares Nein, das keine weiteren Fragen in dieser Richtung mehr zuließ. Ich lüge, dachte Donani dabei. Ich muß lügen. Soll ich sagen, daß ich selbst den Verdacht habe, Carola hat ihr Geld durch einen Mittelsmann abheben lassen, um sich von mir zu trennen? Sie hatte es angedroht, damals, als die Kinder die Masern hatten und sie allein von Rom nach Starnberg fuhr. Immer habe ich daran denken müssen, seit ihrem Tod gab es keine Nacht, in der ich nicht ihre Stimme höre: »Ich werde nicht zurückkommen …« – Soll ich das alles sagen? Nein. Das geht nur mich etwas an. Jetzt liegt Carola in der Gruft, und man soll sie in Ruhe lassen –
»Noch etwas, Herr Generalmusikdirektor –«
Donani sah ärgerlich auf. »Noch?«
»Ihre Gattin hatte wertvollen Schmuck. Jeder
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