System Neustart
George auf den Hals gehetzt.«
»Und?«
»Sie hat mich angerufen. Sie ist hier. Schon seit ein paar Wochen. East Midlands, Northhampton. Schaut sich Schuhfabriken an. Sie entwirft einen Stiefel.« Plötzlich lächelte Meredith, jedoch nur ganz kurz. »Sie ist auf dem Weg zurück.«
Hollis hätte gerne gefragt, wohin, verkniff es sich aber.
»Ich kann Sie jetzt zu ihr bringen«, sagte Meredith. »Sie hat darum gebeten.«
»Warum ...«
»Das soll sie Ihnen selber erklären. Kommen Sie jetzt mit oder nicht? Sie fliegt morgen.« »Ist es weit?«
»Soho. Clammy hat ein Auto.«
Ein japanisches Modell, wie sich herausstellte, das anscheinend einen Citroen Deux Chevaux zum Vater hatte, wobei die Mutter aus einer weniger auffälligen Familie zu stammen schien, aber offenbar eine Designschule besucht hatte. Es gab so gut wie keinen Rücksitz, also musste sich Hollis hinter Meredith und Clammy halb hinlegen und die Füße einziehen, während sie dem resoluten kleinen Heckscheibenwischer bei der Arbeit zuschaute. Nichts hätte einen größeren Kontrast zu dem Hilux bilden können. Ein winziges Retro-Auto ohne jede Panzerung. Alle anderen Fahrzeuge waren größer als ihres, die Motorräder eingeschlossen. Clammy hatte es gebraucht gekauft, über einen Makler in Japan, und importiert - die einzige Möglichkeit, hier an so etwas heranzukommen. Es war in demselben Dunkelgrau lackiert wie ein altmodischer Elektroventilator, ein Farbton, den Inchmale mit »zerquetschte Maus« beschrieb — grau mit etwas Rot darin. Hollis hoffte, dass die anderen Fahrer sie sehen konnten. Allerdings nicht, wenn sie mit Laubfrosch unter einer Decke steckten, wegen dem sie sich Sorgen zu machen begann, als Clammy in die Oxford Street bog. Garreths Anweisung, nicht das Hotel zu verlassen, leuchtete ihr zunehmend ein. Sie hatte all das nicht weiter ernst genommen, sondern sich eher wie ein unbeteiligter Zuschauer gefühlt, wie jemand, der zwar helfen wollte, aber einfach nicht dazu in der Lage war. Jetzt wurde ihr jedoch klar, dass sie in der New Economy der Geiselnehmer wahrscheinlich einigen Wert besaß. Wenn sie Laubfrosch in die Hände fiel, hatte er Macht über Garreth. Was allerdings auch davon abhing, ob alle, die unmittelbar mit Bigend zusammenarbeiten, ihm gegenüber loyal waren. Wer war Fiona? Hollis wusste nichts über sie. Außer dass sie auf Milgrim aufpasste, den sie anscheinend mochte. Merkwürdig. »Ist es noch weit?«, fragte sie.
68. Hand-Auge
Jetzt war Milgrim an der Reihe, sich auf den Biedermeierschminkhocker zu setzen. Die ausgebreiteten Handtücher waren von Ajays prächtigen Locken übersät. Ajay selbst stand unter Hollis' großer gruseliger Dusche, um die Fasern loszuwerden, die Chandra ihm auf die Schläfen gesprayt hatte. Chandra wiederum hatte ihrem nackten Cousin sittsam den Rücken zugewandt und war mit einem elektrischen Haarschneider an Milgrims Nacken und Schläfen zugange. Milgrim fand, dass Ajay wie ein professioneller Tänzer aussah. Er bestand ganz aus Muskeln.
Nachdem Chandra sich Milgrim und dessen Frisur etwas genauer angeschaut hatte, ging es jetzt darum, ihm einen neuen Haarschnitt zu verpassen. Er stellte sich vor, wie Ajay eine Milgrim-Perücke trug was ihm bisher nie in den Sinn gekommen wäre.
Im ganzen Badezimmer breitete sich Wasserdampf aus, doch er hörte, wie Ajay die Dusche abdrehte. Bald tauchte er in einem weißen Bademantel neben Milgrim auf. Den Wasserfall auf seinem Kopf hatte Chandra Milgrims Frisur angeglichen. Allerdings war er jetzt schwarz und feucht. Milgrims Haare, die einen unbestimmten Braunton hatten, fielen nach und nach auf die Handtücher.
»Ich gehe davon aus«, sagte Ajay zu Chandra, »dass du dir da keinen Spaß mit mir erlaubt hast.«
»Für den Vorschuss, den mir dein Freund gezahlt hat«, sagte Chandra über das Brummen des Haarschneiders hinweg, »verkneif ich mir jegliche Spaße. Ich hab so was noch nie gemacht. Nur eine Videoanleitung gesehen. Nächstes Mal gelingt mir das besser. Halten Sie das Kinn gesenkt!« Letzteres an Milgrim gerichtet. »Eigentlich ist es dafür gedacht, kahle Stellen zu überdecken. Es an den Schläfen so dick aufzutragen, geht wahrscheinlich etwas über die Grenzen des Möglichen.« Sie schaltete den Haarschneider aus.
»Aber genau darauf kommt es uns an«, sagte Ajay. »Wir müssen die Grenzen des Möglichen überwinden!« Er frottierte sich die Haare.
»Wissen diese Leute, dass du ein Vollidiot bist?«, fragte Chandra.
»Ajay«,
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