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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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abgeschliffenen Holzfußboden, den gleichen Kerzen. Eine Frau saß auf einem von zwei alten, zerkratzten Küchenstühlen aus Holz, die nicht zueinanderpassten, und streichelte das Display ihres iPhones. Sie blickte auf, lächelte, erhob sich. »Hallo, Hollis. Ich bin ...'«
    Hollis hob eine Hand. »Nicht verraten!«
    Die Frau zog eine Augenbraue hoch. Ihr Haar war dunkelbraun und glänzte im Kerzenschein. Sie hatte eine hübsche Frisur, die etwas durcheinandergeraten war.
    »Was ich nicht weiß ...«, sagte Hollis. »Ich könnte es herausfinden, von dem, was Meredith mir erzählt hat. Oder ich könnte einfach Reg fragen. Aber wenn Sie es mir nicht sagen und ich keines von beidem mache, kann ich Hubertus gegenüber weiterhin behaupten, dass ich Ihren Namen nicht kenne.« Sie sah sich um und stellte fest, dass Bo hinausgegangen war. Sie wandte sich wieder der Frau zu. »Ich kann nicht besonders gut lügen.«
    »Ich auch nicht. Verstecken schon, aber nicht lügen. Bitte, setzen Sie sich! Möchten Sie einen Schluck Wein?«
    Hollis nahm auf dem anderen Stuhl Platz. »Nein, danke.«
    Sie trug eine Jeans, die, soweit Hollis sehen konnte, mit der auf dem Tisch identisch war. Dasselbe Nachtschwarz. Über der Hose ein zerknittertes blaues Hemd. Ein paar Turnschuhe von Converse, das Gummi an den Seiten abgescheuert und verblasst.
    »Mir ist nicht ganz klar, warum Sie mich treffen wollen«, sagte Hollis. »Unter den gegebenen Umständen.«
    Die Frau lächelte. »Ich war ein Riesenfan von The Curfew, aber das ist nicht der Grund.« Sie setzte sich. Warf einen Blick auf das leuchtende Display des iPhone und sah dann wieder Hollis an. »Ich glaube, es liegt eher an dem Gefühl, dass ich einmal in der gleichen Situation war, in der Sie jetzt sind.«
    »Und zwar ... ?«
    »Ich habe auch schon für Bigend gearbeitet. Unter denselben Bedingungen, wenn ich Mere richtig verstanden habe. Da gab es etwas, das er haben wollte, ein fehlendes Puzzleteil, und er hat mich überredet, es für ihn zu suchen.«
    »Und, haben Sie es gefunden?«
    »Ja. Auch wenn es nicht seinen Erwartungen entsprach. Und dann hat er etwas getan, mithilfe der Informationen, die ich ihm besorgt habe. Etwas Grässliches, im Marketing. Ich habe auch im Marketing gearbeitet, aber nach dieser Geschichte bin ich ausgestiegen.«
    »Was haben Sie da getan, im Marketing?«
    »Ich hatte eine ganz spezielle Fähigkeit, die ich nicht verstanden habe und die mir inzwischen abhandengekommen ist. Was allerdings gar nicht so schlimm ist. Das hatte mit einet Allergie zu tun, die ich seit meiner Kindheit hatte.« »Gegen was?«
    »Werbung«, sagte die Frau. »Vor allem Logos. Firmenmaskottchen. Die sind mir noch immer zuwider, aber auch nicht mehr, als andere Leute Clowns oder Pantomimen nicht mögen. Jede konzentrierte grafische Darstellung einer Corporate Identity. «
    »Aber haben Sie jetzt nicht selbst eine?«
    Die Frau betrachtete ihr iPhone und strich über das Display. »Das habe ich, ja. Verzeihen Sie, dass ich das anlasse. Ich mache etwas mit meinen Kindern. Es ist schwierig, in Verbindung zu bleiben - der Zeitunterschied.«
    »Irgendetwas an Ihrem Logo stört mich.«
    »Es stammt von einer Frau, nach der ich im Auftrag von Bigend gesucht habe. Eine Filmemacherin. Sie ist ein paar Jahre, nachdem ich sie aufgespürt hatte, gestorben.«
    Hollis beobachtete ihr Mienenspiel, an dem sich all ihre Gefühlsregungen ablesen ließen - eine Offenheit, die beinahe ihre Schönheit überdeckte. »Das tut mir leid.«
    »Ihre Schwester hat mir ein paar ihrer Sachen geschickt. Am unteren Rand eines Blattes mit Notizen entdeckte ich diese hingeworfene Zeichnung, äußerst unheimlich. Wir haben die Notizen übersetzen lassen, und sie drehten sich um die Legende der Gabriel Hounds, der Hunde Annwns.«
    »Davon habe ich noch nie gehört.«
    »Ich ebenso wenig. Und als ich anfing, meine eigenen Sachen zu entwerfen, wollte ich keinen Markennamen und kein Logo. Von meinen eigenen Kleidern habe ich immer die Etiketten entfernt, wegen dieser Empfindlichkeit. Und ich konnte nichts ertragen, das so aussah, als hätte ein Designer seine Finger im Spiel gehabt. Schließlich begriff ich, dass ich dieses Gefühl immer dann hatte, wenn etwas nicht besonders gut designed worden war. Aber mein Mann überzeugte mich, dass wir eine Marke benötigten, wenn wir meine Idee in die Tat umsetzen wollten. Und da fiel mir dieses Gekritzel am unteren Rand der Seite ein.« Sie wandte sich wieder dem horizontalen Display

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