Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
syrenka

syrenka

Titel: syrenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fama
Vom Netzwerk:
antwortete er, »ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    Jetzt machte Hester den Fehler, ihn erneut anzusehen. Sein Blick war spöttisch und bohrend. Er hatte einen Dreitagebart und schmale, ausdrucksstarke Lippen. Er verschränkte die Arme vor der Brust.
    Wieder staute sich Gelächter in Hester auf, bis es sich explosionsartig Bahn brach.
    Das ist echt peinlich, schalt sie sich selbst. Du klingst wie eine Hyäne. Wie ein kleines Schulmädchen. Er wird denken, ich will ihn anbaggern.
    Der letzte Gedanke reichte, damit sie sich wieder unter Kontrolle bekam. »Entschuldige bitte.« Sie räusperte sich. »Man findet nur nicht jeden Tag ein männliches Model, das sich in einer Höhle versteckt.«
    Er sah sie an, sagte aber nichts. Man hätte meinen können, er hätte Hesters Erklärung nicht verstanden. Oder sie überhört. Dabei brauchte er bei seinem Aussehen doch wirklich nicht schüchtern zu sein!
    Dann merkte Hester, dass er sie musterte.
    »Ist etwas?«, erkundigte sie sich.
    Er schüttelte den Kopf. »Irgendwie verstehe ich das nicht.«
    »Wie war das noch mit unserer Abmachung? Mit den verfickten Rätseln?« Sie fluchte absichtlich, um ihn zu ärgern.
    Er lächelte und zeigte dabei ein makelloses Gebiss, bei dem einer der äußeren Schneidezähne auf charmante Weise ein wenig schief stand. Darüber hinaus fiel Hester auf, dass er kleine, umwerfend attraktive Lachfältchen hatte. Sie beschloss, sie zu ignorieren.
    »Genauer gesagt: Ich frage mich, ob es wirklich wahr ist, dass wir hier gemeinsam in einer Höhle stehen und wie zwei ganz normale Menschen miteinander sprechen.«
    Hester sah sich um und nickte. »Stimmt, der Ort ist nicht gerade alltäglich.« Dann schaute sie wieder zu ihm. Er blickte sie immer noch unverwandt an.
    »Deine Kleider sehen aus wie vom Schneider«, sagte sie, nur um etwas zu sagen.
    »Das werden sie wohl auch sein«, stimmte er zu.
    »Sie sehen fast historisch aus ...«
    »Wenn du damit sagen willst, dass sie ein wenig altmodisch wirken – dasselbe könnte ich von deinen auch sagen.«
    »Das sind meine Job-Klamotten«, versuchte Hester sich zu verteidigen. Als sie aber seinen fragenden Blick bemerkte, überlegte sie, ob er wohl schon jemals etwas von der Plimoth Plantationgehört hatte. »Es ist ein Kostüm. Es soll Kleidung aus dem Jahr 1627 darstellen.«
    »Verstehe.«
    »Ich bin Darstellerin in einem Freilichtmuseum. Ich spiele die Rolle von Elizabeth Tilley.«
    »Elizabeth Tilley«, wiederholte er nachdenklich. »Die Ehefrau von John Howland?«
    »Genau die!«, bestätigte Hester. Kaum jemand in ihrem Alter hätte das gewusst oder auch nur Interesse dafür gezeigt. Dabei schien Hesters Gegenüber nur ein paar Jahre älter zu sein als sie selbst. Hester überlegte, wie alt er genau sein mochte.
    »John hat wohl eine glückliche Hand gehabt, wie?« Er hob vielsagend eine Augenbraue.
    »Was willst du damit sagen?« Wollte er sie etwa anbaggern?
    »Soviel ich weiß, begann er als Zwangsarbeiter und hat am Ende die Tochter des Gouverneurs geheiratet. Zu einem Zeitpunkt, als die Hälfte der anderen Mayflower-Siedler bereits tot war.«
    »Ach so!«, stieß Hester erleichtert aus. Er hatte einfach Ahnung von Geschichte – und war nicht bloß ein lüsterner Freak. »Ja, wirklich nicht schlecht. Nur dass Elizabeth nicht Carvers Tochter war, sondern sein Mündel. Und Carver war nur wenige Monate Gouverneur. Dann starb er und William Bradford übernahm sein Amt.«
    Sie standen einander gegenüber und sahen sich an. Er lächelte wieder – so warm, obwohl er sie doch kaum kannte. Hester wollte wegsehen, aber es gelang ihr nicht.
    »Du bist eine würdige Gegnerin«, stellte er fest.
    »Und du sprichst immer noch in Rätseln, zum Teufel – zum Donnerwetter, meine ich.«
    Sie fühlte sich durch ihn verunsichert, irgendwie aus dem Gleichgewicht gebracht, obwohl sie sich doch sonst so gut im Griff hatte. Es musste etwas damit zu tun haben, dass er seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf sie richtete; dass sie ihren Blick nicht von ihm wenden konnte und damit, wie er jede Einzelheit ihres Gesichts und alles, was sie sagte, in sich aufsog. Und mit der Art und Weise, wie sie sich zu ihm hingezogen fühlte, während jede ihrer Hirnzellen darum kämpfte, dieser Anziehung entgegenzuwirken. Innerhalb weniger Augenblicke zerstörte er den in vielen Jahren sorgfältig errichteten Schutzwall, der ihre Gefühle verborgen halten sollte.
    »Was machst du eigentlich ständig hier drinnen?«, fragte sie und klang

Weitere Kostenlose Bücher