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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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ist sehr gut.« Milgrim gestattete sich einen ersten vorsichtigen Schluck von seinem Kaffee.

7. Eine HERF-Kanone in der Frith Street
    In einem überfüllten Tapas-Lokal an der Frith Street, von dem Hollis glaubte, schon einmal dort gewesen zu sein, erzählte Bigend eine Geschichte. Die Geschichte von einem Kerl, der in Moskau eine sogenannten HERF-Kanone - HERF stand für High Energy Radio Frequency - abgefeuert hatte, um die Daten zu löschen, die jemand auf einer Festplatte in einem benachbarten Gebäude auf der anderen Seite einer Kommunmauer gespeichert hatte. Bisher war das Beste daran, dass Bigend die ganze Zeit das Wort »Kommunmauer« verwendete, das sie schon immer ein wenig komisch gefunden hatte. Die HERF-Kanone, wie er jetzt erklärte, war ein Apparat von der Größe eines Rucksacks, der einen 16 Megawatt starken elektromagnetischen Impuls abstrahlte, und plötzlich hatte sie Angst vor einer Pointe, bei der innere Organe eine Rolle spielten, die aus Versehen geröstet wurden Männer eben. »Hubertus«, fiel sie ihm ins Wort, »wurden bei der Entstehung dieser Anekdote irgendwelche Tiere verletzt?«
    »Ich mag Tiere«, sagte Milgrim in einem Tonfall, als wäre er gelinde überrascht über seine eigene Feststellung. Bigend hatte ihr den Amerikaner bei Blue Ant vorgestellt - er schien nur diesen einen Namen zu haben.
    Clammy hatte beschlossen gehabt, ins Studio zurückzugehen; die weiße Plastikflasche ColdFX hatte er in eine Gesäßtasche seiner Hounds gezwängt, wo sie jeden Moment herauszufallen drohte. Hollis hatte den Starbucks verlassen, als völlig unerwartet die Sonne durchgebrochen war, zwar schwach, aber deshalb nicht weniger willkommen. Für einen Moment war sie zwischen den Pfützen auf dem Golden Square stehen geblieben, bevor sie (ziellos, wie sie sich vormachte) entlang der Upper James zur Beak Street zurückgeschlendert war. Sie war rechts abgebogen und hatte die Straße an der ersten Kreuzung auf ihrer Seite der Beak überquert. Blue Ant war noch genau dort gewesen, wo sie es erwartet hatte, wobei ihr gleichzeitig bewusst geworden war, dass sie gehofft hatte, es wäre verschwunden.
    Nachdem sie den Knopf an der Gegensprechanlage gedrückt hatte, hatte ein quadratisches Muster aus kleinen runden Löchern Hallo gesagt. »Hollis Henry - ich möchte zu Hubertus.« Ob sie erwartet wurde? »Durchaus nicht, nein.«
    Ein gutaussehender bärtiger Junge in einem sportlichen Kordjackett, das deutlich älter war als er, hatte fast sofort die dicke Glastür geöffnet. »Ich heiße Jacob«, hatte er gesagt. »Wir versuchen gerade, ihn ausfindig zu machen.« Er hatte ihr die Hand gereicht.
    »Hollis«, hatte sie gesagt.
    »Bitte, kommen Sie herein. Ich bin ein totaler Curfew-Fan.« »Vielen Dank.«
    »Möchten Sie einen Kaffee, während Sie warten?« Er hatte auf eine Art Wachhaus gedeutet, das gelbschwarz gestreift und kunstvoll auf alt getrimmt war und in dem eine junge Frau mit kurzen blonden Haaren eine riesige Espressomaschine polierte. »Um diesen Apparat zu installieren, haben sie drei Männer aus Turin geschickt.«
    »Müsste ich nicht fotografiert werden?«, hatte sie ihn gefragt. Als sie das letzte Mal hier gewesen waren, um die Verträge zu unterzeichnen, hatten die neuen Sicherheitsmaßnahmen von Blue Ant Inchmale sehr missfallen. Aber dann hatte das Telefon in Jacobs rechter Hand die ersten Takte von »Box i of i« gespielt, einer der Curfew-Songs, die sie am wenigsten leiden konnte. Sie hatte so getan, als bemerkte sie es nicht. »Im Foyer«, hatte er zu dem Telefon gesagt.
    »Sind Sie schon lange bei Blue Ant?«, hatte sie gefragt.
    »Zwei Jahre jetzt. Ich habe sogar an Ihrem Werbespot mitgearbeitet. Als er durchfiel, waren wir am Boden zerstört. Kennen Sie Damien?« Sie hatte verneinen müssen. »Der Regisseur. Am Boden zerstört, wirklich.« Aber dann war Bigend aufgetaucht, in seinem maßlos blauen Anzug, den Trenchcoat von der Größe eines Biwakzelts über die Schultern drapiert, in Begleitung von Pamela Mainwaring und einem unscheinbaren, aber unrasierten Mann in einem dünnen Baumwollsakko und zerknautschten Hosen, der eine schwarze Nylontasche über der Schulter trug. »Das ist Milgrim«, hatte Bigend gesagt, dann »Hollis Henry« zu dem Mann, der »Hallo«, gesagt hatte, aber seither fast nichts mehr.
    »Was für Tiere?«, fragte sie jetzt, um Bigends Erzählung aus dem Gleis zu bringen.
    Milgrim zuckte zusammen. »Hunde«, sagte er hastig, als hätten sie ihn bei einem heimlichen

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