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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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führt.«
    »Dieses Mal steckt etwas anderes dahinter«, sagte Heidi. »Und Inchmale weiß nicht, was. Sonst hätte er es längst verraten. Der kann doch nichts für sich behalten! Aber seine Frau hat da, wo sie arbeitet, Anzeichen dafür bemerkt - der ganze PR-Bienenstock Londons ist in Aufruhr. Die Drähte glühen, sagt sie. Aber es kommt nichts durch. PR-Leute, die von Bigend träumen. Die sich einbilden, dass sie sein Gesicht auf Münzen sehen. Die seinen Namen sagen, wenn sie etwas anderes meinen. Omen, behauptet Reg. Wie vor einem Erdbeben. Er möchte mit dir darüber reden. Nur nicht am Telefon.«
    »Bei Blue Ant laufen merkwürdige Dinge. Industriespionage, irgendwas in der Art. Hubertus scheint sich deswegen keine allzu großen Sorgen zu machen.« Sie musste an das denken, was er über ein langfristiges Projekt gesagt hatte, das bald Früchte tragen würde, und wie genervt er über den Zeitpunkt von Sleights Vertrauensbruch war.
    »Du willst ihm nicht verraten, wer diese Jacken entwirft?«
    »Zum Glück weiß ich das gar nicht. Aber ich habe ihm bereits gesagt, dass Meredith es weiß. Wenn sie es mir nicht sagt, und das wird sie nicht, weil sie es nicht will, und weil ich das auch nicht will, dann wird er selbst Jagd auf sie machen. Er hat bereits etwas, das sie wirklich gerne haben möchte, oder hätte es jedenfalls, wenn er es noch nicht aufgespürt hat.«
    »Wieso hast du es dir anders überlegt?«
    »Sie hat es sich anders überlegt. Erst wollte sie es mir verraten. Dann hatte sie einen Sinneswandel. Sie hat mir auch den Grund genannt. Und eine Geschichte erzählt.« Jetzt war es an Hollis, mit den Achseln zu zucken. »So läuft es eben manchmal.« Sie setzte ihre Füße auf den Teppich, stand auf und reckte sich. Ging zu dem Regal hinüber - der Pfeil steckte genau in der Mitte des kantigen Elfenbeinauges, eine aus dem Augenblick heraus entstandene, recht überzeugende dadaistische Montage. Als Hollis versuchte, ihn herauszuziehen, rutschte der Kopf an den Rand des Regals. »Der steckt wirklich tief drin.« Sie hielt die Skulptur mit der linken Hand fest und drehte den Pfeil mit der rechten heraus.
    »Das kommt von der Masse. Die das Objekt zum Ziel befördert.«
    Hollis beugte sich vor und spähte in die linke Augenhöhle des Kopfes. Ein winziges rundes Loch. »Wie hast du das gelernt?«
    »Hab ich gar nicht. Das passiert einfach von selbst. Ich schau nur, dass ich dem Ganzen nicht im Weg stehe. Als ich das Ajay erzählt hab, hat er gesagt, er liebt mich.«
    »Tut er das?« Hollis betrachtete die Pfeilspitze.
    »Er ist in die Vorstellung verliebt. Wie läuft's mit deinem Freund?«
    »Wie du siehst«, sagte Hollis, »hat er nicht angerufen.«
    »Probier es noch mal.«
    »Dabei hätte ich kein gutes Gefühl.« Sie ging zum Bett hinüber und reichte Heidi den Pfeil. Heidi nahm ihn entgegen. »Habt ihr euch gestritten?«
    »Nein. Ich würd ja sagen, wir haben uns auseinandergelebt, aber so war es nicht. Wenn wir zusammen waren, war das, als hätten wir beide Urlaub genommen. Von uns selbst vielleicht. Aber da gab es auch kein Projekt, an dem er arbeitete. Wie ein Schauspieler zwischen zwei Filmen. Und dann ging es wieder los, allerdings nur schrittweise. Die Atmosphäre veränderte sich. Als würde Nebel aufziehen. Er war immer schlechter zu sehen. Weniger gegenwärtig. Und ich fing an, an meinem Buch zu arbeiten. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das so ernst nehmen würde.«
    »Ich weiß«, sagte Heidi und steckte die beiden Pfeile zu dem dritten in die Verschnürung, offenbar ohne darauf zu achten, wo die Spitzen landeten. »Ich weiß noch, wie ich dich da oben im Marmont besucht habe. Auf allen Tisch lagen Sachen herum. Du hast dich da wirklich reingekniet.«
    »Ich konnte dadurch besser verstehen, was ich durchgemacht hatte. Die Arbeit für Bigend, die Zeit mit Garreth ... ich glaube, dass ich irgendwann einmal dieses Buch betrachten werde, und dann werde ich das, was passiert ist, mit völlig neuen Augen sehen. Auch wenn nichts darüber drinsteht. Das habe ich Reg erzählt, letzten Monat, und er hat gesagt, es sei ein Palimpsest. «
    Heidi sagte nichts. Legte den Kopf leicht schräg, ihr schwarzes Haar die Flügel eines Raubvogels, die sich genau einen Zentimeter bewegten, nicht mehr.
    »Aber nicht jetzt«, sagte Hollis. »Jetzt möchte ich mich nicht damit beschäftigen, und wenn, würde es mir auch nicht weiterhelfen. Ihm eine zweite Nachricht zu hinterlassen, wäre dasselbe. Ich hab ihm einmal

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