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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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mit den Achseln. »Bigend hat gesagt, das sei gerade das Entscheidende daran. Das Ganze sei zweifach verkehrt - so abgedroschen, dass es schon wieder neu ist. Na ja, nicht neu, aber tröstlich. Vertraut.«
    »Ist er deshalb dauernd mit ihnen zusammen? Sind sie Klienten von Blue Ant?«
    »Er ist eng mit ihrem Vater befreundet«, sagte Rausch mit leiser Stimme. »Mehr weiß ich nicht.«
    »Wer ist denn ihr Vater?« Es kam ihr seltsam vor, dass die Zwillinge einen Vater haben sollten. Sie war immer davon ausgegangen, dass sie aus der Retorte stammten.
    »Ein ziemlich großer Hecht in Island. Im Ernst, Hollis, er hat Sie nicht geschickt?«
    »Wer hat entschieden, dass sie hierherkommen?« Sie hatte weiter hinten im Les Editeurs den silbernen Haarschopf einer der Zwillinge entdeckt, aber sie hatte schon wieder vergessen, was Rausch gesagt hatte und welche von beiden hier war. Die Isländerin saß an einem Tisch, zusammen mit einem großgewachsenen, breitschultrigen jungen Mann, der sehr blass war und dem eine schwarze Locke über ein Auge hing.
    »Ich. Das Restaurant ist nicht zu angesagt. Das wirkt so, als seien sie zufällig hier gelandet. Lenkt nicht zu sehr von der Geschichte ab.«
    »Wenn also von meinen Bekannten keiner ein Bigend-Spitzel ist, dann ist es Zufall.«
    Rausch blickte weiterhin finster drein, was bedeutete, dass er wirklich Angst hatte. »Ehrlich?«
    »Ehrlich.« Der Oberkellner wurde allmählich ungeduldig. »Overton«, sagte Hollis zu ihm. »Ein Tisch für vier.« Als sie sich wieder Rausch zuwandte, war dieser verschwunden. Sie folgte dem Kellner durch das volle Restaurant. George und Meredith saßen bereits an einem Tisch.
    George erhob sich halb und küsste die Luft neben ihren Wangen. Er trug einen dunklen Anzug ohne Krawatte und ein weißes Hemd. Das Dreieck äußerst dichter Brustbehaarung in seinem offenen Kragen sah so aus, als würde er ein schwarzes T-Shirt tragen. Sie hatte den Eindruck, dass seine Bartstoppeln gewachsen waren, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er lächelte entschuldigend - seine Zähne waren so groß und dick wie Dominosteine. »Tut mir leid wegen dem Aufruhr. Davon wusste ich nichts. Ich wollte extra hierher, damit wir uns unterhalten können, ohne vom Essen abgelenkt zu werden.« Er setzte sich wieder, während der Oberkellner ihr einen Stuhl hinschob.
    Nachdem der Kellner dick eingebundene Speisekarten auf den Tisch gelegt hatte und davongeeilt war, sagte Meredith: »Wir hätten gegenüber ins Comptoir gehen können. Da wären wir bestens abgelenkt worden.«
    »Tut mir leid«, sagte George. »Das Essen hier ist recht gut. Leider sieht es so aus, als wäre der arme Bram das Hauptgericht.«
    »Du kennst ihn?«
    »Ein wenig. Er hat Talent. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied ...«
    »Mit Reg ins Studio zu gehen, ist plötzlich nicht mehr ganz so schlimm, was?«
    »Schon seit unserem Gespräch heute Nachmittag nicht mehr.« Die gewaltigen Zähne bekamen einen weiteren Auftritt. Hollis konnte gut verstehen, warum Meredith ihn mochte. Dass sie ihn mochte, war unübersehbar. Die beiden strahlten jene gelassene Heiterkeit aus, die sie bei Paaren erwartete, die einander ehrlich mochten, ohne dabei manisch zu sein. Sie fragte sich, ob sie jemals Teil eines solchen Paars gewesen war. »Dein Freund ist mit Fridrika Brandsdottir zusammen«, sagte sie, als ihr der Name wieder einfiel. »Sieht so aus«, pflichtete George ihr bei.
    »Die meinen das hoffentlich nicht ernst«, sagte Meredith und spähte über ihre Speisekarte hinweg zu dem Tisch mit Bram und der Brandsdottir hinüber.
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte George. »Er ist schwul.«
    »Wie unangenehm«, sagte Hollis und klappte ihre Speisekarte auf.
    »Er macht eben, was von ihm verlangt wird«, sagte George. »Er möchte unbedingt aus dieser Vampirgeschichte rauskommen. Was nicht einfach ist.«
    In dem Moment tauchte Milgrim auf. Seine Haare wirkten feucht, und der Oberkellner war ihm übereifrig auf den Fersen.
    »Hallo Milgrim«, sagte Hollis. »Setzen Sie sich!«
    Nachdem sich der Oberkellner überzeugt hatte, dass Milgrim tatsächlich erwartet wurde, trat er sichtlich wenig begeistert den Rückzug an. Milgrim stellte seine Schultertasche neben dem letzten freien Stuhl auf dem Boden ab und nahm Platz.
    »Das ist mein Kollege Milgrim«, sagte Hollis. »Milgrim, Meredith Overton und George. Wie Sie hat auch George nur einen Vornamen.«
    »Hallo«, sagte Milgrim. »Ich habe Sie auf der Kleidermesse

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