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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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das?«
    »Bigends IT-Spezialist. Der kürzlich die Seiten gewechselt hat. Ajay hat das Ding rausgeholt, und Heidi hat es wieder zusammengeklebt. Er hat gesagt, unser Spielraum sei größer, wenn wir es nicht gleich wieder reintun.«
    »A.J.?«
    »Ah-jay. Heidis Lieblings-Sparringpartner, in ihrem neuen Fitnessstudio, in Hackney. Ein Fan von dir.«
    »Öfter mal was Neues«, sagte er. Dann klopfte er auf den bestickten Velours neben sich. »Komm her und setz dich hierhin. Mach einen alten Mann glücklich!«

52. In allen Einzelheiten
    Heidi hatte gesagt, in der Londoner U-Bahn gäbe es keine Handyverbindung, also hatte sich Milgrim gar nicht erst die Mühe gemacht, es mit dem Dongle zu versuchen. Die Fahrt nach Marble Arch war kurz gewesen. Milgrim hatte sich hingesetzt, während Heidi stehen geblieben war und unablässig nach möglichen Verfolgern Ausschau gehalten hatte.
    Heidi trug ihre Jacke noch immer auf links. Während sie vor Milgrim auf den Fußballen hin und her schaukelte, hatte er wiederholt einen Blick unter ihre Jacke werfen können. Dabei hatte er festgestellt, dass das, was er vorher für eine Brosche gehalten hatte, drei Dartpfeile gewesen waren, wie sie hier in den Kneipen zum Einsatz kamen. Manchmal hatte er, im Fernsehen im Hotel, Turnieren zugeschaut, die von einer solch hypnotischen Langsamkeit waren, dass Golf dagegen wie eine Kampfsportart wirkte. Aber jetzt begriff er, was sie getan hatte. Zwei Pfeile waren noch übrig. Nicht gut. Wahrscheinlich sollte er ihr, den Umständen entsprechend, dankbar sein, aber trotzdem - gar nicht gut. Allerdings wurde ihm auch bewusst, dass er sich vor ihr nicht im Mindesten fürchtete, wenngleich er sich auf keinen Fall mit ihr anlegen würde.
    Neben dem Ausgang Marble Arch befand sich eine Filiale von Kentucky Fried Chicken. Obwohl sie geschlossen hatte, stank sie entsetzlich, und er wurde von unerwartet starker Sehnsucht und Nostalgie überwältigt. Heimweh, dachte er, ein weiteres Gefühl, das er mit den Benzos in einen der hintersten Winkel seines Ichs verbannt hatte.
    Dann ertönte jedoch die Hupe von Fionas Motorrad, zweimal, vom Bordstein her, und sie winkte ihnen zu. Er lief zu ihr hinüber, während sie ihr Visier hochschob, und der ungewöhnliche Winkel, in dem ihr Wangenknochen in den gelben Rand ihres Helms überging, löste in ihm ein namenloses, wenn auch angenehmes Gefühl aus. »Sie kommen mit mir«, sagte sie und hielt ihm einen schwarzen Helm hin. Wobei sie leicht das Kinn hob, um mit Heidi Blickkontakt aufzunehmen, die neben Milgrim stehen geblieben war. »Ich werde Ihnen einen Wagen rufen.«
    »Scheiß drauf«, sagte Heidi, »ich geh zu Fuß. Wo ist Hollis?«
    »Im Cabinet. Ich nehme Milgrim mit.«
    »Von mir aus«, sagte Heidi, nahm den schwarzen Helm und stülpte ihn Milgrim auf den Kopf. Er roch immer noch nach Haarspray. Zum Abschied klopfte Heidi einmal fest dagegen. Milgrim schwang ein Bein über den Sitz hinter Fiona und legte die Arme um sie, wobei er sich bewusst war, dass sich unter der Jacke eine junge Frau befand. Für ihn war das so ungewohnt, dass er blinzeln musste. Heidi marschierte davon, und er drehte den Helm und blickte ihr durch das zerkratzte Visier nach.
    Fiona legte den ersten Gang ein.

    »Verdammter Mist«, sagte Bigend, der hinter einem schlichten Ikea-Schreibtisch saß. Eine Ecke war abgebrochen, und Stoffmusterbücher stapelten sich darauf.
    »Laubfrosch«, sagte Milgrim. »Im Wagen vor uns.«
    »So viel habe ich mitbekommen.«
    »Wo ist Aldous?«
    »Er wird gerade von unterschiedlichen Vertretern der Polizei verhört. Damit kennt er sich aus.« »Werden sie ihn verhaften?«
    »Wohl kaum. Aber als Fiona in Paris mit Ihnen gesprochen hat, haben Sie ihr erzählt, Sie seien in den Galeries Lafayettes gewesen. Laubfrosch sei Ihnen gefolgt, was Sie vorausgesehen hätten. Und nachdem Sie festgestellt hatten, dass Sleight das Neo dazu benutzt, um Ihnen Laubfrosch hinterherzuschicken, haben Sie es in einem Kinderwagen deponiert.«
    »Das war kein Kinderwagen«, sagte Milgrim, »sondern etwas Moderneres.«
    »Gab es einen Grund, warum Sie sich genau für diesen Kinderwagen entschieden haben?«
    »Die Frau, die Mutter, war Russin. Ich habe sie belauscht.«
    »Für was für eine Frau haben Sie sie gehalten?«
    »Für die Gattin eines Oligarchen oder Möchtegern-Oligarchen.«
    »Oder eines Gangsters?«
    Milgrim nickte.
    »Und sie wurde von mindestens einem Leibwächter begleitet?«
    Milgrim nickte ernst.
    Bigend starrte ihn

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