Symphonie des Todes
fragte er, hob dann jedoch abwehrend die Hand. »Nein, wenn du nichts dagegen hast, hätte ich lieber eine Hose an und ein Glas Whiskey in der Hand, während du es mir erzählst.«
»Meinetwegen.« Roarke nickte. »Dann gehen wir rauf.« Er marschierte Richtung Lift. »Übrigens ist Summerset wohlauf.«
»Weshalb sollte er das nicht sein?«, fragte Mick mit leichter Stimme und stieg hinter Roarke in den Fahrstuhl ein.
20
R oarke stand am Südfenster und wartete, bis Mick endlich in seine Hose gestiegen war. Er hatte die Hände in den Taschen und blickte auf die Bäume und die hohe Steinmauer, die hinter ihnen lag.
Er hatte sich mit diesen Bäumen, dem leuchtend grünen Rasen, den farbenfrohen Blumen und den sandig braunen Steinen ein Zuhause aufgebaut. Sein Zuhause, dachte er. Einen Hort der Schönheit und Behaglichkeit in einer Welt, in der es allzu viele Schmerzen gab. Er hatte dieses Anwesen benutzt, um sich zu beweisen, dass er all das Leid und Elend der Slums von Dublin, in denen er aufgewachsen war, so weit hinter sich gelassen hatte, dass es keine Gefahr mehr für ihn bedeutete.
Und jetzt hatte er an diesen Ort, in dieses Heim, einen Menschen eingeladen, der ihn an das erinnerte, was niemals wirklich aufgehört hatte, ihn zu verfolgen. Einen Freund aus seiner Kindheit, von dem er in der Gegenwart verraten worden war.
»Ging es nur ums Geld, Mick? Nur um den Profit?«
»Vermutlich ist es normal, dass du mich das mit einer derartigen Verachtung in der Stimme fragst, denn schließlich schwimmst du selber in dem Zeug. Natürlich ging es um die Kohle. Himmel, mein Anteil hätte über fünfundzwanzig Millionen ausgemacht. Außerdem ging es mir um den Spaß. Verdammt, hast du tatsächlich vergessen, wie viel Spaß so etwas machen kann?«
»Und hast du vergessen, Mick, dass es selbst unter Gaunern ein Mindestmaß an Ehre gibt – dass man einen Freund ganz einfach nicht verrät?«
»Um Himmels willen, Roarke, um deine Knete ist es bei der ganzen Sache doch gar nicht gegangen.« Seufzend knöpfte Mick sein Hemd zu, ging hinüber an die Bar und schenkte zwei Gläser Whiskey ein. Doch nicht einmal das Klirren der beiden teuren Gläser konnte Roarke dazu bewegen, sich zu ihm herumzudrehen, weshalb Mick nach einem kurzen Schulterzucken alleine trank.
»Also gut, ich gebe zu, ich habe mich hart an der Grenze bewegt und sie vielleicht sogar ein wenig übertreten. Ich bin halt neidisch auf das, was du, seit wir getrennte Wege gehen, alles angesammelt hast.«
»Hart an der Grenze?« Bei dem Gedanken an die brutale und sinnlose Ermordung zweier Menschen fuhr Roarke nun doch zu ihm herum. »Mehr war es für dich nicht?«
»Hör zu.« Ungeduldig und leicht verlegen winkte Mick mit seinem Glas. »Der Job ist mir schlicht angeboten worden. Der Sohn von dieser Schauspielerin hat die Lawine losgetreten, und sie entwickelte eine Eigendynamik. Als ich ins Spiel gekommen bin, hätte schon niemand mehr sie stoppen können. Außerdem hätte ich, ehrlich gesagt, nicht angenommen, dass dir das Bauchgrimmen bereitet. In den letzten Tagen ist mir klar geworden, dass das offensichtlich eine grobe Fehleinschätzung war. Aber ich steckte bereits viel zu tief in dieser Sache drin. Jetzt natürlich …« Er tat die verlorenen Millionen wie eine versäumte Mittagsmahlzeit mit einem gleichmütigen Achselzucken ab. »Wie zum Teufel hast du es überhaupt rausgekriegt? Woher weißt du plötzlich, dass es um einen geplanten Diebstahl geht und dass ich daran beteiligt bin?«
»Beziehungen, Mick.« Roarke betrachtete seinen Freund. »Magdas Sohn kennt Naples’ Sohn, Naples kennt Hinrick, und jeder kennt Gerald. Ich fand es seltsam, dass du den Namen Naples nicht erwähnt hast, als du von Eve nach den Hagues aus Cornwall gefragt worden bist.«
»Angesichts der Position, in der ich mich befand, hatte ich den Namen glatt vergessen. Und was Hinrick betrifft, so war er bereits aus der Sache ausgestiegen, bevor man überhaupt an mich herangetreten ist. Weswegen Naples, wie man mir erzählte, total sauer auf ihn war. Dann weißt du also über die Beziehung dieses Jungen zu diesen Leuten Bescheid. Ich werde nie verstehen, wie eine derart wunderbare Frau die Mutter eines derart jämmerlichen Waschlappens sein kann. Er hat in seinem nutzlos vergeudeten Leben sämtliche Vorteile gehabt und heult trotzdem ständig rum, weil ihm das noch nicht genügt. Anders als wir beide hat er niemals selbst etwas aus sich gemacht.«
Mick sah sich in dem Zimmer um.
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